Vinschgau - Die SVP Ortsgruppen haben ihre Ausschüsse kürzlich neu gewählt. Anlass genug, um beim SVP Bezirksobmann Albrecht Plangger nach der Befindlichkeit der Südtiroler Volkspartei im Vinschgau nachzufragen. Plangger spricht auch über den Stillstand im Vinschgau, über Alperia, über Zugverbindungen und über die SVP als Klimapartei.
Vinschgerwind: Wir möchten mit Ihnen über das Klima sprechen.
Albrecht Plangger: (schweigt) Ja, logisch.
Vinschgerwind: Sprechen wir das Klima in der SVP im Bezirk Vinschgau an.
Albrecht Plangger: Ach so (lacht). Im Oberland werden wir es besser haben mit dem Klimawandel.
Vinschgerwind: Kürzlich fanden die Ortsausschusswahlen statt. Welches Resümee ziehen Sie als SVP-Bezirksobmann?
Albrecht Plangger: Ein relativ gutes Resümee. Wir haben 38 Ortsgruppen. Außer in zwei wurde in allen Ortsgruppen gewählt. Glurns etwa, da haben wir die Wahlen aufgrund der Stadtratsbildung verschoben. In Taufers wurde auch verschoben. Alle anderen 36 haben gewählt. In allen Ortsgruppen ist der Ortsobmann oder die Ortsobfrau noch nicht fix. Die konstuierenden Sitzungen folgen in den nächsten Wochen. Ich rechne damit, dass bei rund einem Drittel der Ortsgruppen neue Gesichter kommen werden. Wir sind mit 38 Ortsgruppen im Vinschgau kapillar aufgestellt. Denn wir möchten als Volkspartei überall, auch in der kleinsten Realität vertreten sein. Das ist der Erfolg der SVP.
Vinschgerwind: Sind Sie mit Wahlbeteiligung zufrieden?
Albrecht Plangger: Die Wahlbeteiligung war ganz gut. Wir hatten in den Ortsgruppen in Graun eine Wahlbeteiligung zwischen 50 und 60 Prozent. Das ist zufriedenstellend. Bei den Fraktionswahlen waren es auch zwischen 50 und 60 Prozent und da geht es doch um mehr als bei der Wahl der SVP-Ortsgruppen.
Vinschgerwind: Bei Ihrem Antritt als SVP-Bezirksobmann vor 5 Jahren haben Sie versprochen, jede Ortsgruppe besuchen zu wollen. Ist das erfolgt?
Albrecht Plangger: Das habe ich schon des öfteren. Ich sehe die Ortsausschüsse mindestens einmal im Jahr, zum Beispiel auch wenn ich die Mitgliedskarten bringe. Was fehlt, ist, dass von den Ortsgruppen zu wenig politische Initiativen ausgehen. Das Interesse, Themen aufzugreifen und diese Themen politisch weiterzubringen, ist oft kaum vorhanden. Ich sage immer, dass wir uns viel zu viel mit der Mitgliedersammlung beschäftigen. Die Mitgliedersammlung müsste meiner Meinung nach viel schneller über die Bühne gehen. Beim Weißen Kreuz zum Beispiel hat man die Mitgliedschaft für das kommende Jahr bereits im November gemacht. Das würde der SVP gut anstehen. Damit könnte man im Jahr z. B. einige Treffen mit der Gemeindeverwaltung abhalten, über den Haushalt diskutieren usw.
Vinschgerwind: Wie erklären Sie sich diese Passivität der SVP-Ortsgruppen?
Albrecht Plangger: Passiv würde ich nicht sagen. Wenn Wahlen sind, sind die Ortsgruppen aktiv. Oft ist es so, dass man Themen nicht aufgreifen möchte, weil man der Meinung ist, dass diese Themen die Gemeindeverwaltung betreffen. Man will sich irgendwie nicht einmischen.
Vinschgerwind: Zum Talgeschehen: Corona überdeckt anscheinend alles. Im Bezirk Vinschgau steht alles still. Keine Elektrifizierung der Bahn, kein Heim für die Sportoberschule, keine Maltamaschine auf dem Joch. Können Sie die Themen noch ergänzen?
Albrecht Plangger: Das heißt nicht, dass nichts läuft. Wir sind nur noch nicht da, wo wir hinwollen. Wir wollen die Themen abhaken. Es heißt etwa nicht, wenn das Schülerheim in Mals noch nicht da ist, dass daran nicht gearbeitet wird. Es wird geplant, gebastelt. Jetzt ist der Recovery Plan dazugekommen und da müssen wir schauen, ob wir da zugreifen können. Die Themen bleiben immer präsent.
Vinschgerwind: Wie können Sie die Tatsache zerstreuen, dass nichts vorangeht?
Albrecht Plangger: Wir hatten früher das große Thema Krankenhaus. Das ist zum Glück gelöst. Jetzt stehen ein Haufen anderer Themen an, an denen gearbeitete wird, um die wir uns kümmern. Die Resultate sind aber noch nicht da. Aufgeben tun wir deswegen nicht. “Steter Tropfen höhlt den Stein…“
Vinschgerwind: Welche Themen sind für Sie als SVP Bezirksobmann dringend?
Albrecht Plangger: Dringend ist der Nationalpark. Da haben wir gebuggelt wie die Deppen und viel Arbeit hineingesteckt. Der Führungsausschuss hat seine Beschlüsse gemacht und nun wäre die Landesregierung dran. Nun ist 5 Monate lang nichts passiert. Wenn die Landesregierung ihren Beschluss machen würde, hätten wir vorerst einmal eine Zonierung usw. und auch in Rom etwas in der Hand. In Rom kann es sein, dass da Null Interesse besteht. Denen ist es Wurscht ob wir einen Parkplan bekommen oder nicht. Aber bei uns muss die Arbeit schon getan und die Dinge abgehakt werden. Dringend ist auch die Gesellschaft auf dem Stilfserjoch. Die Projekte, die wir da oben geplant haben, müssen endlich realisiert werden. Da habe ich einen Frust. Die Aktenberge werden immer größer.
Vinschgerwind: Wo hängt und hakt das Ganze?
Albrecht Plangger: In Bozen ist das Interesse nicht besonders groß, sei es beim Park sei es beim Stilfserjoch.
Vinschgerwind: Sie waren 20 Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Graun. Als ehemaliger Bürgermeister und als Stromkämpfer: Ein Teil des Druckstollens im Bereich St. Valentin wird derzeit erneuert. Mit welchen Sorgen sehen Sie nach St. Valentin auf der Haide?
Albrecht Plangger: Sorgen hatte ich nie. Der Wasserverlust im Druckstollen stellt keine Gefahr dar, sondern das ist ein Problem. Wenn ein Schlauch rinnt, muss ich nicht gleich auswandern, sondern das Rohr bzw. den Schlauch flicken. Wenn der Druckstollen Wasser verliert, so ist das lösbar. Man hat geglaubt, dass das mit der Investition von 1,5 Millionen schon im vorigen Jahr gelöst worden ist. Was Alperia da gemacht hat, da habe ich keine Ahnung. Nun muss man um 8 Millionen Euro sanieren. Das gibt mir schon das Gefühl, dass das so passen kann. Außer es handelt sich um Gewässer, die von anderswoher kommen.
Vinschgerwind: Die Stromerzeugung über den Reschenstausee, etwa das Pumpen von Wasser aus dem Haidersee in den Reschensee, erfolgt zum Teil über eine provisorische Genehmigung. Zieht da ein neuer Stromstreit auf?
Albrecht Plangger: Nein. Die Nebenableitungen in den Haidersee sind alle in Ordnung. Was uns da die SEL bzw. die Alperia schuldig war, wurde alles bezahlt. Alles, was von Schlinig herkommt, ist in Ordnung, Auch was die Sicherheit betrifft, wurden Arbeiten gemacht. Die Konzession läuft bis 2032. Die Umweltplangelder werden bezahlt. Also von dieser Seite ist alles abgeschlossen.
Vinschgerwind: Was können Sie der Idee abgewinnen, dass man im Vinschgau eine Art Alperia-Büro eröffnen sollte? Also eine direkte Ansprechstelle für Bürgermeister und für die Bevölkerung.
Albrecht Plangger: Den Kontakt zu Alperia muss einer der 8 Anrainerbürgermeister in die Hand nehmen. Ich habe damals den Kontakt mit Edison bzw. mit SEL-Edison im Namen aller Bürgermeister gepflegt. Einer muss das übernehmen. Wir haben als Vinschger Gemeinden ja das Recht, einen Verwaltungsrat oder einen Aufsichtsrat zu stellen. Derzeit haben wir mit Lothar Agethle einen Aufsichtsrat. Alperia Vipower hat nur einen Alleinverwalter. Wir brauchen gerade deshalb einen lokalen Politiker im Verwaltungsrat der Alperia. Das steht uns aufgrund der Verhandlungen zu. Aber das muss halt einer machen.
Vinschgerwind: Bleiben wir beim Strom. Wie erklären Sie den Leuten, dass die Terna, also der staatliche Betrieb, der für die Hochspannungsleitungen zuständig ist, eine Leitung im Oberland verlegt, und keiner hat etwas davon?
Albrecht Plangger: Das habe ich den Leuten immer gesagt. Wir müssen schauen, dass wir da ohne Schaden rauskommen. Wir hatten da keine Chance. Das Land war auf der Seite der Terna, weil die Terna beim Brennerbasistunnel Projekte von 250 Millionen Euro machen wird. Für uns war also nur der Verhandlungsweg über die Trassenwahl und über Schadensbegrenzung möglich.
Vinschgerwind: Schaut da tatsächlich für den Vinschgau nichts heraus. Das Umspannwerk in Goldrain etwa?
Albrecht Plangger: Das Umspannwerk in Latsch war eine Maßnahme, die mehr aus dem Stromstreit herausgewachsen ist und hat mit den Terna-Arbeiten im Oberland nichts zu tun. Das Umspannwerk in Latsch war schon lange geplant, aber nie umgesetzt. Da hat der Stromstreit kräftig nachgeholfen. Die Elektrifizierung der Vinschgerbahn und die Interessen von Edyna im Vinschgau waren mit ausschlaggebend. Wenn die Primärkabine in Latsch in Betrieb geht, sind wir im Vinschgau mit Kastelbell, Laas und Glurns besser aufgestellt als andere Bezirke.
Vinschgerwind: Sprechen wir über das Klima in Rom. Als Kammerabgeordneter berichten Sie alle 14 Tage in dieser Zeitung über das Geschehen dort. Ihre Einschätzung: Wird es eine Wintersaison geben?
Albrecht Plangger: (Pause) Doch, darauf würde ich wetten. Wahrscheinlich wird die Wintersaison in eingeschränkter Form möglich. In etwa so etwas, wie es die Schweizer praktiziert haben. Man kann Skifahren, vielleicht ist die Gastronomie zeitweise geschlossen. Vorsichtig bin ich aber schon. Wenn ich in meiner Heimatgemeinde die Schneekanonen sehe, dann sage ich, ich hätte mir da noch drei Wochen Zeit gelassen. Ich bin überzeugt, dass die politische Linie so sein wird, dass mit Einschränkungen, mit Green-Pass eine Wintersaison über die Bühne gehen wird. Eine Reisewarnung aus Deutschland wäre halt nicht gut.
Vinschgerwind: Sprechen wir über das Klima, über den Klimawandel. Ist Ihre Partei eine Klima-Partei?
Albgrecht Plangger: Ich glaube schon. Unser Landeshauptmann setzt auf Nachhaltigkeitsziele und der Fokus der Politik wird darauf ausgerichtet. Wir waren mit den Fernheizwerken im Tal schon recht gut unterwegs. Wir benötigen neuen Schwung. Bei der Photovoltaik ist noch Luft nach oben, beim Wasserstoff auch. Beim Recovery Plan wird Geld in diese Richtung fließen. Südtirol möchte da groß in diesen Markt einsteigen.
Vinschgerwind: Kommen Projekte aus dem Vinschgau beim Recovery Plan infrage?
Albrecht Plangger: Bei den Beregnungsleitungen könnte man dabei sein. Beim Breitband gibt es immer noch Kompetenzstreitigkeiten, das ist noch offen. Vielleicht können auch die Elektrifizierung der Vinschgerbahn und auch andere Projekte der Eisenbahn, etwa die Riggertalschleife, die Potenzierung der Linie Meran-Bozen im Recovery Plan Platz finden. Investitionen in die Bahn wären eine gute Klimamaßnahme.
Vinschgerwind: Ihre Meinung: Zugverlängerung in die Schweiz oder über den Reschen?
Albrecht Plangger: Ich sehe meine politische Rolle darin, dass die Veltliner im Boot bleiben und der Süden sprich Mailand im Auge bleibt. Wir haben die letzten Jahrzehnte immer nur von einer Verbindung nach Scuol gesprochen. Und von Scuol weiter nach Landeck. Ob es technisch möglich sein wird, über den Reschen mit der Bahnlinie zu fahren, ist eine Frage für die Techniker. Wichtig wird sein, dass Mals kein Kopfbahnhof bleibt.
Interview. Erwin Bernhart