„Die Vinschger fordern mich“

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Die Zuständigkeiten von Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer sind:  das UNESCO-Weltnaturerbe; Naturparke und Stilfserjoch Nationalpark; Raum: Entwicklung und Steuerung; Landschaft: Schutz und Planung; Denkmalpflege: Bau-, Kunst- und Bodendenkmäler und das Landesarchiv: Dokumente und Bilder zur Geschichte Südtirols Die Zuständigkeiten von Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer sind: das UNESCO-Weltnaturerbe; Naturparke und Stilfserjoch Nationalpark; Raum: Entwicklung und Steuerung; Landschaft: Schutz und Planung; Denkmalpflege: Bau-, Kunst- und Bodendenkmäler und das Landesarchiv: Dokumente und Bilder zur Geschichte Südtirols

„Wind“-Gespräch mit Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer

Vinschgerwind: Frau Landesrätin, fahren Sie heuer beruhigt in den Urlaub?
Maria Kuenzer: Ja. Weil man nie im Leben alles im Griff haben kann. Aus meinem Verständnis habe ich die Voraussetzungen geschaffen, dass wir im Bereich Landschaft und Raumordnung auf Gemeindeebene neu starten können, auch auf Landesebene. Wir werden an diesem großen Projekt die nächsten Jahre arbeiten müssen.

Vinschgerwind: Offensichtlich beschäftigt Sie dieses Thema, dieses neue Landesgesetz Raum und Landschaft sehr. Lassen Sie uns aber zunächst in den Vinschgau und dort in den Nationalpark Stilfserjoch gehen. Der Nationalpark fällt neben anderem auch in Ihre Zuständigkeit. Vor einem Jahr haben die Gemeinden im Nationalpark ihre Gutachten zu Parkplan, Parkzonierung und Parkreglement abgegeben. Warum geht da nichts weiter?
Maria Kuenzer: Die Stellungnahmen der Gemeinden wurden in die Parkordnung und in den Parkplan eingearbeitet. Natürlich hat es Diskussionen darüber gegeben, ob es realistisch ist, für all diese Vorschläge von den Gemeinden in Rom eine Zustimmung vom Ministerium zu erhalten.

Vinschgerwind: Ist es denn aus Ihrer Sicht realistisch?
Maria Kuenzer: Wenn wir, verdammt noch mal, alle an einem Strang ziehen, dann ja. Ich bin die Erste, die im Vinschgau gesagt hat, wir wollen das. Aber ich habe manchmal den Eindruck, dass man Angst hat, dass einige Dinge bei einem Abschließen mit Rom nicht berücksichtigt werden könnten. Mein Vorschlag ist ähnlich wie beim Autonomiestatut: Wir haben es bekommen, obwohl nicht viel drinnen war. Man hat Jahr für Jahr für Einzelheiten gekämpft und macht das heute noch über Durchführungsverordnungen. So ähnlich sehe ich den Parkplan. Aus meiner Sicht ist es langsam risikobehaftet. Denn wir haben 2016 die Zuständigkeit für die Verwaltung in Absprache mit den Ministerien und mit der Lombardei und dem Trentino erhalten. Und wir haben es bislang nicht geschafft, diese Zuständigkeiten auch aufzunehmen.

Vinschgerwind: Sie geben den schwarzen Peter den Gemeinden?
Maria Kuenzer: Nein, nicht den Gemeinden. Die Gemeinden haben ihre Arbeiten gut gemacht. Der Bürgermeister von Martell als Vertreter der Nationalparkgemeinden war oft hier in diesem Raum (im Büro der Landesrätin, Anm. d. Red.) und hat versucht, die Gegenbenheiten vor Ort einzubringen. Nur - irgendwann kommt man zu dem Punkt, ob wir den Spatz in der Hand wollen oder die Taube auf dem Dach. Ich bin für den Spatz in der Hand. In einem zweiten Moment kann man schauen, was noch möglich sein kann. Es ist mir bewusst, dass es viele viele Einzelheiten gibt - etwa wie kann sich ein Hof entwickeln, wie kann eine Aufstiegsanlage gebaut werden, was ist mit den Wasserkraftwerken, was ist mit den Mountainbikern und vieles mehr. Die Frage ist, ob man das alles im Parkplan drinnen haben muss, oder kann ich diese Dinge in einem zweiten Moment lösen.

Vinschgerwind: Das heißt, Sie brauchen das OK von den Parkgemeinden, um dann in Rom verhandeln zu können?
Maria Kuenzer: So ist es. Rom hat leider gewechselt. Wir hatten mit Frau Sceratano eine gute Ansprechpartnerin im Umweltministerium. Die wurde mit Herrn Zagi ausgetauscht. Einen guten Kontakt hab ich da noch nicht.

Vinschgerwind: Es ist angedacht, eine Gesellschaft für die Aufwertung des Stilfserjoches gemeinsam mit den Lombarden zu gründen. Die Umsetzung von Projekten soll aus dem Grenzgemeindenfonds finanziert werden. Was sagen Sie zu der These, dass es der Frau Landesrätin aus dem Pustertal egal wäre, wenn die Gelder aus dem Grenzgemeindenfonds in Projekte im Pustertal im Hinblick auf die Winterolympiade 2026 investiert würden?
Maria Kuenzer: (lacht) Nein bitte nicht. Schauen Sie, die Pusterer fühlen sich von mir vernachlässigt. Weil ich mehr in anderen Landesteilen unterwegs bin als im Pustertal. In den vergangenen eineinhalb Jahren war ich bei Abendveranstaltungen zu zwei Dritteln im Vinschgau und zu einem Drittel im Pustertal. Mag sein, dass der Prophet im eigenen Tal weniger gefragt ist. Die Vinschger fordern mich heraus. Das mag ich auch. Der Vinschgau hat Themen, die andere Landesteile nicht haben. Den Nationalpark darf man nicht mit den Naturparks vergleichen. Die Vinschger sehen den Nationalpark nicht nur als Mehrwert, sondern als aufgedrängte Zonierung, in der mit Einschränkungen zu leben ist...

Vinschgerwind: Das beginnt sich zu lösen. Aber wenn ich auf die Olympia-These zurückkommen kann...
Maria Kuenzer: Das beginnt sich zu lösen und das ist meine Aufgabe und mein Auftrag. Noch etwas: Es ist ein Trugschluss, dass die Übernahme der Verwaltung keine Herausforderung ist. Um zu Ihrer These zu kommen: Ich war am Stilfserjoch oben und war überhaupt nicht positiv überrascht. Ich habe mir gedacht, das ist nicht Südtirol, die Standlen, die Motorradfahrer usw. Da braucht es ein Konzept.

Vinschgerwind: Wie geht es weiter mit der Gründung dieser Gesellschaft für das Stilfserjoch?
Maria Kuenzer: Das ist primäre Aufgabe des Landeshauptmannes. Ich brauche da nicht gescheit zu sein. Ich muss schauen, dass ich den Parkplan weiterbringe. Das Stilfserjoch ist nicht meine primäre Aufgabe. Wir haben allerdings auch Kontakte mit Graubünden. Graubünden hat signalisiert, dass es in einem zweiten Moment sehr wohl Interesse an einer Zusammenarbeit am Stilfserjoch hat.

Vinschgerwind: Themenwechsel. Und nun kommen wir auf Ihre Aussagen zur Frage, ob Sie heuer beruhigt in den Urlaub fahren. Mit 1. Juli tritt das neue Gesetz für Raum und Landschaft in Kraft. In den Gemeinden, in den Bauämtern sagt man, dass viele Instrumente noch fehlen.
Maria Kuenzer: Ich bin überzeugt, dass die Erfahrungswerte, die die Gemeinden natürlich noch nicht haben können, in den nächsten 5 bis 10 Jahren angesammelt werden müssen. Auch beim bisherigen Raumordnungsgesetz hat man immer wieder Anpassungen vornehmen müssen. Warum ich so beruhigt bin? Wir haben entschieden, dass wir auf Landesebene zum 1. Juli einen runden Tisch einrichten, an dem Raumplanung, Rechtsvertretung, der Landschaftsschutz, der Gemeindenverband und wir als Ressort vertreten sind. Wenn Fragen aus den Gemeinden kommen, werden diese einmal in der Woche an diesem runden Tisch beantwortet. Fragen und Antworten werden für alle Ämter online zugänglich sein. Der Gemeindenverband wird eine Hotline einrichten, bei der Fragen zu digitalen Bauakten und digitalen Programmen beantwortet werden. Wir geben den Gemeinden diese zwei Stützen mit, um starten zu können. Ich verstehe die Sorgen der Bauämter. Aber diese Sorgen wollen wir abfangen.

Vinschgerwind: Man befürchtet Chaos. Das lässt sich daran festmachen, dass die Bauämter derzeit und bis zum 30. Juni mit Projekten überflutet werden. Offensichtlich wollen Planer und Bauherren vieles noch mit dem bisherigen Gesetz abgewickelt haben.
Maria Kuenzer: Es entsteht der Eindruck, dass im Bauwesen nach dem 1. Juli Weltuntergang ist. Das stimmt einfach nicht. Es soll sich die Verdichtung der Dörfer angeschaut werden, der verbaute Ortskern definiert werden. Außerhalb der verbauten Ortskerne - und das ist das Wichtigste im Gesetz - wird es mit der Verbauung schwieriger.

Vinschgerwind: Das Gesetz selbst bzw. die Ausrichtung des neuen Landesgesetzes wird nicht sonderlich kritisiert. Kritisiert wird das mangelnde Instrumentarium der Handhabe.
Maria Kuenzer: Vor einigen Wochen haben wir die Architekten und die freiberuflichen Techniker darauf hingewiesen, dass auf unserer Internetseite die bisherigen Durchführungsbestimmungen veröffentlicht sind. Man hat kritisiert, dass man nicht vorbereitet sei, dass die Durchführungsverordnungen fehlten. Zum Teil war die Kritik berechtigt. Aber: Die digitale Bauakte ist Gesetz des Staates und keine Erfindung Südtirols. Der Vorwurf ist auch, dass die Prozedur verwaltungsmäßig viel aufwändiger als bisher ist. Das muss ich so stehen lassen. Aber das Ganze wird auch transparenter sein.

Vinschgerwind: Man ist nicht vorbereitet. Das ist der Tenor der Kritik. Sie als Landesrätin und Ihr Amt für Raumplanung werden sich einen Teil dieser Kritik gefallen lassen müssen. Aber auch der Gemeindenverband und auch die Techniker haben wenig zur Vorbereitung beigetragen.
Maria Kuenzer: Diese Mitverantwortung kann ich schon teilen. Was wir versäumt haben, ist sicherlich die Kommunikation. Wir haben zu wenig Rundschreiben an die Gemeinden verschickt, wir haben zu wenig Austausch mit der Architektenkammer gehabt. Der Architekt Paul Senoner hat mir berichtet, dass zwei Drittel der Architekten für die Einführung des Gesetzes am 1. Juli ist und ein Drittel dagegen. Senoner hat die Siedlungsabgrenzung und das Entwicklungskonzept in der Pilotgemeinde Klausen mitbegleitet. Senoner sagt, dass das neue Gesetz der Gemeinde Zuständigkeit und Verantwortung bringt. Es liege an der Gemeinde und an der Bevölkerung dies anzunehmen. Das Gesetz ist also viel mehr als die Frage, was an Bauten kann wo und wieviel realisiert werden. Die Angst von einzelnen Bauwerbern mag legitim sein. Die Angst von Seiten der Architekten und der Techniker ist weniger legitim. Ich habe den Technikern gesagt, dass dieses Gesetz weniger ein Gesetz für Projekte ist, sondern viel mehr ein Gesetz, mit dem effektiv geplant wird - mit dem Mobilitätsplan, Ensembleschutzplan usw.
Vinschgerwind: Hat man in den Gemeinden Angst vor der eigenen Verantwortung?
Maria Kuenzer: Man wird etwas unsicher. Man wollte ja immer mehr Zuständigkeiten in der Gemeinde. Nun muss die Diskussion in den Gemeinden stattfinden. Gemeinden, die klug sind, werden den Entwicklungsplan gemeinsam mit den Bürgern erstellen. Damit die Bürger wissen, wohin die Reise geht. Und zwar die gemeinsame Reise.
Vinschgerwind: Gehen Sie trotzdem beruhigt in den Urlaub?
Maria Kuenzer: Ja, natürlich.
Interview: Erwin Bernhart

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