Schon bald entlockte er den Pfeifen die ersten Töne. Der Lehrer, Organist und Chorleiter Leonhard Paulmichl erkannte sein Talent und schickte ihn zu einer sechsmonatigen Ausbildung ins Pustertal. Am Pfingstmontag 1935 gab der 14-jährige Franz sein Debüt in der Kirche bei den Hl. Drei Brunnen in Trafoi. Nachdem Paulmichl von den Faschisten in eine italienische Provinz verbannt worden war, trat Franz in dessen Fußstapfen als Organist und Chorleiter. Nebenbei begann er eine Ausbildung als Flügelhorn-Bläser in Schlanders und wurde mit 18 Jahren Kapellmeister der 20 Mann-starken „Stilfser Musi“. Obwohl es die Faschisten nicht gerne sahen, führte er die musikalischen Traditionen weiter. Zum Jahreswechsel zog er mit seinen Sängerinnen und Sängern aus und trug vor jeder Haustür das „Stilfser Neujahrslied“ vor. Nach dem Kriegsausbruch 1939 lichteten sich die Reihen und die Sänger, alle Optanten genauso wie er, zogen in den Krieg. Franz blieb vorerst verschont. Er sang Stilfser Lieder vor den Mikrophonen von Alfred Quellmalz. Dieser sammelte das „Ahnen-Gut“. 1942 erhielt auch Franz die Einberufung. Betroffen verabschiedeten ihn die Chormitglieder am Spondinger Bahnhof mit einem Lied, das in Tränen erstickte. Franz kam nach „Monte Casino“. „Dies isch di Höll gwesn“, meint er. Wie durch ein Wunder überlebte er mit schwersten Schussverletzungen. Im Lazarett erfuhr er, dass sein Arm steif bleiben würde. „Obr i honn miar nit unterkriegn glott“, meint er. Wieder daheim übte er an der Orgel, bis er zurechtkam. Schon bald spielte er wieder so gut, dass er an vielen Orgeln im Tal als Aushilfe einspringen konnte. Als Autodidakt brachte er sich das Ziehharmonika-Spielen bei. Vom scheidenden Pfarrer ließ er sich 1948 überreden, mit ihm nach Schleis zu ziehen. Am Dreikönigstag 1948 saß Franz erstmals an der Schleiser Orgel und begleitete den Chor, mit dem er schon bald das Stilfser Neujahrslied einstudierte. Seither wird dieses auch in Schleis gesungen. 1949 gründete er die Musikkapelle Schleis und war treibende Kraft in der Theatergruppe. Er lernte seine spätere Frau Hilda Christandl kennen. „Dr Pforrer hott fescht kuppelt, weil er gwellt hott, dass i bleib“, erinnert er sich. Ein Jahr nach der Hochzeit kam Tochter Hilda zur Welt. Die Freude war groß, genauso groß wie später das Leid nach einer Früh- und einer Todgeburt. Es schmerzte ihn sehr, als er das tote Kind heimlich in die Friedhofserde legte. Denn den Ungetauften verwehrte die Kirche damals noch einen Platz in der geweihten Erde. Mit dem Stammhalter Elmar kehrte die Freude zurück. Die Familie lebte inzwischen in einem eigenen Haus, Hilda vermietete Gästezimmer und Franz führte seinen kleinen Laden am Schleiser Hauptplatz. „Solz und Tabak hot mai Frau mit dr Radlpeeg af Mols gholt“, sagt er. Später erwarb sie den Führerschein, was Franz wegen der Behinderung verwehrt blieb. Das eigene Auto erleichterte das Leben. Abwechslung und Freude fand Franz beim regelmäßigen Musizieren. Er spielte die Ziehharmonika im legendären „Trio Jörg“. Zusammen mit dem Zitherspieler Florian Jörg aus Burgeis und dem Gitarristen Johann Thanei aus Matsch trat er landauf landab auf. „Selm sain miar ollm ersch spaat Hoam kemman“, erzählt er. Die Kriegsverletzungen holten ihn ein. Der linke Fuß machte nicht mehr mit und wurde amputiert. Er musste kürzertreten. Orgel spielte er jedoch weiterhin, trotz der erneuten Einschränkung. Schon kurz nach der Operation trugen ihn Männer auf die Empore. Seit fünf Jahren ist der Rollstuhl sein Begleiter. Franz weiß, dass es eine Frage der Zeit ist, bis er seiner vor sechs Jahren verstorbenen Frau folgen wird. Er nimmt es gelassen. „Bis zur Erstkommunion fa dr Marion will i unbedingt nou leebm“, verspricht er. Für einen Moment hält die kleine Rasselbande inne. Dann tollen die Kleinen erneut um ihren Urgroßvater in der Stube umher.
Magdalena Dietl Sapelza
Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau