Das Marteller Paar
In Hintermartell hat das dortige Bartgeierpaar im Jahr 2015 seinen ersten Jungvogel erbrütet und erfolgreich zum Ausfliegen gebracht. Im vorigen Jahr 2016 hat das Paar sein zweites Junges erfolgreich aufgezogen. Und im heurigen Jahr ziehen die Marteller Bartgeier nach der winterlichen Eiablage ihren dritten Jungvogel auf, der, so hoffen wir und freuen uns, ebenfalls bald flügge wird. Damit gehört das Marteller Geierpaar zu den erfolgreichen und effizienten Brütern, das auf Anhieb und ohne Fehlversuche Jungvögel großzieht und somit zur Stabilisierung der Bartgeierpopulation in den Alpen beiträgt seit dem Beginn des Wiederansiedlungsprojektes im Jahre 1986. Zur Erinnerung: Der Bartgeier war in den Alpen in den 1930er-Jahren vom Menschen ausgerottet worden. Erst elf Jahre nach der ersten Freilassung von Junggeiern aus Zoozuchten war es im Jahre 1997 wieder zur ersten Freilandbrut in den Alpen gekommen.
Das Trafoier Paar
Erfreulicherweise hat sich auch im Trafoital ein weiteres Bartgeier-Paar gebildet und ein Brutterritorium bezogen. Das Paar ist im heurigen Spätwinter zur Eiablage geschritten, der Jungvogel ist geschlüpft und wächst derzeit im Horst heran. Die Trafoier Brut ist der wiederholte Beweis für die gute Eignung unserer Gebirgstäler als Lebensraum für die Bartgeier: Das Gebiet um den Ortler-Cevedale-Stock ist neben den Französischen Seealpen zu einem Zentrum der Bartgeier-Geburten aus Naturbruten geworden. Wir glauben, dass die steilen Berge und die hohe Zahl von Fallwild zwei Gründe für die hohe Dichte der Bartgeier in unserem Gebiet sind. An den steilen bis senkrechten Felswänden bilden sich in der Mittagsthermik starke Aufwinde, welche den mühelosen Segelflug der gewandten Gleiter begünstigen. Und das gute Nahrungsangebot aus verendeten Huftieren unter den Wildtieren oder verunfallten Haustieren aus der noch hohen Zahl der gesömmerten Nutztiere garantieren ein gutes Nahrungsangebot und den Bruterfolg. Bekanntlich ist der Bartgeier als Aasfresser das letzte Glied der Nahrungskette. Dort wo andere Tiere kein verwertbares Fressen aus Tierkadavern finden, löst der Bartgeier mit seiner aggressiven und scharfen Magensäure die Kalksubstanz der Röhrenknochen von Tierskeletten auf und erschließt sich das eiweiß- und fettreiche Knochenmark als Nahrung.
Sympathieträger
Die Bartgeier sind inzwischen zu Sympathieträgern für unseren Nationalpark und andere Schutzgebiete im Alpenbogen geworden. Die Grundschüler von Stilfs und Sulden haben für den Trafoier Junggeier 2017 den Namen Bergl ausgewählt und bei ihrem diesjährigen Baumfest am 23. Mai mit ihren Lehrern und den Nationalpark-Förstern benannt.
Die Bartgeier-Population im gesamten Alpenbogen wird derzeit auf ca. 240 Tiere geschätzt. Im Zeitraum 1997-2015 sind in den Alpen insgesamt 148 Junggeier aus Naturbruten flügge geworden.
Wildtier-Beobachtungen: Bartgeier lernen fliegen
Weil ornithologisch Interessierte und respektvolle Naturfreunde am Erfolg des Wiederansiedlungsprojektes beteiligt werden und fachliche Informationen erhalten sollen, bietet das Südtiroler Amt für den Nationalpark Stilfserjoch in Glurns geführte Exkursionen zur Beobachtung der Bartgeier aus sicherer Entfernung vom Bruthorst an. Die Wanderungen erfolgen in Begleitung durch die Förster des Nationalparks und zwar an folgenden Tagen:
Im Martelltal:
Jeden Dienstag vom 6. Juni bis 4. Juli
Treffpunkt: Beim Infopoint bei der Bushaltestelle am letzten Parkplatz in Hintermartell jeweils um 15.00 Uhr. Dauer: Ca. 2 Stunden.
In Trafoi:
Jeden Mittwoch vom 7. Juni bis 5. Juli
Treffpunkt: Nationalparkhaus naturatrafoi jeweils um 14.30 Uhr.
Dauer: Ebenfalls ca. 2 Stunden.
Richtigstellung:
In der Nummer 9/2017 des „Der Vinschger Wind“ vom 4. Mai d.J. habe ich in meinem Beitrag „Wassermangel durch Klimawandel?!“ das Hauptbild zum Gletscherschund falsch untertitelt. Ich habe es fälschlicherweise als Ausblick vom Cevedale-Gipfel bezeichnet. In Wirklichkeit zeigt das Foto den Ausblick von der Weißkugel auf den Gepatschferner, aufgenommen in den 1990er-Jahren. Der Langtauferer Bergführer Josef Plangger hat mich dankenswerter Weise auf den Fehler aufmerksam gemacht. Nach meiner Tour mit Bergfreunden hatte ich seinerzeit das Foto aus Zeitgründen nur provisorisch archiviert. Und in der langen zeitlichen Distanz bis zum Zeitungsbeitrag 2017 hat mich das Erinnerungsvermögen im Stich gelassen. Die aufmerksame Lektüre meines Beitrages und die Begleitung durch die Leser freut mich. Ich danke Josef Plangger für den Hinweis. Die Leserinnen und Leser ersuche ich um Nachsicht.
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