Hier, im Göflaner Schallerhof, wurde mit den vielen Kindern im Sommer gelebt, hierher kam der politisch engagierte Ehemann immer zurück, wenn er Kraft schöpfen wollte. Hier fand er Geselligkeit, Erholung, Verständnis, lange Zeit auch breite Zustimmung für seine politische Linie. Bis er ausschwenkten, neue Wege aufzuweisen begann, sich plötzlich als Außenseiter wiederfand und von der Partei isoliert wurde.
Diesen Weg hat Hans Karl Peterlini in seinem Buch über den Politiker „Hans Dietl - Biografie eines Südtiroler Vordenkers und Rebellen, mit Auszügen aus seinen Tagebüchern“ (Raetia Verlag Bozen 2007) ausführlich dargestellt; darin wird auch sein inniges Familienleben sichtbar.
Es gibt ein Bild, das zeigt den Politiker Hans Dietl beim Kegelspiel im Schnalstal. Dort, im ehemals bescheidenen und soliden Alpengasthof, hatte ich Gelegenheit, mit dem Politiker zu sprechen. Dazu wäre viel zu sagen; ich denke jetzt aber vor allem an seine gescheite und tapfere Frau, die ihren Mann immer ermutigte. Ohne sie hätte er nie den politischen Mut und die Kraft gehabt, gegen den Strom zu schwimmen. Hans Dietls Hauptleistung kann so gesehen werden: Er ist der Vater der Südtiroler Autonomie, die er gegen den Widerstand der Trentiner und vieler Südtiroler Parteigenossen durchsetzte; das „Los von Trient“ ist seine Leistung. Er ist aber auch ein Vordenker, was das Zusammenleben der Volksgruppen betrifft. Er hat mit viel Arbeitseinsatz und finanziellen Opfern (und wenig Gegenliebe durch die Partei) eine italienischsprachige Zeitschrift herausgebracht -Realtá sudtirolese-, in der erstmals den Italienern die Vorteile der Autonomie für alle erklärt werden konnten. Diese Politik wird erst jetzt in ihrer Weitsicht erkannt. Er war schon sehr früh davon überzeugt, dass Südtirol eine Parteien- und Medienvielfalt braucht.
Und hinter all dem steht seine Frau Martha, vor allem durch ihre herzliche Großzügigkeit. Die Vielfalt der Begabung ihrer Kinder, die zahlreich gebotenen Anregungen, die in unseren Breiten keineswegs selbstverständliche Toleranz, all das hat mit dieser Frau zu tun. Sie, die Boznerin, hat in jeder Hinsicht mitgespielt hat, nicht nur politisch, auch beim Kegelspiel.
Eine Familie ist kein Kegelspiel. Auch die Politik ist kein Kegelspiel. Trotzdem ist das Spiel, verstanden als Spielraum, eine sehr ernste Sache. Es gibt viele Sagen, die sich mit dem „goldenen Kegelspiel“ befassen; darin ist Spiel mehr als nur Belustigung. In diesen Geschichten wird Schicksal gespielt mit Hinweisen auf Schuld und Sühne. Kegelspiel als Spielraum, als Freiraum. Hans Dietls Wurf traf „alle Neune“. Er hat immer wieder ins Volle getroffen, nicht zuletzt durch die fröhlich aufopferungsvoller Hilfe einer Frau, die hinter ihm stand. Wie hier auf dem Bild mit dem Kegelspiel, dahinter die ruhende Kraft: Seine Frau Martha.
Hans Wielander