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Langtaufers/Bozen - Seit einigen Sommern, wenn die Landesregierung eine Prioritätenliste für die Sanierung von Schutzhütten beschließt, fällt auf, dass der Neubau der Weißkugelhütte außen vor ist. Sieht man sich das jährlich beschlossene Hochbauprogramm des Landes genauer an, ist der Neubau der Weißkugelhütte von einem warmen zu einem heißen Eisen geworden.

von Erwin Bernhart

Der Gemeinderat von Graun hat jüngst beschlossen, Geld für eine Wasserleitung zu einer noch nicht gebauten Schutzhütte bereitstellen zu wollen. Dies ist höchst ungewöhnlich, zumal Schutzhütten in Landesbesitz sind und auch vom Vermögensamt verwaltet werden. Es geht um die Weißkugelhütte.
Der ungewöhnliche Schritt des Gemeinderates wird noch ungewöhnlicher, wenn man sich die Landesprogramme für die Durchführung von Hochbauarbeiten anschaut. Denn die Landesregierung hat im April 2019 im Beschluss für die Hochbauarbeiten 2018-2020 den Neubau der Weißkugelhütte ganz nach hinten katapultiert. Erst für das Jahr 2023 sind die für den Neubau notwendigen 2,3 Millionen Euro vorgesehen.
Schaut man sich die Hochbauprogrammierung der vergangenen Jahre an, kann es durchaus sein, dass der Neubau im hintersten Langtauferertal noch weiter nach hinten rückt. Die Landesregierung spielt - auf dem Papier zumindest - auf Zeit.
Die ganze Geschichte ist heikel. Nachdem mehrere Schutzhütten vom Staat auf das Land im Jahr 2011 übertragen worden sind, hat man den Zustand der Hütten auf Herz und Nieren geprüft. Der Zustand von drei Hütten wurde als nicht sanierbar eingestuft, also Abriss und Neubau. Die Edelrauthütte, die Schwarzensteinhütte und die Weißkugelhütte in Langtaufers waren diese drei Hütten. Die Edelrauthütte und die Schwarzensteinhütte sind längst neu gebaut. Die Weißkugelhütte eben nicht.
s7 11962014, erinnert sich Peter Eller, damals Gemeindereferent aus Langtaufers, habe man sich auf den bisherigen Standort geeinigt. Gemeindevertreter, Fraktionsvertreter und Landesvertreter waren, so Eller, bei diesem Gespräch zugegen und guten Mutes.
Gleicht man 2014 mit dem damaligen Hochbauprogramm des Landes ab, dürften auch im Vermögensamt und in der Landesregierung die Lichter auf Grün gestellt gewesen sein. Im Landesregierungsbeschluss am 8. Juli 2014, also vor 5 Jahren, waren Geldmittel im Hochbauprogramm für den Neubau der Weißkugelhütte vorgesehen, für das Jahr 2015 200.000 Euro und für das Jahr 2016 1,7 Millionen Euro. Der Neubau war auf Schiene.
Auch noch zu Beginn des Jahres 2015 dürfte man in Bozen der Überzeugung gewesen sein, dass am bisherigen Standort keine Zweifel bestanden, denn das Bautenprogramm wurde mit Beschluss der Landesregierung am 31. März 2015 quasi fortgeschrieben. 199.000 Euro waren für den Neubau der Weißkugelhütte für das Jahr 2015 vorgesehen, rund 1,7 Millionen Eruo für 2016 und 400.000 Euro für 2017.
Die Diskussionen im Oberland nahmen gleichzeitig Fahrt auf und an Schärfe zu. Denn nicht allen in Langtaufers gefiel der bisherige Standort. Und nach den Gemeideratswahlen 2015 - der bisherige Referent Peter Eller bleibt bei den internen Vorwahlen auf der Strecke und dafür kommt für Langtaufers Sepp Thöni in den Ausschuss - geriet der bisherige Standort der Weißkugelhütte im Oberland ins Wanken, bis schließlich ein neuer Standort am „Bergl“, also auf der orografisch linken Talseite, offensichtlich mehrheitlich das Rennen in manchen Köpfen gemacht hat.

Dieser Wandel im Oberland bringt allerdings die Landesverwaltung in einige Schwierigkeiten. Der Wettbewerb für den Neubau war schließlich auf den bisherigen Standort ausgelobt, der Wettbewerbssieger, das Planungsbüro Klotzner und Höller, hatte auf den vorgegebenen Standort geplant. Das war 2012, das Geld für den Planungswettbewerb war ausgegeben. Man hatte in der Landesverwaltung rund 370.000 Euro gebucht. Was tun mit den widerborstigen Langtauferern, ohne sich dabei die Finger verbrennen zu müssen?
In der Landesregierung beginnt man, den Bau der Weißkugelhütte zu verschieben. Für das Hochbautenprogramm von 2016-2018 wurde im April 2016 beschlossen, für 2017 50.000, für 2018 die rund 1,7 Millionen und für das Jahr 2019 600.000 Euro zur Verfügung zu stellen.
Derweil lässt sich die Gemeinde Graun Gutachten erstellen, um den neuen Standort damit abzusichern - ein Lawinengutachten für den bisherigen Standort besagt, dass die 1892-93 von der Sektion Frankfurt am Main des DÖAV erbaute und bislang von keiner Lawine erfasste Hütte in einem Lawinenkegel liege. Allerdings wurde im Gutachten weit über eine Jahrhundertlawine hinausgegangen. Der bisherige Standort war somit angepatzt. Gleichzeitig ließ sich die Gemeinde Gutachten für den neuen Standort am „Bergl“ erstellen. Das Lawinengutachten war positiv, ein Gutachten von den Berg- und Skiführern befürwortete den neuen Standort und auch der AVS sprach sich, laut BM Heinrich Noggler, für den Standort am „Bergl“ aus.
Die Schwierigkeiten für die Landesverwaltung und der Unmut in Bozen dürften damit nicht kleiner sondern größer geworden sein. Im Vermögensamt, welches auch die Weißkugelhütte als Landesvermögen zu verwalten hat, ist man höchst verwundert über das Umschwenken in der Gemeinde Graun. In mehrfacher Hinsicht. Dort wird das Lawinengutachten für den derzeitigen Standort mit einem großen Fragezeichen versehen. Dort sagt man, dass vom aktuellen Standort aus viele Touren möglich seien, mehr jedenfalls als es für den neuen Standort der Fall sei. Dass beim alten Standort Wasser und Strom bereits zur Verfügung stünden. Auch das Ansinnen, dass die Fraktion Langtaufers mit der Übernahme der alten Hütte eine Konkurrenzsituation schaffen würde, geht für das Vermögensamt auf keine Kuhhaut.
Zum Ausdruck kommt das Unbehagen auch im Beschluss der Landesregierung im März 2017. Bei der Durchführung der Hochbauarbeiten wurde die Weißkugelhütte zurückgestuft. 2,33 Millionen Euro wurden für das Jahr 2022 vorgesehen. Der Neubau der Weißkugelhütte rückt in weiter Ferne. Das Hinauszögern des Neubaues hat in Langtaufers und in der Gemeinde Graun kaum ein Wimpernzucken ausgelöst. Man hatte sich auf einen neuen Standort versteift. Sturheit gibt von nun an den Ton an. Zwar gibt es diesen Traum einer neuen Weißkugelhütte, die auch den Tourismus ankurbeln könnte, auch den Traum, dass sich die Fraktion Langtaufers auf den bestehenden Standort die bestehende Hütte einverleiben, etwas umbauen und eine Art Buschenschank machen könnte. Ein Doppelschlag, ein Clou, meint man in Langtaufers. Aber Feuer unterm Arsch für einen zügigen Neubau ist dies keines.

Der Versuch eines Weckrufes kam jeden Sommer im Vinschgerwind. Ausgelöst unter anderem von der Verzögerung des Neubaues in der Landesregierung. Derweil sind nicht nur die Schwarzensteinhütte und die Edelrauthütte neu gebaut und beide Hütten erfreuen sich größter Beliebtheit, sondern auch diverse Sanierungsmaßnahmen auf vielen anderen Hütten abgeschlossen oder in die Wege geleitet (sh. Vinschgerwind 14/2019 „Und die Weißkugel-Hütte?“).
Im Mai 2018 schreibt der Grauner BM Heinrich Noggler einen Brief an LH Arno Kompatscher. Darin heißt es unter anderem: „Die Gemeindeverwaltung befürwortet aus den vom 16.01.2017 dargelegten Gründen eine Verlegung auf den neuen Standort „Bergl“ auf der orographisch linken Talseite, um die neue Schutzhütte auch im Winter zugänglich zu machen und die Wirtschaftlichkeit der Hüttenbewirtschaftung somit zu verbessern. Wir weisen deshalb darauf hin, dass der Neubau der Weißkugelhütte somit auch als Winterhütte geplant werden muss. Die Gemeindeverwaltung spricht sich grundsätzlich auch dafür aus, dass die „alte Weißkugelhütte“ der Eigenverwaltung BNR Langtaufers, übertragen wird, so wie dies von Anfang an in den diversen Gesprächen immer wieder kommuniziert wurde. Die Eigenverwaltung BNR Langtaufers wird ihrerseits der Landesverwaltung genügend Grund und Boden auf dem neuen Standort „Bergl“ zur Verfügung stellen, damit dort die neue Weißkugelhütte gebaut werden kann. Ich bitte somit die Landesregierung die dafür notwendigen Beschlüsse und Ausschreibungen zu tätigen, damit keine weitere wertvolle Zeit verloren geht und einem Neubau auf dem neuen Standort „Bergl“ nichts mehr im Wege steht.“

BM Noggler sagt zum Vinschgerwind, dass das Architekurbüro versprochen habe, die Umplanung für eine Wintersicherheit für einen kleinen Aufpreis vorzunehmen. Noggler findet, dass man die Sache oft zu viel zerreden würde. „Uns wurde zugesichert, dass es weitergeht.“ Die Gemeinde Graun wurde aufgefordert, einen Beitrag für den Neubau zu leisten, auch wegen der Rechtfertigung der Mehrkosten. Tatsächlich existiert ein Beschluss-Protokoll, in dem die Gemeinde Graun sämtliche Mehrkosten zu übernehmen habe, wenn die Hütte auf dem neuen Standort gebaut werden sollte. Mit dem Gemeinderatsbeschluss, Geld für die Wasserleitung zur Verfügung zu stellen, sei man dieser Aufforderung zu einem Teil nachgekommen. Auch die Fraktion Langtaufers habe, so Noggler, mittlerweile den Beschluss gefasst, in dem der Grundtausch mit dem Land angegangen werden solle. Ein Stück „Bergl“ für das Land gegen den Grund, auf dem die alte Weißkugelhütte steht, für die Fraktion Langtaufers. Toni Zanini, der Fraktionsvorsteher von Langtaufers, bestätigt diesen Beschluss.
Die Landesregierung zeigt sich von den Zuckungen im Oberland offensichtlich unbeeindruckt. Denn am 30. April 2019 beschließt sie die Programme für die Durchführung der Hochbauarbeiten 2018-2010. Die Weißkugelhütte kommt dort vor. 2,3 Millionen Euro. Für das Jahr 2023.
„Und die Weißkugel-Hütte?“, die Frage bleibt also offen. Vielleicht muss man im Oberland tabula rasa machen und zurück auf Los?

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