„Mit Schmugglen hot ma a bissl eppas vrdiant“

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Johann Fliri, genannt „Schuaschtr Johann“, geboren am 29. November 1923, Grub Langtaufers: „S‘ Wort Urlaub hot ma et kennt.“ Johann Fliri, genannt „Schuaschtr Johann“, geboren am 29. November 1923, Grub Langtaufers: „S‘ Wort Urlaub hot ma et kennt.“

Der 99-jährige Johann Fliri, genannt „Schuaschtr Johann“ sitzt an warmen Tagen gerne in der Laube in Grub in Langtaufers und genießt die Sonne. Er lässt seine Gedanken schweifen und die Erinnerungen an vergangenen Zeiten aufleben.

von Magdalena Dietl Sapelza

Zweimal am Tag macht seine Frau Ida mit ihm eine Runde um den Hof. „Miar sain beade genau zwoa Jouhr, zwoa Monat unt zwoa Toug asnondr“, betont er. Johann war neun Jahre alt, als sein Vater an Lungenentzündung starb. Seiner Mutter blieb mit sechs kleinen Kindern auf ihrem Hof in Grub zurück. Johann half nach Kräften mit. Oft schleppte er Roggen in einem Leinensack zur Mühle und trug dann das Mehl in einem Balg aus Ziegenfell wieder heim. „In Mehlbolg isch s‘ Mehl sicher gwesn“, sagt er. Er half zweimal im Jahr beim Brotbacken. „Vorn Schlofngean hots norr olla Toug Milch unt Bröck gebm“, erzählt er. Beim Hüten fertigte er kleine Schnitzarbeiten an. „I hon a morts Gaudi zun Schnitzlan kett“, verrät er. Gerne hätte er bei einem Schnitzler in Gröden gelernt oder wäre Kunstschmied geworden. Doch schließlich lernte er das Wagnerhandwerk in Laas. „I hon koan Loahn kett, lai Koscht unt Logie“, betont er. Bis 1944 blieb Johann vom Kriegsdienst für Hitler verschont. Dann wurde er einberufen und in Schlanders zum Soldaten ausgebildet. Viele Lehrer waren Kriegsinvaliden. „Dia hobm inz ordala drangsaliert“, erinnert er sich. Nach einer Diphterie- Erkrankung kam er ins Lazarett nach Meran. Dort wurde auch sein Leistenbruch operiert, den er sich beim Heben eines Geschützes zugezogen hatte. „Sou isch dr Wintr ummer gongen, unt bon Zammabruch bin i schworz hoam gongen“, erzählt er. Auf der Töll schloss er sich anderen flüchtenden Soldaten an. Immer wenn amerikanische Panzer näherkamen, versteckten sie sich im Straßengraben oder in einem Wasserwaal. Geschwächt und mit blutenden Füßen erreichte er Schlanders, wo er sich im Hof eines Bekannten kurz erholen konnte, ehe er weiterzog. Beim „Bärenwirt“ in Mals stärkte er sich mit einer Suppe, die dort allen heimkehrenden Soldaten unentgeltlich gereicht wurde. Später zogen ihn auf der Malser Haide Langtauferer Kollegen auf die Ladefläche eines nordwärts fahrenden Militärlasters, der mit Heimkehrern überfüllt war. „I bin af di Mandr gleign, wia a Wiesbam“, lacht er. Daheim wartete die Arbeit auf dem Hof. Johann war nicht nur Bauer, sondern auch ein tüchtiger Händler von Sensen, Feuersteinen, Dengelmaschinen, Zigaretten, die er auf versteckten Pfaden über die Grenzen aus Österreich und aus der Schweiz schmuggelte. Auch Zuchtvieh trieb er regelmäßig über die Berge in den Vinschgau. „Orbat isch selm koane gwesn“. erklärt er „Mit Schmugglen hot ma a bissl eppas vrdiant“. Einige Male entkam er den österreichischen Gendarmen nur knapp. Der Sonntag war ihm stets heilig. Nach der hl. Messe liebte er das Kartenspiel im Gasthof und die Tanzabende in den Hofstuben. „Maulorglspieln hot selm a jeder kennt“, sagt er. Umsonst hielt er dabei oft Ausschau nach seiner Nachbarin Ida Patscheider. Erst als er um ihre Hand angehalten hatte, durften er die behütete junge Frau treffen.1955 feierten sie Hochzeit. Sie bauten ein Haus, in dem sie Gästezimmer einrichteten, einen neuen Stall und Stadel. Vier Kinder füllten den Hof schon bald mit Leben. Johann hatte das Schmuggeln längst aufgegeben und eine Werkstatt eingerichtet. Er bot Handwerksarbeiten an. „I hon Loatrwagn, Bruggawagn, Tischlerorbatn unt Maurerorbatn gmocht“, betont er. Immer, wenn es die finanziellen Mittel erlaubten, kaufte er Maschinen, die ihm die Feldarbeit erleichterten, oder er erweiterte den Hof. Oft griff er zum Schnitzmesser und schuf kleine Kunstwerke. Mehrere Stuhllehnen aus Massivholz verzierte er mit Tiermotiven. Engagiert war Johann in der Fraktionsverwaltung. Er organisierte unterschiedliche Arbeiten für die Allgemeinheit und legte selbst Hand an, so auch beim Bau des Sesselliftes nach Maseben. Noch heute hört man in Langtaufers sagen: „Ouhne Schuaschtr Johann isch in Longtaufers johrzehntelong nichts gongan.“ Nun ruht er sich aus. Eine besondere Freude machen ihm die täglichen Besuche seines Nachbarn „Gruabr Kassl“. Liebevoll betreut wird er von seinen Kindern und von seiner Frau, die täglich mit ihm um den Hof spaziert, damit er beweglich bleibt.

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