Kultur: Opfer des Widerstandes: Drei Leben gegen das Unrecht

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Geburtshaus von Nikolaus Federspiel in Laatsch (1963 abgebrannt, Hofstelle in Folge verlegt) Geburtshaus von Nikolaus Federspiel in Laatsch (1963 abgebrannt, Hofstelle in Folge verlegt)

Zeugnis und Erinnerung: 80 Jahre Ende der NS-Herrschaft - Im Jahr 2025 jährt sich das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Europa zum 80. Mal – ein Anlass, der uns besonders dazu aufruft, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Die Diktatur unter Adolf Hitler führte von 1933 bis 1945 zu unermesslichem Leid, millionenfacher Verfolgung, Entrechtung und Ermordung. Eine ständige Erinnerung an diese Zeit ist wichtig, um das Bewusstsein für die Gefahren solcher Ideologien aufrechtzuerhalten.
Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus fordert uns heraus, über die Verantwortung jedes Einzelnen für das Wohl der Gesellschaft nachzudenken und uns die verheerenden Folgen von Hass und Fanatismus immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Besonders wichtig ist es, auch den Widerstand von Einzelnen und Gruppen zu würdigen, die sich mutig gegen das Regime stellten. Ihre Biografien sind nicht nur Zeugnisse des Mutes, sondern auch ein Appell an uns alle, wachsam zu bleiben und uns aktiv gegen Ungerechtigkeit einzusetzen.
In der Gemeinde Mals richtet sich der Blick auf zwei Mitbürger, die sich entschlossen dem Terror s29 kulturdes Dritten Reiches widersetzten und tragischerweise ihr Leben für ihren Widerstand opferten. Das ehrende Gedenken dieser beiden Männer stellt nicht nur ihre Hingabe in den Vordergrund, sondern sendet auch ein klares Signal gegen jede Form der Unterdrückung. Sie verdeutlichen eindrucksvoll die Bedeutung von Widerstand und Zivilcourage in Zeiten, in denen Freiheit und Menschenrechte bedroht sind. Um ihre Taten nachhaltig zu ehren, sollte im Heimatort dieser beiden Opfer ein sichtbares Zeichen errichtet werden, das als ständige Erinnerung an ihren Mut und ihre Entschlossenheit dient.

Entschlossen gegen das Unrecht des NS-Regimes

Walter Caldonazzi
Walter Caldonazzi wurde im Juni 1916 in Mals geboren. Unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges zog die Familie nach Kramsach in Nordtirol. Bereits in seiner Jugend zeigte Caldonazzi großes politisches Engagement und ein starkes Verantwortungsgefühl. Während seiner Gymnasialzeit in Kufstein trat er der katholischen Mittelschulverbindung Cimbria bei und engagierte sich später in der katholischen Hochschulverbindung Amelungia. Vor 1938 war er außerdem Mitglied der Heimwehr. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 begann Caldonazzi, sich verstärkt gegen das nationalsozialistische Regime zu stellen. Er war von klein auf ein praktizierender Christ und lehnte die Besetzung Österreichs, sowie die Unterdrückung religiöser Gemeinschaften durch das Hitler-Regime, entschieden ab.
Am 25. Februar 1944 wurde Caldonazzi von der Gestapo verhaftet. In einem Prozess vor dem Volksgerichtshof wurde er wegen Hochverrats, Spionage und Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt. Am 9. Januar 1945 starb er unter dem Fallbeil, dabei rief er: „Es lebe Christus, der König.“ Sein Leichnam wurde nach zweimaliger Umbettung schließlich auf dem Pradler Friedhof in Innsbruck beigesetzt. In Österreich wird sein mutiges Engagement an verschiedenen Gedenkstätten geehrt. So wurde 2008 ein Gedenkstein mit einer Inschrift am nach ihm benannten Walter-Caldonazzi-Platz in Wien enthüllt. In seiner Heimatgemeinde Mals gibt es aber bisher keine Erinnerung an ihn.

Nikolaus und Ernst Federspiel
Nikolaus Federspiel wurde am 27. Oktober 1888 als Sohn von Franz und Maria Anna Pitsch in Laatsch geboren, wuchs dort mit weiteren drei Geschwistern auf und zog dann nach Innsbruck. Schon in den 1920er Jahren engagierte er sich politisch, trat 1919 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei und wechselte 1921 zur Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Sein unermüdlicher Einsatz für die Arbeiterbewegung brachte ihn in Konflikt mit der austrofaschistischen Regierung, die nach 1934 die KPÖ verbot.
Bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten war die Familie Federspiel immer wieder Ziel von Repressionen. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 geriet die Familie erneut unter Druck. 1942 wurden Nikolaus, seine Frau Elisabeth und ihre Kinder aufgrund des Verdachts kommunistischer Tätigkeiten verhaftet. Trotz dieser Maßnahmen blieb Federspiel unbeirrt und setzte sich weiterhin für die Werte von Freiheit und Gerechtigkeit ein. Auch nach seiner Haftentlassung ließ er sich nicht entmutigen und leistete weiterhin Widerstand. Im Januar 1944 wurde Nikolaus Federspiel erneut verhaftet, diesmal aufgrund seiner Unterstützung für seinen Sohn Ernst, der als Fahnenflüchtiger in die Schweiz entkommen war. Auch für ihn fehlt in seiner Heimatgemeinde eine angemessene Gedenkstätte.
Am 24. Januar 1944 verurteilte das Sondergericht Innsbruck Nikolaus Federspiel zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus. Am 10. März 1945 starb er nach schwerer Misshandlung im Gefängnis Bruchsal (Baden-Württemberg). Der tragische Verlust der Familie setzte sich mit dem Schicksal von Nikolaus’ Sohn Ernst fort. Ernst, geboren 1924, wuchs in einer von Widerstand und Gerechtigkeit geprägten Familie auf, die ihn früh zum Kampf gegen das NS-Regime motivierte. Nach der Verhaftung seiner Eltern wurde er zur Wehrmacht eingezogen, desertierte jedoch aus Überzeugung. Seine wiederholten Fluchtversuche und Verhaftungen führten schließlich zu seiner Hinrichtung. Am 21. April 1945, nur wenige Tage vor Kriegsende, wurde Ernst im Steinbruch am Paschberg in Innsbruck erschossen.

Fehlendes Gedenken in Mals
Nikolaus und Ernst Federspiel, sowie Walter Caldonazzi, werden am Befreiungsdenkmal „Den für die Freiheit Österreichs Gestorbenen“ am Landhausplatz/Eduard-Wallnöfer-Platz in Innsbruck geehrt. 80 Jahre nach dem Ende der Schreckensherrschaft, die ihnen das Leben kostete, sollte ihr Widerstand nicht nur als Erinnerung an die dunklen Kapitel der Geschichte verstanden werden, sondern als lebendige Aufforderung, sich für Demokratie und Freiheit einzusetzen. Es wäre an der Zeit, dass auch Mals ein sichtbares Zeichen setzt und das Erbe dieser entschlossenen Männer bewahrt – als bleibende Erinnerung daran, dass Widerstand gegen Unrecht stets eine Frage von Mut und Verantwortung für die Gesellschaft ist.

Andreas Paulmichl, Laatsch
Urgroßneffe von Nikolaus Federspiel

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