Sie haben die Landschaft, aber auch die Lebens- und Arbeitsweise über Jahrhunderte geprägt. Deshalb sollen sie als Weltkulturerbe unter Schutz gestellt, ganz oder teilweise erhalten werden. Dies meinten Christian Leibundgut, Hydrologe und emeritierter Professor aus Freiburg und seine Mitautorin Ingeborg Vonderstrass bei einer Buchvorstellung in der Schlandersburg. Christian Leibundgut beschäftigt sich seit 40 Jahren mit den Bewässerungssystemen in Europa. Nun haben beide ein zweibändiges Werk mit dem Titel „Traditionelle Bewässerung – ein Kulturerbe Europas“ mit insgesamt 700 Seiten vorgelegt. 130 Gebiete mit traditioneller Bewässerung haben sie in Europa ausfindig gemacht, rund 50 davon sind ausführlich dokumentiert, darunter auch der Vinschgau. In historischen Zeiten soll es in ganz Südtirol mehrere Tausend Bewässerungskanäle gegeben haben. 1935 gab es noch 380 Waale mit einer Gesamtlänge von 1.000 km, davon 235 allein im Vinschgau. In den letzten Jahrzehnten wurden Beregnungsanlagen gebaut und viele Waale aufgelassen. Die beiden Autoren erzählten über die Bewässerungstechnik, die Landschaftsgestaltung durch die Waale, das soziale Netzwerk und das Rechtssystem. Nicht nur zur Bewässerung, sondern auch zur Düngung und zur Bodenverbesserung dient das Waalsystem, ebenso zur Hangstabilisierung, zum Hochwasser- und Erosionsschutz. Im Obervinschgau gibt es noch mehrere Waale, die nicht nur touristisch, sondern auch von der Landwirtschaft genützt werden und einen großen ökologischen Wert haben. Gottfried Niedermaier, der Geschäftsführer des Bonifizierungskonsortiums meinte in der Diskussion, dass nach EU-Richtlinien das Wassersparen an erster Stelle steht und nicht der ökologische Wert eines Waalsystems. Auch für die Landwirtschaft ist es sehr arbeitsintensiv. Nach den Buchautoren haben Waale einen kulturhistorischen Wert und gehören zur Identität einer Landschaft. (hzg)