„I bin koa Walscher, i bin koa Tiroler - i bin a Mensch“

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Umberto Ghitti, geboren am 11.11.1956 in Marone in der Provinz Brescia. Er ist dreifacher Vater und Großvater. Seine Pensionierung hat er auf den Tag genau an seinem 60. Geburtstag gefeiert. „Deis isch eppas, wos nit oft passiert“, meint er. Umberto Ghitti, geboren am 11.11.1956 in Marone in der Provinz Brescia. Er ist dreifacher Vater und Großvater. Seine Pensionierung hat er auf den Tag genau an seinem 60. Geburtstag gefeiert. „Deis isch eppas, wos nit oft passiert“, meint er.

Umberto Ghitti kam im September 1977 als Alpini-Soldat nach Glurns und gründete dort eine Familie. Jahrelang arbeitete er in der Gießerei der Firma HOPPE in Schluderns. Bekannt ist er vor allem in Fußballkreisen, wo er im Jugendbereich tätig ist.

von Magdalena Dietl Sapelza

Seinen ersten Ausgang als Soldat in Glurns hat Umberto noch lebendig in Erinnerung. Im „Gasthof Steinbock“ wunderte er sich über der Sprache der Leute. Er glaubte, es handle sich um einen italienischen Dialekt und fragte nach. Prompt antwortete der Wirt: „Qui siamo in Austria“ (Hier sind wir in Österreich). Verwundert entgegnete Umberto: „Non capisco, io devo fare il militare in Italia.“ (Verstehe nicht, ich muss den Militärdienst in Italien machen). Bald wurde ihm klar, dass „Alto Adige“ eine deutschsprachige Region Italiens ist. „Miar Militarischtn hobm fa dr Südtiroler Geschichte nix gwisst“, erklärt er.
Umberto wuchs in Marone in der Provinz Brescia mit sieben Geschwistern auf. Sein Vater arbeitete als Schlosser im Betrieb seines Onkels. Die Mutter war Hausfrau. Er erlebte eine unbeschwerte Kindheit, vergnügte sich auf einem Sandplatz beim Fußballspielen oder beim Schwimmen im nahen Iseosee. Nach Abschluss der Pflichtschule fand auch er Arbeit in der Schlosserei des Onkels. Den Lohn gab er seiner Mutter ab. Wöchentlich erhielt er ein Taschengeld, um samstags ausgehen zu können. Da im Betrieb auch Teile für Kriegsschiffe angefertigt wurden, durfte sich Umberto um den Wehrdienst bei der Marine bewerben. Nach der Musterung in Venedig erfuhr er kurz darauf, dass für ihn bei der Marine kein Platz war. Er wurde den Alpini zugeteilt, kam nach Bozen dann nach Glurns.
Nach seiner Erfahrung im „Gasthof Steinbock“ versuchte er auf die Einheimischen zuzugehen. Es wurde ihm nicht leicht gemacht. „Als Militarischtn hobm inz di Lait olm a bissl verfolgt, unt i hon nia verstondn warum“, sagt er. Den Carabinieri sei es besser ergangen, wohl weil die Leute vor ihnen mehr Respekt hatten. Umberto bemühte sich, den Dialekt zu lernen. Dabei half ihm auch die drei Jahre jüngere Kellnerin im „Grünen Baum“ Rita Prugg. Um ihr auch nach der Militärzeit nahe sein zu können, kehrte er nicht nach Brescia zurück. Er arbeitete zuerst als Maurer in Meran, dann im „Dopolavoro ferroviario di Bologna“ in Gröden, wo Ritas Tante arbeitete. 1979 läuteten für ihn und Rita im Kloster Marienberg die Hochzeitsglocken. Damit war für ihn endgültig die Entscheidung gefallen in Glurns zu bleiben. Umberto fand Arbeit in der Gießerei der Firma HOPPE in Schluderns. „Selm bin i sofort integriert gwortn“, betont er. „Selm isches wia in a Familie gwesn.“ Mit seinen Arbeitskollegen und auch daheim kommunizierte er schon bald im Vinschger Dialekt. „Sel tuat miar haint a bissl load, wail di Kindr hattn kennt fa miar italienisch lernen“, sagt er. Nach 10 Jahren HOPPE führte er mit seiner Frau einige Zeit den „Gasthof Krone“ in Glurns. Dann kehrte er wieder in die Gießerei zurück.
Um den Fußballsport rankt sich seit jeher Umbertos liebste Freizeitbeschäftigung. Der eigenen Karriere stand jedoch die Schichtarbeit im Wege, die regelmäßige Trainings verhinderte. Doch auch das Konditionstraining sagte ihm nicht so recht zu. „Talent war do gwesn, obr dr Kopf nit“, lacht er. „Gfolln hotts miar ober olm mit di jungen Fuaßbollspieler“, betont er. 1988 übernahm er die Glurnser U-10 Mannschaft, in der sein Sohn spielte. Seither betreut er Jungendmannschaft im Raum Obervinschgau. 16 Jahre lang war Umberto Fußball Sektionsleiter im SASV Glurns und drei Jahre lang Präsident. 2023 zwang ihn ein Blasentumor zu einer Pause. Mittlerweile ist er wieder als Trainer der U-12 in Prad tätig. Seit der Erkrankung sieht Umberto die Welt mit anderen Augen. Er ist nachdenklicher geworden. Und je älter er wird, umso öfter plagt in das Heimweh. „Wenns miar do a guat geht, hoam isch hoam“, meint er. Wer ihn heute fragt, zu welcher Nationalität er sich zugehörig fühlt, dem antwortet er: „I bin koa Walscher, i bin koa Tiroler, i bin a Mensch.“

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