Generationswechsel bei HOPPE

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links: Christoph Hoppe bleibt Präsident des Verwaltungsrates ... ... und Christian Hoppe (rechts) wird ab  1. Jänner 2025 den Vorsitz der neu eingerichteten Geschäftsleitung übernehmen links: Christoph Hoppe bleibt Präsident des Verwaltungsrates ... ... und Christian Hoppe (rechts) wird ab 1. Jänner 2025 den Vorsitz der neu eingerichteten Geschäftsleitung übernehmen

Müstair/Schluderns/Laas/HOPPE GRUPPE - Zum 1. Januar 2025 wird mit Christian Hoppe der erste Vertreter der dritten Generation der Familie Hoppe die operative Geschäftsführung der HOPPE-Gruppe, dem internationalen Marktführer in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Beschlagsystemen für Türen und Fenster, übernehmen. Ein Gespräch mit zwei Hoppe-Generationen.

 

Vinschgerwind: Bei HOPPE bahnen sich an der Betriebsspitze Änderungen an. Zuerst aber die Frage, wie die unterschiedlichen Generationen die derzeitige Marktlage einschätzen. Lassen wir der Jugend, also Christian Hoppe, den Vortritt.
Christian Hoppe: Die Wahrnehmung der Generationen wird sich am Ende kaum unterscheiden. Wir sind in einer Multikrise. Die Bauwirtschaft ist da besonders betroffen und das macht sich bei HOPPE bemerkbar. Deutschland ist schon lange in der Krise. Es gab zwar diesen Corona-Boom. Da wurde zu Hause gewerkelt, die Heimwerker sind in die Baumärkte gegangen und haben sich mit allerlei Sachen eingedeckt. Wir hatten damals ein großes Auftragshoch und sind mit den Lieferzeiten kaum nachgekommen. Dann kam der Einbruch. Zuerst in Deutschland, dann in Frankreich, dann in Italien. Auch die Märkte USA und in China haben sich nicht so entwickelt, wie wir uns das gewünscht haben und konnten den Einbruch nicht wirklich ausgleichen. Die Rahmenbedingungen sind unfreundlich, die Unsicherheiten in den Märkten sind groß. Die genannte Multikrise - wenn man an den Krieg im Nahen Osten denkt, in der Ukraine, an die Wahlen in den USA, demnächst auch in Deutschland - beinhaltet Faktoren, die zusammen mit hohen Zinsen und hohen Preisen in der Bauwirtschaft uns nicht helfen.
Christoph Hoppe: Was mein Neffe als Multikrise angesprochen hat, das gab es noch nie.

Vinschgerwind: Multikrise derzeit, einverstanden. Mit welchen Hoffnungen geht HOPPE in die Zukunft?
Christoph Hoppe: Zukunftsfragen sind eher an meinen Neffen zu richten. Aber ich mach den Anfang: Es wird immer Wohnungen brauchen, Menschen brauchen Wohnungen. Man muss nicht nur neue Wohnungen bauen, sondern auch bestehende renovieren. Im Moment werden viel zu wenige Wohnungen in Europa und in Amerika gebaut. Ein Nachholbedarf baut sich gerade auf. Der Bedarf wird nicht abgedeckt und er wird täglich größer. Wann mehr Wohnungen gebaut werden, kann heute niemand sagen.
Christian Hoppe: Das kann ich nur doppelt unterstreichen. Eine andere Sache ist China. Dort stehen Millionen von Wohnungen leer oder sind halbfertig. Der Bedarf im Westen ist sehr groß und es drohen, in Deutschland etwa, soziale Probleme, wenn nicht irgendwann gebaut wird. Das Bauen wird kommen und bis dahin besteht eine gewisse Durststrecke. Für uns ist es ja nicht die erste Krise. HOPPE ist durchaus krisenerprobt. Aber das Neue ist die Multikrise und die Zyklen sind kürzer geworden. Als Beispiel: Wir mussten ja in der Coronazeit hier in Südtirol die Werke für mehrere Tage schließen und dann kam das Hoch in kürzester Zeit. Das ist die neue Qualität.
Christoph Hoppe: Die neue Krisen-Qualität nenne ich Permakrise, wie der dauernde Permafrost in Sibirien. Krise ist der Normalzustand geworden und eine krisenfreie Zeit sehe ich für die nächste Zukunft überhaupt nicht. Mein Neffe hat es angesprochen: Jeder guckt auf die Ukraine, weil dieser Krieg vor der Haustür ist, auf Iran, Palästina, Israel. Darüber hinaus gibt es weltweit noch ca. 50 andere bewaffnete Auseinandersetzungen. Die sind nur nicht so in unserem Bewusstsein. Aber es kriselt permanent. Die Frage wird sein: Wie kann ich Krisen als Normalzustand nutzen und welche Chancen kann ich daraus ziehen.

Vinschgerwind: In der Führung von HOPPE soll es ab dem kommenden Jahr Neuerungen geben.
Christoph Hoppe: Lassen Sie mich die Entwicklung kurz beschreiben. Friedrich Hoppe, mein Vater und Christians Großvater, hat das Unternehmen vor 72 Jahren gegründet und alleine geführt. Friedrich Hoppe war ein Vollblutunternehmer mit großem Herzen. Der Übergang zur zweiten Generation, zu Wolf Hoppe und mir, hat lange gedauert. Mein Vater hat sich sehr spät aus dem Unternehmen herausgelöst. Seither gibt es ein Doppelspitze. Das ist nicht beliebig skalierbar. Bei der nächsten, bei der dritten Generation würde es möglicherweise zu einer Dreierspitze kommen. Deswegen haben wir uns seit 12 Jahren damit beschäftigt, wie man das Unternehmen von Generation zu Generation oder von Führung zu Führung weitergeben kann. Da brauchen wir eben eine andere Organisation als heute. Heute besteht die oberste Führung aus drei Personen, die auch operative Aufgaben haben.
Christian Hoppe: Wir werden die Aufgaben künftig trennen. In Zukunft wird der Verwaltungsrat als Aufsichtsorgan fungieren und die Oberleitung der Gesellschaft wahrnehmen, wie dies in der Schweiz vorgesehen ist. Und dann wird es eine Geschäftsführung geben, die das operative Geschäft führen wird. Wir werden Strategie und operatives Geschäft voneinander trennen. Für HOPPE ist diese Trennung neu, in der Schweiz ist dieses ein gängiges Modell. Mein Onkel Christoph bleibt Verwaltungsratspräsident mit den neuen Aufgaben und mein Vater Wolf bleibt Vizepräsident des Verwaltungsrats. Ich selber werde den Vorsitz der Geschäftsführung übernehmen, die aus drei familienexternen Herren bestehen wird, die bereits seit mehren Jahren im Betrieb an Bord aktiv sind. Das operative Geschäft wird also nicht mehr von der Doppelspitze geführt, sondern von mir als Vorsitzenden der Geschäftsführung. Dieses Modell ist dann in der Tat skalierbar.
Christoph Hoppe: Der Verwaltungsrat wird die strategische Lenkung übernehmen, aber nicht mehr operativ sein.

Vinschgerwind: Christian Hoppe wird also ab 1.1. 2025 den Vorsitz der Geschäftsführung übernehmen. Großvater Friedrich hat vor 60 Jahren mit dem ersten HOPPE-Werk in Schluderns Arbeit in den Vinschgau gebracht. Wie schaut ihre Vision, ihre Philosophie für die Werke im Vinschgau aus?
Christian Hoppe: Der Ansatz meines Großvaters, die Arbeit zu den Menschen zu bringen, ist nach wie vor der richtige Ansatz. Für ein Familienunternehmen ist es typisch, das man in seinen Standorten stark verwurzelt ist. Wir haben hier im Vinschgau und auch in den deutschen Werken die Situation, dass inzwischen mehrere Generaionen aus ein und derselben Familie bei uns in den Werken arbeiten. Da wird Familienunternehmen mit einer ganz neuen Interpretation versehen. Man muss aber auch klar sagen, dass alle Standorte von Fachkräftemangel betroffen sind. Wir tun uns schwer im Vinschgau, wir tun uns schwer im Erzgebirge die passenden Fachkräfte zu rekrutieren in der Geschwindigkeit, wie wir sie brauchen. Das heißt nicht, dass wir uns aus diesen Standorten zurückziehen. Die Philosophie und die Werte unseres Großvaters und auch der zweiten Generation haben auch die dritte Generation geprägt. Wir sind zu fünft und drei wollen in den Betrieb einsteigen, mit mir noch meine ältere Cousine und mein Cousin. Wir haben die Philosophie unseres Großvaters quasi mit der Muttermilch aufgesogen und wir blicken nicht anders auf diese grundlegenden Themen. Ich weiß, wie wohl sich mein Großvater in dieser Region gefühlt hat und fühle mich ihr auch sehr verbunden.

Vinschgerwind: Christoph, Sie haben unlängst dem Vinschgerwind gegenüber geäußert, dass angedacht wird, ein neues Werk in einem Niedrigkostenland, sprich mit niedrigen Energie- und Lohnkosten, errichten zu wollen. Gilt das noch?
Christoph Hoppe: Ja. Es ist doch so, dass gewisse Herstellungskosten da sind. Die Herstellungskosten setzen sich zum einen aus dem Material zusammen. Das Material, Aluminium etwa, kostet überall gleich viel. Große Unterschiede machen die Infrastrukturkosten. Dazu gehören auch Steuern. Die Verkehrsinfrastrukturkosten - wie gut sind Standorte verkehrstechnisch angebunden - und natürlich auch die Kosten der Arbeitskräfte. Wenn du weltweit agieren willst, musst du leider auch in einigen Märkten Preise annehmen, die so in Zentraleuropa von den Herstellungskosen nicht mehr realisierbar sind. Es gibt Produkte, die in
Zentraleuropa unter dem Aspekt weltmarktgerechter Preise nicht mehr herzustellen sind. Es ist so, dass in Zentraleuropa allein die Personalkosten so hoch sind wie in anderen Ländern die gesamten Herstellungskosten. Daraus folgt, dass man in Zentraleuropa besser Dinge machen muss, die nicht so leicht in anderen Ländern gemacht werden können. Der technologische Vorsprung muss sich in einem größeren Nutzen für den Kunden niederschlagen. Dafür ist der Kunde auch bereit, mehr zu zahlen.

Vinschgerwind: Herr Christian Hoppe, muss man sich das so vorstellen, dass europäische Standorte Innovations- und Entwicklungsstandorte werden und die Herstellung woanders gemacht werden wird?
Christian Hoppe: Das würde ich so nicht unterschreiben. Es mag eine Tendenz dahin geben. Richtig ist, dass wir an den europäischen Standorten Optimierungen vornehmen müssen. Aber wie es grad mein Onkel gesagt hat: besser und kostengünstiger werden, durch Automatisierung versuchen Kosten zu senken. Der Weg ist nicht neu.
Christoph Hoppe: Wir wollen in Europa nicht nur entwickeln, sondern auch produzieren.

Vinschgerwind: Die zweite Generation hat ein Werk in den USA errichtet, man ist in China mit einer Vermarktungsgesellschaft vertreten. Wird dieser Weg verstärkt?
Christian Hoppe: Das würde ich so nicht sagen. Aber ja, nachdem Trump die Wahlen gewonnen hat und hohe Zölle drohen, macht es Sinn, in den USA für den dortigen Markt zu produzieren. Allerdings: Wir haben ein Produktionsnetzwerk, in dem alle Werke bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben. Deswegen ist es nur bedingt richtig, mit der Produktion in die lokalen Märkte zu gehen. Ein neues Werk wird in unserem Netzwerk bestimmte Aufgaben zu erfüllen haben.
Christoph Hoppe: Wir haben in der Produktion rund 50.000 verschiedene Verkaufsartikel. Die kann man nicht in einem Werk produzieren. Nur ein gutes Produktionsnetzwerk macht da Sinn.

Vinschgerwind: Wir gehen in eure Familienstruktur hinein. Wie oft gab es denn Streit zwischen den Brüdern?
Christoph Hoppe: Ganz selten. Es gibt drei Gründe dafür: Wir sind gleich erzogen und stehen auf demselben Wertefundament. Wir haben eine gewisse fachliche Trennung, auch wenn wir in allen Bereichen Mitsprachepflicht haben. Mein Bruder war stark im Bereich Vermarktung und Personal, ich war im Bereich der Produktion. Das Dritte ist die regionale Teilung: Mein Bruder war im Norden und ich im Süden. Beide hatten damit genug Auslauf, ohne sich auf die Füße zu treten.

Vinschgerwind: Sie stoßen in dieses eingespielte Duett bestehend aus Ihrem Vater und Ihrem Onkel dazu. Macht es das einfacher?
Christian Hoppe: Nur unter der Bedingung, dass wir drei miteinander gut können. Wie gesagt, die dritte Generation tickt nicht anders, die Grundwerte sind dieselben. Wir sagen immer, eine funktionierende Unternehmerfamilie ist eine große Chance für das Unternehmen, eine nicht funktionierende aber auch ein Risiko.

Vinschgerwind: Also Streit kann vorkommen, ist aber selten. Intern gibt es eine Familiencharta. Die Habsburger haben auch so etwas. Was hat es damit auf sich?
Christoph Hoppe: (lacht) Die Familiencharta ist nicht öffentlich.
Christian Hoppe: Deshalb bleiben wir allgemein. Der Grundgedanke dieser Familienverfassung, die rechtlich nicht bindend moralisch aber sehr wohl, ist es, zu verhindern, dass bei Streit in der Familie das Unternehmen darunter leidet. 2012 wurde die Charta von der 2. Generation angeregt, von der Familie gemeinsam erstellt und 2014 unterschrieben. Auch die nächste heranwachsende Generation soll an diese Charta herangeführt werden und sie dann unterschreiben.
Christoph Hoppe: Ich erachte das als großen Erfolg. Je eher man eine solche Familiencharta einführt, desto besser. Es ist wichtig, Dinge hineinzuschreiben und zu sagen, was man tun darf und was nicht. Vor allem dann, wenn die Familie wächst und wenn jemand von außen in die Familie hineinkommt. Es sind dann klare Linien vorhanden, die für alle Familienmitglieder Geltung haben. Eine solche Charta kann natürlich Wandlungen unterliegen.

Vinschgerwind: Was tun Sie derzeit im Betrieb und mit welchen Erwartungen starten Sie ab 1.1. 2025?
Christian Hoppe: Ich hatte schon während meines Studiums in den Betrieb hineingeschnuppert. 2012 hatten wir ein großes Strategieprojekt und da bin ich offiziell dazugekommen und bin dann als Assistenz der Unternehmensleitung quasi als Copilot mitgeflogen. Das war eine große Chance von meinem Vater und von meinem Onkel lernen zu können, auch verschiedene Aspekte. Im Zuge des Strategieprojektes habe ich Innovationsmanagement, Projektmanagement und Digitalisierung vom Studium her mitgebracht. Seit einiger Zeit machen wir die Führung des Unternehmens zu dritt. Jetzt ist es soweit, dass ich mit großer Freude, die Verantwortung für das operative Geschäft übernehmen werde. Die Hoffnung auf eine sich verbessernde Marktlage ist auch groß. Aber: Das Unternehmen wird ab 1. Jänner 2025 kein anderes sein. Dass wir Kontinuität und Wandel brauchen, das ist für mich ganz wichtig. Es sollte uns nicht passieren, wie das Sprichwort sagt: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ Es sollte Wandel auf festem Fundament geben. Es geht 2025 und 2026 darum, diese Multikrise zu überstehen, um dann gerüstet zu sein, wenn es wieder aufwärts geht.

Vinschgerwind: Große Freude auch im Verwaltungsrat?
Christoph Hoppe:
Ja. Aus vollem Herzen. Es ist eine Änderung. Ich bin, wie Sie wissen, gerne im Betrieb, auch mit aufgestürzten Ärmeln. Das werde ich nicht mehr tun. Ich werde andere Aufgaben s8 hoppe2wahrnehmen, auf die ich mich freue. Ich habe eine Riesenfreude daran, dass die Übergabe auf die nächste Generation in einer zukunftsfähigen Struktur mit meinem Neffen jetzt gemacht wird. Und ja, ich teile das und ich freue mich.
Christian Hoppe: Mein Onkel steht ja weiterhin mit einem riesigen Rucksack an Erfahrungen zur Verfügung. Da hab’ ich keine Scheu, auf diese Erfahrung zurückzugreifen.
Christoph Hoppe: Noch zur Multikrise: Ich glaube, die Talsohle ist erreicht. Ich spüre, dass wir dabei sind, die Kurve zu kriegen.

Interview: Erwin Bernhart

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