„Mehr Asbest als angenommen“

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Schlanders - Über 120 Säcke an asbesthaltigem Material wurden im Bauschutt um der Kommandozentrale im Kasernenareal Schlanders entsorgt. Die Arbeiten sind vor Weihnachten abgeschlossen worden. Der Vinschgerwind hat beim zuständigen Amtsdirektor für Abfallwirtschaft Giulio Angelucci nachgefragt, wie die weiteren Schritte aussehen.

Vinschgerwind: Herr Amtsdirektor Angelucci, über 120 Säcke an asbesthaltigem Material wurden im Bauschutt gefunden und entsorgt. Es wurde aber nur jener Bauschutt sortiert, der außerhalb der Gebäude beim Abbruch angefallen ist. Was ist mit dem Asbest im Gebäude?
Giulio Angelucci: Die Ausführung der Arbeiten zur Asbestsanierung am Gebäude Palazzina Comando in Schlanders gestaltete sich etwas schwierig. In einem ersten Schritt wurde nur das mit Asbest verunreinigte Abbruchmaterial um das Gebäude aussortiert, da aufgrund des Teilabbruchs des Gebäudes die Sicherheit der Arbeiter nicht garantiert werden konnte. Derzeit werden am Gebäude alle auskragenden und einsturzgefährdeten Bauteile entfernt. Nach den Sicherungsarbeiten kann dann das sich im Abbruchbereich des Gebäudes abgelagerte Abbruchmaterial entnommen und von Asbest befreit werden. Bei der Sortierung des Abbruchmaterials hat sich gezeigt, dass im Gebäude viel mehr Asbest verbaut wurde als ursprünglich angenommen. Es muss deshalb eine Schad- und Störstofferhebung am Gebäude vorgenommen und ein Rückbaukonzept erstellt werden.

Vinschgerwind: Vor diesem Hintergrund regen sich in der Bevölkerung Sorgen zu den gesundheitlichen Auswirkungen. Kann man dazu etwas sagen?
Giulio Angelucci: Die Sanierungsarbeiten wurden vom Dienst für Arbeitsmedizin genehmigt. Es wurden auch während der Sanierung Kontrollen vom Dienst für Arbeitsmedizin und vom Amt für Abfallwirtschaft auf der Baustelle vorgenommen. Von den Sanierungsarbeiten selbst geht aufgrund der Einhaltung der Vorschriften keine Gefahr für die Bevölkerung aus. Ob in der Abbruchfase ein gesundheitliche Risiko für Anrainer und Passanten bestanden hat, ist nicht Kompetenz des Amtes für Abfallwirtschaft, dies müsste man mit dem Departement für Gesundheitsvorsorge des Südtiroler Sanitätsbetriebes abklären.

Vinschgerwind: Die politischen Vertreter und die Verwaltung der Gemeinde Schlanders, hat im Zusammenhang mit den Abbrucharbeiten behauptet, dass das Amt für Abfallwirtschaft ein Gutachten zur umwelttechnischen Unbedenklichkeit betreffend den Abbruch ausgestellt hat. Können Sie das bestätigen?
Giulio Angelucci: Das kann ich so nicht bestätigen! Die Gemeinde Schlanders hat im Jahr 2016, auf Anraten des Amtes für Abfallwirtschaft eine Charakterisierung des Kasernenareals in Schlanders erstellen lassen. Unter Charakterisierung versteht man die umwelttechnische Erhebung der Verunreinigungen von Boden und Untergrund einer Verdachtsfläche. Die Charakterisierung einer potenziell verunreinigten Fläche ist der erste Schritt zur Sanierung des Bodens und des Untergrundes einer Altlast oder eines Altstandortes, und beinhaltet nicht die umwelttechnische Erhebung der sich darauf befindenden Gebäude. Die Gemeinde Schlanders hat das technische Dokument zur Charakterisierung des Boden und Untergrundes des Kasernenareals, mit einer Schad- und Störstofferkundung von Gebäuden, die abgebrochen oder umgebaut werden sollen verwechselt. Die Ergebnisse einer Schad- und Störstofferkundung sind die Grundlage für einen geordneten Rückbau eines Gebäudes und Voraussetzung für den Weg des Abbruchabfalls zum Recyclingrohstoff. In einem Schreiben hat das Amt für Abfallwirtschaft deshalb die Gemeinde Schlanders bereits aufgefordert, die Charakterisierung der Sanierungsfläche Kasernenareal Drusus in Schlanders und das hierfür erstellte Gutachten nicht mehr für die umwelttechnische Unbedenklichkeit des Abbruchs der Gebäude zu verwenden.

Vinschgerwind: Die erste Phase der Asbestsanierung ist damit abgeschlossen. Was sind die weiteren Schritte, die nun folgen werden?
Giulio Angelucci: Wie bereits anfangs erwähnt, muss in einem zweiten Schritt das sich im Abbruchbereich des Gebäudes abgelagerte Abbruchmaterial entnommen und von Asbest separiert werden. Anschließend ist eine Schadstofferkundung vorzunehmen und ein Rückbaukonzept zu erstellen. Nach erfolgtem Rückbau kann der Abriss oder der Umbau des Gebäudes erfolgen. Das Amt für Abfallwirtschaft wird deshalb die Gemeinde Schlanders auffordern ein ganzheitliches Sanierungsprojekt vorzubereiten, das alle Maßnahmen und eine Kostenschätzung beinhaltet.

Vinschgerwind: Ist Ihnen in ihrer Amtszeit ein derartiges Vorgehen einer Gemeinde bereits untergekommen?
Giulio Angelucci: Der Teilabbruch des Gebäudes Palazzina Comando ist sicherlich kein Best-Practice-Beispiel, vor allem wenn dieser von einer öffentlichen Verwaltung vorgenommen wird, die üblicherweise immer Rücksprache mit den zuständigen Ämtern hält. Auch die mit dem Abbruch beauftragten Unternehmen müssten vor der Durchführung der Abbrucharbeiten die Erhebungen zum Baubestand überprüfen und dann den Abbruch nach Stand der Technik durchführen. Über den Abbruch in Schlanders wurde keines der zuständigen Ämter informiert. Hätte das Amt für Denkmalschutz nicht einen sofortigen Abbruchstopp verfügt, müsste jetzt das gesamte Abbruchmaterial einer Asbestsanierung unterzogen werden. In diesem Falle wären die Kosten für die Gemeinde Schlanders um ein Vielfaches höher gewesen.

Interview: Angelika Ploner

 

s14 Unknown2Infos:
Giulio Angeluccci,
Amtsdirektor Amt für Abfallwirtschaft

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