Doch spätestens seit dem SEL-Skandal hat sich diese Betrachtungsweise als selbstgefällige Illusion herausgestellt. Solche Gedanken kommen einem in den Sinn, wenn man an das Angebot denkt, das Heinz Fuchs dem Bürgermeister von Latsch gemacht hat, um sich den rechtlichen Hick-Hack um sein Einkaufszentrum Herilu endgültig vom Hals zu schaffen. Doch alles der Reihe nach: Als Fuchs vor Jahren seinen Sägereibetrieb am Ortseingang von Latsch aufließ, wurde auf seinen Antrag hin das ganze Areal als Wohnbauzone ausgewiesen. Er erstellte den Durchführungsplan und errichtete auf dem für den freien Wohnbau bestimmten Bauland das Einkaufszentrum Herilu. Das war urbanistisch schon die erste Gratwanderung. Den Segen dazu scheint jedoch eine der unzähligen Novellen zum Landesraumordnungsgesetz geliefert zu haben. Die Auflagen in der Baukonzession und in der Benützungsgenehmigung, auf dem restlichen Bauland Sozialwohnungen zu errichten, hat Fuchs bis heute nur zum Teil erfüllt, weshalb er für das Herilu nur eine bedingte Benützungsgenehmigung besitzt. Nun möchte er für seine „Wohnbauzone“ in der Weise freie Hand bekommen, dass er der Gemeinde einen Betrag von Euro 220.000 bezahlt. Als rechtliches Instrument für diesen „Deal“ ist an einen Raumordnungsvertrag zwischen Gemeinde und Fuchs gedacht.
Ein solcher „Handel“ macht aus seiner Sicht durchaus Sinn. Heinz Fuchs ist ja als Grenzgänger bekannt. Auch haben seine unkonventionellen Geschäftsmethoden nicht unwesentlich zu seinem unternehmerischen Erfolg beigetragen. Doch der Vorschlag, den er jetzt der Gemeinde Latsch macht, muss deren ersten Bürger in arge Verlegenheit bringen. Voraussetzung für einen Urbanistikvertrag ist nämlich, dass dieser im öffentlichen Interesse ist. Der Wunsch des Heinz Fuchs, über das restliche Areal frei zu verfügen oder dort weitere Geschäfte zu errichten, kann allerdings beim besten Willen nicht als im öffentlichen Interesse liegend angesehen werden. Dem kann auch nicht in der Weise „nachgeholfen“ werden, dass der öffentlichen Hand als Gegenleistung Geld angeboten wird. Dieser Meinung sind übrigens auch zwei unverdächtige Zeugen, zu denen Fuchs angeblich einen guten Draht hat, nämlich der vormalige Landesrat Michl Laimer und der Landeshauptmann selbst. Beide haben in einem Rundschreiben vom August 2010 die Gemeinden unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Vertragsurbanistik nicht als Geldbeschaffungsinstrument missbraucht werden darf und dass es nicht erlaubt ist, „die Leistungen der öffentlichen Verwaltung durch Geld zu erkaufen“. Unter diesen rechtlichen Voraussetzungen dürfte es dem Gemeindesekretär schwer fallen, seine Unbedenklichkeitserklärung abzugeben. Auch die übrigen in der Sache zu befassenden Gemeindegremien müssten „Bauchweh“ bekommen.
Der Bürgermeister scheint zwar entschlossen, auf den „Handel“ einzugehen. Er übersieht dabei jedoch neben den eben dargestellten Hindernissen die Schwierigkeiten, welche ihm persönlich auch strafrechtlich daraus erwachsen könnten. Denn wenn schon das Landesgesetz es untersagt, für die Leistungen der öffentlichen Hand Geld zu nehmen, dann sind wir schon bedenklich in der Nähe des Tatbestandes der Wahrnehmung von Privatinteressen in Amtshandlungen. Sollte er es nun erlauben, dass ein Bürger sich mit Geld von seinen gesetzlichen Verpflichtungen freikauft, dann sind wir auf dem besten Weg in eine Klassengesellschaft. Und am Eingang zum Latscher Rathaus würden wir die Anbringung folgender Inschrift empfehlen: „Alle Latscher sind gleich, nur einige sind gleicher!“