Spezial-Landwirtschaft: „Die Nachfolge im Vinschger Obstbau ist keine Selbstverständlichkeit mehr“

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„VIP ist im Apfelsektor in Europa absolut nachhaltig unterwegs. Wir sind unter anderem Bio-Leader und somit die Anlaufstelle für Bio-Äpfel in Europa. Unumschränkt.“ Das schickte VIP-Direktor Martin Pinzger im Vinschgerwind-Interview voraus. „Mit den Bauern kommunizieren wir transparent, berufen Versammlungen ein und erklären die Markt- und die Qualitätssituation. Über eine App bekommt jeder Bauer seine Hektarerlöse für jede Sorte. Wir scheuen die harte Wahrheit nicht“, sagt Martin Pinzger, „denn wir brauchen gesunde, wirtschaftlich denkende Unternehmer. Das Fundament ist, dass unsere Mitglieder ein gutes Auskommen haben, mittel- und langfristig.“

Interview: Angelika Ploner Foto: Erwin Bernhart

 

Vinschgerwind: Herr Pinzger, VIP will First Class sein. Im vergangenen Jahr waren auch die Auszahlungspreise First Class. Es waren die höchsten Auszahlungspreise seit zehn Jahren, stimmt das?
Martin Pinzger: Nein. Im Jahr 2017 führte ein ungewöhnlich starker Frost in Italien, insbesondere im Nonstal, zu einem erheblichen Ernteausfall beim wichtigsten Mitbewerber. Dies hatte zur Folge, dass die Preise noch weiter anstiegen.

Vinschgerwind: Dann waren es die zweithöchsten Auszahlungspreise seit zehn Jahren.
Martin Pinzger: Ja, das stimmt. Gott sei Dank. Das war bitter notwendig. Es waren die zweithöchsten Auszahlungspreise bei einer noch nie dagewesenen Höhe an Produktionskosten. Die Ernte war übersichtlich, speziell im roten Segment. Beim Golden Delicious hatten wir eine sehr gute Ernte. Die guten Auszahlungspreise sind darauf zurückzuführen, dass es im Frühjahr 2024 Frostschäden speziell in Ostdeutschland, in Österreich, in Tschechien, in Polen aber auch geringfügig im Nonstal gegeben hat. Bereits da hat sich abgezeichnet, dass die Ernte 2024 geringer ausfallen wird und wir sind weniger unter Druck gestanden. Die Golden-Ernte 2023 wurde bis spät in den Herbst 2024 verkauft. Wir haben die letzten Äpfel erst am 20. Oktober 2024 ausgeliefert. Von der Haltbarkeit her stellt das kein Problem dar. Wir können aufgrund der Lagerfähigkeit einiger Sorten absolut ein Jahr - bei Bedarf auch 14 Monate - verkaufen. Das ist ein großer Vorteil.

Vinschgerwind: Premium-Auszahlungspreise von über einem Euro ...
Martin Pinzger: ...nein, nein, über einen Euro ...

Vinschgerwind: ... gab es für die rote Sorte Kissabel® im I.P-Bereich zum Beispiel...
Martin Pinzger: Ja, eine einzige Sorte, aber das ist Nischendasein pur. Wir haben 5.300 Hektar Apfelanbau im Vinschgau und wir haben 10 Hektar Kissabel®.

Vinschgerwind: Gala, Bonita, Topaz im Biobereich erzielten alle drei über 1 Euro.
Martin Pinzger: Ah, ok, im Biobereich ja. Aber, ich spreche lieber von guten Erlösen. Denn, es bringt mir als Produzent nichts, wenn ich eine Sorte habe, die mir einen Euro bringt, aber ich nur 20 Tonnen pro Hektar produziere. Es ist so: Laut Berechnungen vom Beratungsring braucht ein Produzent 30.000 Euro Erlös pro Hektar, um kostendeckend zu arbeiten.

Vinschgerwind: Kostendeckend?
Martin Pinzger: Ja, da sind die Arbeit und die Investitionen des Bauern miteingerechnet. Und leider Gottes muss ich sagen, in den vergangenen Jahren haben wir die 30.000 Euro nicht immer und überall erreicht. 2023 haben wir die 30.000 Euro im Durchschnitt hingegen überschritten. Sowohl im Bio-Bereich als auch im I.P.-Bereich. Wir können unsere Produzenten für die Ernte 2023 und voraussichtlich auch 2024, nach einer Durststrecke von drei Jahren, wo wir nicht für alle Produktionsweisen satt über den Produktionskosten gelegen sind, vorerst beruhigen.
Vinschgerwind: Womit wir bei der nächsten Frage wären: Im Biobereich wurde der Golden Delicious zwei Jahre lang abgestraft, der I.P.-Golden erzielte bessere Auszahlungspreise, Ernte 2023 pendelte sich der Bio-Golden immerhin um 60 Cent ein.
Martin Pinzger: Das stimmt. Man muss grundsätzlich sagen: Nicht jede Sorte ist erfolgreich. Und es gibt unterschiedliche Situationen je nach Anbauweise. Ein Golden Delicious ist im I.P.-Bereich noch sehr erfolgreich, weil er konstante Erträge liefert. Die historische Qualität zu erreichen, ist mit fortschreitendem Klimawandel im Vinschgau nicht mehr leicht. Im Bio-Anbau ist der Golden Delicious die Königsdisziplin, weil er schorf-empfindlich ist, infolge viele Behandlungen braucht und diese dann wieder teilverantwortlich für berostete Äpfel sind. Demnach ist eine hohe Qualität des Golden Delicious nur mehr in Golden-Gunstlagen möglich. Die Bauern sind sehr professionell und reagieren schnell. Wir haben einen Flächenanteil im I.P.-Anbau bei 50 Prozent im Vinschgau und bei Bio 15 Prozent, tendenziell stark sinkend. Im Moment werden wir im Bio-Bereich weiterhin Golden-Flächen und Red Delicious-Flächen zugunsten von schorfresistenten Sorten wie Topaz, Natyra®, Bonita oder den im Bio-Anbau bevorzugten Gala reduzieren, weil diese Vorteile gegenüber einem Golden Delicious in der Produktion haben. Die Welt spürt den Klimawandel und Obst und Gemüse zu produzieren ist eine große Herausforderung. Weltweit.
Vinschgerwind: Aber die Bauern können auch heuer wieder mit guten Auszahlungspreisen rechnen?
Martin Pinzger: Unsere Ernte fiel fast genauso hoch aus wie 2023. Die größere Menge als geschätzt hat uns überrascht, da wir aufgrund der Alternanz mit weniger gerechnet hatten. Unser Ziel ist das Auszahlungsergebnis vom Vorjahr zu erreichen. Mehr wird wohl nicht möglich sein. Unsere Mitbewerber im Nonstal haben die Gewohnheit im Jänner eine Erlösvorschau zu machen. Diese prognostiziert für die laufende Ernte, dass sie 10 bis 15 Prozent unter dem Vorjahr liegen werden.

Vinschgerwind: ...um dann effektiv die Erlöse vom Vorjahr zu halten.
Martin Pinzger: Ich sage ganz transparent: Unser Ziel ist das Niveau der Auszahlungspreise des Vorjahrs.

Vinschgerwind: Nochmal zurück zum Sortenspiegel. Wie soll der Sortenspiegel im Biobereich in Zukunft aussehen?
Martin Pinzger: Im Bio-Bereich hatten wir 2023 eine Ernte von 5.000 Waggon, davon 1.000 Waggon Golden Delicious. Im letzten Jahr hatten wir nur mehr 500 Waggon Golden-Ernte - also die Hälfte. Das regnerische Jahr 2024 war für den Bio-Golden eine Katastrophe: Eine extreme Herausforderung für die Bio-Produzenten, dazu kam eine starke Alternanz. Im Bio-Anbau sind in den nächsten Jahren 10 Prozent Golden Delicious und 90 Prozent rote Sorten realistisch. Im IP-Bereich wird langfristig ein Anteil von 50 Prozent angestrebt.

Vinschgerwind: 50 oder 40 Prozent Golden Delicious?
Martin Pinzger: ...mit 40 Prozent wären wir wahrscheinlich souveräner unterwegs. Wir glauben noch an den Golden Delicious, auch noch im Jahr 2025, aber nicht mehr im ganzen Vinschgau, sondern nur mehr in bestimmten Gunstlagen. Was sind Gunstlagen? Das sind Höhenlagen oder Hügellagen an denen die Qualität und auch die Erntemenge konstant gehalten werden. Wir benötigen dann für die 10 Prozent Reduzierung Alternativen und das ist nicht so einfach, weil es eine große Herausforderung ist, neue Sorten zu entwickeln und einzuführen.

Vinschgerwind: ...und es gibt Probleme bei der Lagerfähigkeit. Vor allem beim Hoffnungsträger von VIP, dem Cosmic Crisp®.
Martin Pinzger: VIP hat vor zehn Jahren eine gute Selektion gemacht. Wir haben sieben Vertragssorten. Die erste Sorte war der Kanzi®, 2002 gestartet. Er funktioniert immer besser. Europaweit arbeitet sich Südtirol als Primus heraus, weil in den historischen Anbaugebieten wie Deutschland oder Benelux baumkrebsbedingt die Produktion schwächelt.

Vinschgerwind: ...dann der envy™, jener Apfel, der im November geerntet wird...
Martin Pinzger: ...einer der besten Äpfel, den wir derzeit im Sortiment haben: süßaromatisch. Süß-saftig hingegen ist der Ambrosia™ . Diese zwei Sorten sind wie maßgeschneidert für den Konsumenten in Südeuropa.
Vinschgerwind: ...wir sprechen aber von den Produzenten, wie sind diese Sorten im Anbau für die Bauern?
Martin Pinzger: Nicht mehr „Abano Therme aber envy™“: Das Sortiment bedingt eine Ernte von Ende August bis Mitte/Ende November..

Vinschgerwind: ... Kissabell®?
Martin Pinzger: Auf dem Markt läuft’s gut, in der Produktion läuft es nicht gut. Er ist extrem berostungsanfällig. Wenn es im März und April kalt ist, entwickelt er starken Rost und die Erntemenge fällt geringer aus.

Vinschgerwind: Das heißt Kissabell®-Stop im Anbau?
Martin Pinzger: Absolut. Nach dem Pflanzjahr 2025 ja.

Vinschgerwind: Dasselbe gilt für den Yello®. Stop im Anbau.
Martin Pinzger: Auch Stop, ja.

Vinschgerwind: ...und den Cosmic Crisp® sollen die Bauern anpflanzen und in Zukunft mit Scheren ernten – wie den SweeTango®?
Martin Pinzger: Wir haben im vergangenen Jahr den Versuch gemacht, den Cosmic Crisp® mit Scheren zu ernten. Der Cosmic Crisp® ist ein Apfel, den wir über 12 Monate verkaufen können. Der Verkauf der Ernte 2024 ist vor zehn Tagen (Aufzeichnung Interview 29.01.2025) losgegangen und wird bis Ende September gehen.

Vinschgerwind: Ist der Cosmic Crisp® stängelstichanfällig?
Martin Pinzger: Wir müssen grundsätzlich sagen, es gibt keine Sorte, die die eierlegende Wollmilchsau ist – vom Anbau bis ins Regal.

Vinschgerwind: Der Gala.
Martin Pinzger: Jein. Im Bio-Anbau ist er der Winner, aber im I.P.-Bereich fehlt teilweise die Menge im Vergleich zum Golden Delicious.

Vinschgerwind: Zurück zum Cosmic Crisp®. Muss dieser heuer im Herbst mit Scheren geerntet werden?
Martin Pinzger: Wir haben Ernte 2024 einen großangelegten Versuch gestartet den Cosmic Crisp® mit Scheren zu ernten. Auf freiwilliger Basis wurden einige Pflückgänge gemacht. Ziel war es zu verstehen, wie wir Ausfälle beheben können. Das muss jetzt auf Hochdruck passieren. Wir haben heuer über 1.000 Waggon Cosmic Crisp® geerntet und die Produzenten haben viel Geld investiert. Dementsprechend müssen wir jetzt liefern: Wir müssen so schnell und professionell wie möglich herausfinden, wo wir Vermeidungspotenzial haben – auf dem Feld, bei der Verarbeitung oder am Verpackungstisch. Seit zwei Wochen sortieren wir die Ernte 2024 und beginnen nun mit den Auswertungen.

Vinschgerwind: Kann man schon etwas sagen?
Martin Pinzger: Nein, das ist noch zu früh. Aber wir haben 30 Prozent der Cosmic Crisp® ohne Stängel geerntet. Dadurch steht uns viel Auswertungspotential zur Verfügung. Das Problem kann nicht VIP bzw. die Genossenschaften alleine und nicht der Bauer alleine lösen. Das geht nur gemeinsam. Wir stellen zudem fest, dass das Aufplatzen heuer mindestens das gleiche Problem darstellt, wie der Stängelstich. Wir müssen für beide Probleme die richtigen Optimierungsschritte finden. Das kann entweder eine Vermeidung von mechanischen Beschädigungen sein oder auch ein noch optimalerer Erntezeitpunkt. Der Cosmic Crisp® ist ein dünnhäutiger Apfel: Er ist dennoch eine der haltbarsten Sorten, die wir haben. Außer er hat eine Öffnung, dann hat er – umgekehrt – die Tendenz zur Fäulnis.

Vinschgerwind: Das heißt: Der Bauer muss innerhalb kürzester Zeit die Ernte unter Dach und Fach bringen? Er braucht mehr Erntehelfer usw.
Martin Pinzger: Nein, da ist der unternehmerische Geist, den unsere Produzenten mit dem richtigen Sorten- und Erntemanagement haben. Die richtige Sortenwahl optimiert das Erntemanagement sowohl zeitlich als auch personell und maschinell.

Vinschgerwind: Noch einmal: Kommt im Herbst die Pflicht mit Scheren zu ernten?
Martin Pinzger: Nein, Pflicht kommt ganz sicher keine.

Vinschgerwind: Außergewöhnliche Wetterereignisse wie viel Regen und Kälte im Frühjahr sowie starker Wind prägten das Jahr 2024. Wie ist die Qualität? Und wie läuft die Vermarktung der Ernte 2024?
Martin Pinzger: Es ist, wie ich bereits gesagt habe, mengenmäßig gut gelaufen. Denn wir haben bei I.P. punktgenau die Ernte 2023 erreicht und bei Bio sind wir auch bis auf fünf Prozent mengenmäßig hingekommen.

Vinschgerwind: Soviel zur Menge. Wie ist die Qualität?
Martin Pinzger: Qualitativ gibt es einen erheblichen Unterschied, da die schlechten Witterungsbedingungen, insbesondere der anhaltende Regen und die Kälte nach der Blüte, die Zellteilung stark beeinträchtigt haben. Dies führte zu kleineren Äpfeln, besonders bei der Hauptsorte Golden Delicious, und zu einer deutlich geringeren Menge an Äpfeln der 1. Qualität. Es gibt mehr Berostung, mehr Hagel, Defekte durch Windschäden, bakteriellen Druck, der jetzt auch im Lager Probleme bereitet. Der Produzent hat nicht mehr so viele Pflanzenschutz-Mittel in der Hand. Die gute Nachricht: Im Bio-Bereich sind wir imstande die Flächen zu halten, das ist in Europa eher die Ausnahme und für uns ein Erfolg, denn überall sind Rückgänge zu verzeichnen.

Vinschgerwind: Apropos Rückgänge. Bei unserem Interview vor fünf Jahren sprachen Sie noch von 1.700 Produzenten, jetzt sind es noch 1.400 Produzenten.
Martin Pinzger: Grundsätzlich haben wir vier große Problembereiche, was die Produktion betrifft, ohne zu bewerten, welcher der vier die größte Herausforderung darstellt. Wir haben den Klimawandel, mit neuen Schädlingen, Frost usw. Wir haben den Pflanzenschutz, wo leider Gottes in den vergangenen Jahren sehr viele Wirkstoffe verloren gegangen sind. Dann die Nachfolgegeschichte und die Kostensteigerung.

Vinschgerwind: Was heißt Nachfolgegeschichte?
Martin Pinzger: Nachfolgegeschichte heißt, dass die Wirtschaft generell mit dem demografischen Wandel zu kämpfen hat. Wenn die Landesstellen in Südtirol nicht mehr besetzt werden, dann beeindruckt mich das. Es ist so, dass die Nachfolge im Vinschger Obstbau nicht mehr eine Selbstverständlichkeit ist. Denn auch die Kinder unserer Obstbauern fragen sich immer öfter: Ist der Obstbau für mich wirtschaftlich und emotional interessant? Schließlich steht ihnen die Welt offen. Obstbau kann keine 4,5 Tage Woche bieten. Obstbau heißt Ernte von Ende August bis Mitte November. Obstbau heißt Arbeit am Samstag und Sonntag. Obstbau heißt um 4 Uhr aufstehen Pflanzenschutz ausbringen, damit man die Insekten schützt. Wenn es regnet, hinaus, speziell im Bioanbau. Das sind die Anforderungen. Schließlich war in den Jahren 2020, 2021 und 2022, auch die Wirtschaftlichkeit nicht mehr überall gegeben. Zum vierten Problem, den Kostensteigerungen. Eine junger Mensch fragt sich richtigerweise kritisch, ob er das will und setzt sich nicht mehr automatisch auf den Traktor. Man merkt, dass immer mehr Pachtflächen frei werden. Wir haben noch rund 1.400 Produzenten und 1.100 Betriebsleiter.

Vinschgerwind: Sprich die bewirtschafteten Flächen pro Betrieb, werden größer?
Martin Pinzger: Die 1.100 Betriebsleiter sind die Zukunft, eigentlich die Säulen des Obstbaus im Vinschgau. Ich gehe davon aus, dass das nicht mehr werden in den kommenden Jahren. Das ist einerseits eine Chance für mehr Professionalität und mehr wirtschaftliche Umlage, Auslastungsstunden von Maschinen usw., was ja positiv ist. Profis auf dem Feld zu haben, ist für uns die Voraussetzung dafür, erfolgreich auf dem Markt zu sein. Wir haben die modernsten Verpackungsstrukturen, die es weltweit gibt. Voraussetzung aber ist eine konstante Qualität, eine konstante Menge und ein super Produkt der jeweils richtigen Sorte. Richtig bedeutet marktkonform. Ich muss wissen, wo ich meine Äpfel verkaufen will. Wenn ich meine Äpfel ausschließlich in Italien verkaufen möchte, dann benötige ich z.B. kaum Bio-Äpfel.

Vinschgerwind: Wo liegt der Biomarkt?
Martin Pinzger: In Deutschland und Skandinavien.

Vinschgerwind: Wo verkauft sich der Golden Delicious am besten?
Martin Pinzger: Im I.P-Bereich verkaufen wir 60 Prozent in Italien. Der Golden Delicious hat in Italien immer noch 45 Prozent Marktanteil, in Spanien und in Portugal 40 Prozent. In Deutschland noch zwei Prozent. Die Deutschen bevorzugen säuerliche Äpfel. Elstar ist immer noch die Nummer eins, gefolgt von Jonagold und Pink Lady®.

Vinschgerwind: Der Apfelkonsum ist rückläufig, warum?
Martin Pinzger: Der Apfelkonsum ist nicht rückläufig. Laut Vorschau der EU-Kommission mit dem Agrarreport für 2024-2035 ist der Konsum leicht steigend. Vor allem in den osteuropäischen Ländern ist ein guter Konsum zu verzeichnen. Die Stärke des Apfels ist oft auch die Schwäche der Komplementärprodukte. Es gibt Produkte, Pfirsiche zum Beispiel, die durch den Klimawandel noch schwieriger, konstant zu produzieren sind.

Vinschgerwind: Und davon profitiert der Apfel.
Martin Pinzger: Richtig, ein Apfel ist 12 Monate verfügbar, in verschiedenen Preisclustern. Wir decken alles ab.

Vinschgerwind: Ohne Bienen keine Äpfel. Stichwort Biodiversität: Welche Projekte sind außer jenes „Blühende Einsaat“, Bienenweiden in Kortsch, Latsch und Laas, noch geplant.
Martin Pinzger: Wir stehen in ständigem Austausch mit den Imkern. Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Vertretern der Imkervereinigungen. Diese pflegen wir bewusst. Wir sensibilisieren die Produzenten. Der Beratungsring ist ein wichtiger Partner in diesem Zusammenhang. Ich würde sogar sagen: Die historische Zusammenarbeit zwischen den Obstbauern und den Imkern ist im Vinschgau exemplarisch.

Vinschgerwind: Themenwechsel: Trägt die Umstrukturierung von VIP, die personelle Neuausrichtung, sprich die zentrale Abwicklung des gesamten Verkaufs, bereits Früchte?
Martin Pinzger: Wir sind 2022 gestartet. Durch diesen Schritt haben wir nicht mehr Teilzeitverkäufer, so wie es zum Teil 25 Jahre lang war, und sind vor den Kunden systematischer und professioneller. Das war mit Sicherheit der richtige Schritt.

Vinschgerwind: Vor genau 35 Jahren - im Jahr 1990 - ist VIP gegründet worden. Die obligatorische Frage: Wann kommt VIP4, sprich der bilanztechnische Zusammenschluss der sieben Genossenschaften mit der Zentrale?
Martin Pinzger: Ich kann keine Jahrzahl nennen. Es kommt dann, wenn die Verantwortungsträger, und das sind die Genossenschaften gemeinsam mit der VIP-Führung, es als sinnvoll und zielführend erachten.

Vinschgerwind: Letzte Frage: Damals, 1990, trat VIP aus dem VOG aus. Wie oft reden Sie mit Ihrem Pendant bei VOG, Walter Pardatscher, über einen Wiedereintritt?
Martin Pinzger: (lacht) Wir starten jetzt (Anm. der Redaktion Obmann Thomas Oberhofer, Direktor Martin Pinzger und MIVOR Obmann Hansjörg Mantinger fahren gleich im Anschluss an das Interview nach Terlan). Ich kann das ganz offen sagen: Wir sind in der Endphase zur Gründung einer VEO, das steht für Vereinigung von Erzeugerorganisationen. Das ist seit zwei Jahren im Gespräch. Es ist geplant in den nächsten Monaten zu starten. VIP, VOG und VOG Products, werden gemeinsam eine Vereinigung gründen.

Vinschgerwind: Die wie heißen wird?
Martin Pinzger: Es gibt noch keinen Namen, aber einen Favoriten, den wir noch nicht verraten dürfen.

Vinschgerwind: Anders gefragt: Haben sich die Vinschger beim Namen durchgesetzt?
Martin Pinzger: Der Name ist nicht so wichtig. Andere Dinge sind wichtig. Es ist so: 1990 ist VIP gegründet worden. Wieso? Weil zehn Vinschger-Genossenschaften aus dem VOG ausgetreten sind. Weil man sich nicht ausreichend berücksichtigt gefühlt hat. Es ist positiv, dass man sich auf Augenhöhe in dieser Vereinigung trifft. Es stimmt, dass die Mengenverhältnisse 60:40 sind, aber wir haben zwei erfolgreiche, funktionierende Anbaugebiete und Erzeugerorganisationen, die sich absolut auf Augenhöhe mit Synergiethemen beschäftigen werden. Die Synergiethemen sind: gemeinsames Forschen und Entwickeln und Sorteninnovationen...

Vinschgerwind: Wo hapert’s?
Martin Pinzger: Ich wage zu behaupten, dass wir jetzt nach Terlan fahren, um den Stempel darauf zu setzen. Die Augenhöhe ist wichtig. VOG ist mengenmäßig stärker, aber beim Heiraten kann man auch nicht sagen: Ich habe mehr.

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