Aus dem Gerichtssaal - Wir hatten in dieser Rubrik ja schön öfters Gelegenheit, auf die Unberechenbarkeit der Justiz hinzuweisen. Nicht von ungefähr war für die Römer die Göttin mit den verbundenen Augen weiblich, also wankelmütig und launisch. Zu den Lieblingen Justitias zählt zweifellos Josef Thanei aus Tartsch, denn er ging aus verschiedenen Rechtsstreitigkeiten mit der Gemeinde Mals immer als Sieger hervor. Ein erstes Mal im Jahre 2017. Thanei hatte 2008 vom Land Südtirol eine um das Jahr 1940 vom italienischen Militär errichtete Bunkeranlage samt umliegendem Grund erworben. Talseitig am Bunker vorbei verläuft ein Steig, der zum „Mitterwaal“ führt und bei Einheimischen wie Touristen gleichermaßen beliebt ist. Thanei war der Meinung, eine von Dienstbarkeiten unbelastetes Grundstück erworben zu haben, die Gemeinde Mals hingegen berief sich auf ein seit Menschengedenken ausgeübtes Recht des Fußweges zu Gunsten der Allgemeinheit. Im Verfahren vor der Außenstelle Schlanders obsiegte die Gemeinde Mals. In der Berufung erinnerte sich die Göttin Justitia jedoch ihres Lieblings und stellte die Entscheidung auf den Kopf: Das von Thanei erworbene Grundstück war bis zum Jahre 1998 Militärareal, als solches mit einer klaren Zweckbestimmung, nämlich der Landesverteidigung dienend. Und gegen diese Widmung als militärische Anlage war keine Ersitzung möglich. Nach der Umwidmung im Jahre 1998 war noch keine zwanzigjährige Ersitzung angereift. Deswegen Schluss mit Durchgang! Unter dem Eindruck der Niederlage vor der Ordentlichen Gerichtsbarkeit schwenkte die Gemeinde Mals um. Sie besann sich darauf, dass der Fußweg im Bereich von Thanei’s Bunker im Bauleitplan als Verkehrsfläche ausgewiesen war und leitete das Verfahren zu dessen ordentlicher Enteignung ein. Auch gegen diese Maßnahme leistete Thanei Widerstand, diesmal durch Rekurs an das Verwaltungsgericht in Bozen. Und auch vor diesem Gericht hatte er „gute Karten“. Er konnte nämlich geltend machen, dass sich die Gemeinde im Enteignungsbeschluss auf den geltenden Bauleitplan berief, in welchem der umstrittene Steig sehr wohl als Fußweg eingetragen war. Allerdings stammte diese Widmung bereits aus dem Bauleitplan des Jahres 2005 und war inzwischen verfallen, da die Gemeinde nicht innerhalb von 10 Jahren die Enteignung vorgenommen hatte. Eine stillschweigende Verlängerung der Bindung wäre einer „kalten“ Enteignung gleichgekommen. Dieser Auffassung schloss sich unlängst auch das Verwaltungsgericht an. Thanei ist also nicht nur Justitias Liebling, auf ihn trifft auch der altrömische Grundsatz zu, wonach „vigilantibus non dormientibus jura succurrunt“, also das Recht auf der Seite der Wachsamen und nicht der Träumenden ist!
Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt
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