St. Valentin auf der Haide - Am 12. Oktober hat Alperia Vipower in St. Valentin zu einer
Bürgerversammlung geladen. Dabei wurden Fragen beantwortet, Fragen zur Sicherheit der
Staudammanlage, zu der auch Sicherheitsklappen und Druckstollen gehört, und wie man
das Problem des Wasseraustrittes lösen will.
von Andreas Waldner
Groß war das Interesse von der Haider Bevölkerung, der Saal im Kulturhaus von St. Valentin war fast voll besetzt. So groß das Interesse war, so groß sind auch die Sorgen der Haider.
Das Sanierungsprojekt am Druckstollen sollte vorgestellt werden und dazu saßen der technische Direktor „Operation Alperia Greenpower“ Andreas Bordonetti, die beiden Bauleiter der Alperia-Baustelle in St. Valentin Alessandro Olivotto und Daniele Faggin den Bürgern am Podium gegenüber. Moderiert hat die Veranstaltung der Grauner BM Franz Prieth.
Mit gespannter Ruhe erwartete man sich die Ausführungen von Andreas Bordonetti. Bordonetti erläuterte anhand historischer Bilder, dass der Druckstollen in der Bauphase zu Beginn Ende der 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts frei von Bauwerken unter Wiesen und Äcker verlaufen sei. Die Bauwerke seien später erst dazugekommen. Die Gemeinde Graun, so Bordonetti, sei recht locker mit den Baugenehmigungen umgegangen. Das Ortsbild oberhalb des Stollens habe sich im Laufe der Jahrzehnte so geändert, es sei mal links mal rechts des Stollenverlaufes gebohrt worden, so dass heute ein Dorf über dem Stollen stehe. Dies ist in Südtirol einzigartig, wenn unter einem Dorf ein Druckstollen verlaufe. Unter der Hauptstraße verlaufe der Stollen in einer Tiefe von 4 Metern. Trotzdem schade jede Vibration dem ein Meter dicken Betonmantel des Stollenbauwerks. Auch die Verkehrsbelastung mit modernem Schwerverkehr habe sich im Laufe der Jahrzehnte stark verändert und die Lasten haben stark zugenommen. Dieser Schwerverkehr erzeuge kontinuierliche Vibrationen. Der Stollen sei ein Betonbauwerk und Beton sei immer wasserdurchlässig. „Beton ist kein Gummi“, sagte Bordonetti wörtlich. Allerdings, betonte Bordonetti, sei der Beton in einem guten Zustand. Dies bestätigte auch BM Franz Prieth, der sich bei einer Besichtigung des Stollens davon überzeugen konnte.
Festgestellt ist, dass der Wasseraustritt der letzten Monate unmittelbar aus dem Stollen komme. Allerdings bleibt die Ursache bislang unbekannt.
Bordonetti erläuterte dann, wie und mit welchen Maßnahmen man das Sanierungsprojekt am Druckstollen angehen möchte.
In den Betondruckstollen sollen neue Rohre aus glasfaserverstärkten Kunststoff eingezogen werden. Und dies auf einer Länge von rund einem Kilometer - von der Rohrbrücke, dem Ponte canale, bis zum Schwalbenhof im Dörfl. Diese glasfaserverstärkten Rohre seien wasserundurchlässig und vibrationsbeständig, versicherte Bordonetti. Die 400 Meter, die man im Frühjahr durch Injektionen saniert hat, werden trotzdem ausgerohrt. Baubeginn soll noch im November sein und die Bauarbeiten werden voraussichtlich 4 Monate dauern. Alperia Vipower nimmt dafür 8 Millionen Euro in die Hand. Im Bereich der Talstation des Haideralmliftes beim Ponte canale soll die Baustelle eingerichtet werden und die Sanierungsarbeiten sollen dorfkompatibel abgewickelt werden.
In der Diskussion kam eine Palette von Vorkommnissen, Ängsten und Anregungen zur Sprache. Der Stausee sei immer noch nicht kollaudiert, kam ein Ruf aus dem Publikum. Auf die Feststellung, dass es früher Wasser auch in den Kellern von Graun gegeben habe, antwortete Bordonetti, dass man aus diesem Grund den Höchstwasserstand nicht mehr beanspruche. Das umliegende Ufer in Graun habe eine große Wasserdurchlässigkeit. In der Diskussion wurde mehrfach die Frage aufgeworfen, warum man nicht die Rohrbruchklappen geschlossen habe, anstatt den Stausee auszulassen. Zudem kam die Frage auf, was wäre wenn es zu einem ernsthaften Rohrbruch in Schluderns oder andernorts käme. Da werden die Rohrbruchklappen auch bei vollem See geschlossen, antwortete Bordonetti. Eine solche Schließung sei jederzeit möglich. St. Valentin sei nie in Gefahr gewesen, betonte Bordonetti. Die Staudammbehörde überprüfe laufend die Sicherheit und habe das auch bestätigt. Die sofortige Reaktion von Alperia in der ersten Augustwoche und nach einem einwöchigen harten Kampf mit dem Wasser waren die Keller in St. Valentin wieder wasserfrei. Es sei Absicht von Alperia, solche Situationen auf Null zu stellen. Durch diese Sanierung wird man Wasseraustritte aus dem Stollen in Zukunft ausschließen können.
Aus dem Publikum kam die Anregung, einen zweiten Damm durch den Reschensee zu errichten, damit künftig nur ein Teil des Wassers für eine Entleerung abrinnen müsste. Dies verwarf Bordonetti als absolut unmöglich.
Ob es denn einen Gefahrenplan gebe, kam als Frage aus dem Publikum. Denn den Haidern sei kein solcher bekannt. Wie in jedem Betrieb gebe es einen Gefahrenplan für die Stauanlage, sagte Bordonetti. Sehr penibel kontrolliere das nationale Staudammamt mit Sitz in Rom und Außensitz in Mestre zwei Mal im Jahr die Anlage. Jeder Zwischenfall werde genauestens dokumentiert. „Wir haben in den letzten 10 Jahren in allen diesen Berichten der Staudammbehörde keine Anmerkungen, dass am Staudamm oder an den technischen Anlagen irgendwelche Sicherheitsmängel sind“, sagte Bordonetti. Zusätzlich gebe es auch ein Staudammamt in Südtirol. Auch von diesem Amt werde man kontrolliert. Er habe keinen Zweifel an der Sicherheit der Anlage. Dies sei faktenbasiert und keine Glaubensfrage. Der Zwischenfall in St. Valentin, der Wasseraustritt, sei mit allen Daten dokumentiert und den Behörden in Rom und im land mitgeteilt worden. „Wir haben keine Vorschriften und keine Zweifel an der Sicherheit bekommen“, sagte Bordonetti. Die Bevölkerung von St. Valentin habe bezüglich der Sicherheit nichts zu befürchten. Der Vergleich mit „Stava“, der vom Publikum kam, sei nicht statthaft. Denn dort habe es sich um einen Erdwall gehandelt, der keinerlei Kontrolle unterzogen worden war. Der Damm ist voll von Messinstrumenten, die konstant überwachen, die sofort Alarm schlagen, wenn Ungewöhnliches auftritt. Ebenfalls der Vergleich mit „Vajont“ sei nicht statthaft. Denn dort stehe der Staudamm nach wie vor. Eine enorme Hangrutschung sei damals für den Unfall verantwortlich gewesen. Bordonetti wies darauf hin, dass der Stollen vom Stausee bis nach St. Valentin verstärkt und nernuert worden sei. Man habe die 70 Jahre alte Anlage vor 4 Jahren übernommen, man habe 50 Millionen Euro bisher investiert und es sei das Bestreben von Alperia Vipower, dauernd Verbesserungen vorzunehmen. Bordonetti mahnte Geduld an. Man sei als Südtiroler Betrieb („Wir sind nicht in Rom, wir sind hier.“) versuche man für maximale Sicherheit Lösungen zu suchen. Man hoffe auch auf Vertrauen.
Auf die Frage, wer denn für die entstandenen Wasserschäden aufkomme, entgegnete Bordonetti, dass Alperia gut versichert sei und die Schänden werden „ohne Wenn und ohne Aber“ bezahlt.
Auch wurde das Anliegen geäußert, dass Alperia die Schlammaufschüttung am Nordufer des Haidersees durch Ausbaggern entfernen solle.
BM Franz Prieth brachte vor, dass die Leute vor Ort Angst hätten und dies sei vor allem der mangelnden Kommunikation geschuldet sei. Es sei gut, wenn die Experten von Alperia Vipower solchen Ängsten mit sachlicher Aufklärung und geplanten Sanierungsschritten entgegentreten. Man solle Vertrauen in die Experten haben.
Bordonetti wies darauf hin, dass in dieser Bürgerversammlung ausschließlich technische Informationen geliefert werden und er forderte die Bevölkerung auf, der Alperia Vipower Zeit zum Arbeiten zu geben. Er wies auf den Reichtum für die ganze Bevölkerung hin, der durch eine solche Stauanlage mit entsprechender Stromproduktion bestehe.