Ehrenamt: Südtirol habe Lebensqualität auch wegen der vielen ehrenamtlich Tätigen. Es sei allerdings aufgrund der Haftungsfragen, aufgrund der Verantwortung schwieriger geworden. Die Landesregierung sei derzeit dabei, alles zu überprüfen, damit Versicherungen und Absicherungen von Seiten des Landes übernommen werden können. Zur Bürokratie, die die Vereine belasten, meinte Kompatscher, dass wir „a bissl viele Gesetze haben“. Regeln seien zu streichen, im Zweifelsfalle bräuchte es kein Gesetz. Dafür sei mehr Eigenverantwortlichkeit wahrzunehmen. Und: Für die Vereine werde es in Zukunft sicher nicht mehr Geld geben als bisher.
Das Finanzabkommen Staat/Land: Die seit 1989 bestehende Regelung, dass 90 Prozent der Steuern dem Land Südtirol zur Verfügung stehen und mit den restlichen 10 Prozent der Staat eigene Leistungen (Polizei, Gerichte usw.) im Lande finanziert sei bis 2001 gut gegangen. Ab da sei das Land „Nettozahler“ für den Staat geworden. Mit dem Mailänder Abkommen wurde diese 90-10 Regelung erweitert: 100 Millionen zahlt das Land jährlich an den Staat zusätzlich, dafür übernimmt Südtirol Dienste, z.B. die RAI usw. Der Staat hat sich seit 2009 allerdings rund 800 Millionen Euro jährlich zurückbehalten. „Drei Milliarden Euro ist uns der Staat insgesamt schuldig“, sagt Kompatscher. Dieses Geld ist im Staatshaushalt schon verbucht. Verbucht ist dieses Geld allerdings auch im Landeshaushalt. „Wir können dieses Geld natürlich nicht ausgeben, weil wir es gar nicht haben“, erklärt Kompatscher. Paradox: Der Landeshaushalt steigt, es ist aber weniger Geld da. Die Provinz hat den Staat vor Gericht geklagt. Es gebe allerdings Verhandlungsspielraum: Man wolle mehr Kompetenzen einfordern und eine Regelung erzielen, welche auch vom Staat Österreich unterschrieben wird.
Eine solche Kompetenz habe man schon eingeholt: Die Gemeindeimmobiliensteuer GIS. Die Freibeträge dazu sollen sich die Gemeinden selbst gestalten. Von 2 bis 3 Promille können die Gemeinden auch beim Urlaub auf dem Bauernhof entscheiden.
Marmor. Man werde eine Lösung beim Abtransport finden, ohne dass ein Mitbewerber bevorzugt wird. Die Schrägbahn müsse als Industriedenkmal erhalten und weiterbetrieben werden. „Das kriegen wir hin“, zeigt sich Kompatscher zuversichtlich.
Mitbestimmung/Mitgestaltung. Diskussionen und Anhörungen im Vorfeld müssen verstärkt eingesetzt werden. Das müssen wir lernen, sagt Kompatscher. Er erwarte sich für ein neues Gesetz für die direkte Demokratie Gesprächsbereitschaft von der Initiative für mehr Demokratie.
Diskussion. Auf die Frage, wie die Landesregierung mit den von der Vorgängerregierung genährten Erwartungshaltungen umgehe, antwortet Kompatscher entwaffnend: Allein im Hochbau seien in der Vergangenheit Raumprogramme mit grundsätzlicher Finanzierung von rund 1,4 Milliarden Euro genehmigt worden. Wir bräuchten zur Abarbeitung allein dieser Vorhaben 7 Jahre. Er lasse eine Prioritätenliste ausarbeiten. „7 Bürgermeister werden jubeln, 109 beleidigt sein. Wir müssen lernen, unangenehme Wahrheiten zu sagen“, sagt Kompatscher. Die Diskussion dauerte lang. (eb)