Schlanders erzählt... Märchenherbst

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„A Weidenzegger hot miar s’ Glück procht“

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Margherita Rufinatscha Dietl, Jg. 1937, Taufers im Münstertal. Sie liebt ihre Blumen, ist humorvoll, gesellig und „hoangortet“ gerne. Ihre größte Freude ist es, wenn sich ihre Töchter, Schwiegersöhne, ihre zehn  Enkel und ihre fünf Urenkel um sie herum scharen. Margherita Rufinatscha Dietl, Jg. 1937, Taufers im Münstertal. Sie liebt ihre Blumen, ist humorvoll, gesellig und „hoangortet“ gerne. Ihre größte Freude ist es, wenn sich ihre Töchter, Schwiegersöhne, ihre zehn Enkel und ihre fünf Urenkel um sie herum scharen.

Margherita träumte als Mädchen davon Friseurin zu werden. Doch ihre Eltern erlaubten es nicht mit dem Argument, dass sie ja eh heiraten werde und keinen Beruf brauche. Als gehorsame Tochter fügte sie sich. Außerdem musste sie ihrer kränklichen Mutter zur Hand gehen. Sie war die Zweitgeborene von vier Kindern.

von Magdalena Dietl Sapelza

Margherita wuchs in der Kriegs- und Nachkriegszeit in Taufers i. M. auf. Sie erlebte einen Bombeneinschlag bei Müstair, dessen Druckwelle die Scheiben des elterlichen Tischlereibetriebes „In den Mühlen“ bersten ließ. Und sie litt unter fehlendem Salz. „S Broat isch olm goal gweesn. Miar hobm sogor Viechsolz gwascht“, betont sie. Als Flüchtlinge ihr Nachtversteck im Haus mit Salz bezahlten, war das fast so, als hätten sie Gold gegeben. Ansonsten litt Margherita keine Not, denn ihre Familie betrieb auch eine kleine Landwirtschaft. Es war ihre Aufgabe, die Milch in der „Zumm“ zur Sennerei zu tragen. Im Winter benutzte sie eine kleine Holzrodel. Bei jedem Glockengeläute musste sie in die Kirche gehen. Sobald sie dort auch nur ein klein wenig schwätzte, packte sie die gestrenge Aufseherin beim Schopf, zerrte sie in den Gang und drehte ihren Kopf zu den Gläubigen.“Deis isch gonz peinlich gwesn“, meint sie. „Unt drhoam hon i norr a nou kennt afn Scheit knialn.“ Als junge Frau half Margherita einer Schneiderin beim Nähen und eignete sich selbst Näh-Fertigkeiten an. Kochen lernte sie fünf Monate lang in einem Gasthof in Burgeis, wo die Arbeit nie ausging. An einem Wochenende zu Cäcilia waren nacheinander der Chor, die Musikkapelle, eine Firsttrunkgesellschaft und die Jäger zu Gast. Spät in der Nacht erlaubte ihr die Chefin, ein Würstel mit ins Zimmer zu nehmen. „Z’ Morgaz bin i norr mitn Würschtl in dr Hont aufgwocht, so miad bin i gweesn“, erzählt sie. Nach der Eröffnung des Kindergartens in Taufers Ende der 1950er Jahre fand sie dort Arbeit als Köchin. Für die Kinder stand damals nur eine Kiste mit Bauklötzen bereit. Andere Spielsachen brachten später Vertreter der „Stillen Hilfe“ aus Deutschland. Um mit der Gruppe picknicken gehen zu können, suchte Margherita im Dorf nach einem großen Korb. Diese Suche führte sie auch in den „Konsum“, den Meinrad Dietl führte. Er hatte bereits ein Auto und bot ihr an, sie bei seiner Einkaufsfahrt ins Passeiertal mitzunehmen, wo er einen Korbflechter kannte. Sie nahm das Angebot an und wurde auch fündig. Heimwärts gab er ihr den ersten Kuss. „A Weidenzegger hot miar s’ Glück procht“, lacht sie. Sie war damals 22 Jahre alt, er 36. Sie trafen sich heimlich. Denn es plagte sie der Gedanke, was wohl ihre Eltern zum Altersunterschied sagen würden. Doch diese akzeptierten die Verbindung und im Juli 1961 läuteten die Hochzeitsglocken. Die 10-tägige Hochzeitsreise führte die Frischvermählten zu Meinrads Kriegskameraden nach Dornbirn und Konstanz und zu seinen Verwandten nach Zürich. Wieder in Taufers bezog das Paar eine Mietwohnung zusammen mit Margheritas Schwägerin Fani, der sie kurz darauf den Kindergartendienst übergab. 1962 lag Tochter Valeria in der Wiege. Die Familie kaufte ein altes Haus in der Dorfmitte und zog um. 1963 kam Tochter Genoveva zur Welt, 1964 Tochter Adele und schließlich 1968 noch Nesthäkchen Lucia. Margherita hatte alle Hände voll zu tun, mit den Kleinen und auch mit der Betreuung der einstigen Hausbesitzerin, deren Pflege sie übernommen hatte. Sie nähte Kleider für ihre Mädchen und umsorgte Gäste, denen sie Zimmer mit Frühstück anbot. Irgendwann reifte die Idee, eine Bar zu eröffnen. Die Umsetzung gelang nur, weil diese von zwei anderen Gastbetrieben die geforderten 40 Meter Entfernung aufwies. „Miar hoobm amol in dr Nocht hoamla olz ausgmessen unt gschaug ob’s a stimmt“, verrät sie. Die „Bar Dietl“ war dann jahrelang ein beliebter Treffpunkt, natürlich auch für junge Burschen, die den vier „Dietl Madlen“ den Hof machten. Die Jahre vergingen. Die Schwägerin zog aus und später auch die drei älteren Töchter nach deren Heirat. Die Bar und die Zimmervermietung wurden aufgegeben. In schlechter Erinnerung hat Margherita das Jahr 2000. Es brachte ihr eine Brustoperation mit Chemotherapie und Bestrahlung. Sie kämpfte tapfer und siegte über die Krankheit. Und sie dankte Gott, dass sie weitere glückliche Jahre mit ihrem Mann verbringen konnte. Noch kurz vor seinem Tod 2013 tanzte sie mit ihm in einer Strandbar am Meer. Dann blieb ihr nur noch der Seniorentanz, den sie seit 20 Jahren pflegt. Margherita versorgt sich noch selbst. Regelmäßig schaut sie bei ihrer jüngsten Tochter vorbei, die in der ehemaligen Bar nebenan einen Friseursalon führt. Es erfüllt sie mit Genugtuung, dass Lucia im Gegensatz zu ihr heute ihren Traumberuf als Friseurin ausüben kann.

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