Einmal war ihm eines so ans Herz gewachsen, dass es ihm beim Abschied sogar den Appetit verschlug. Alle glaubten, er sei krank. Denn eine Pfanne voller Polenta mit viel Marillenmarmelade oder 15 Knödel pro Mahlzeit sind für ihn nichts Ungewöhnliches. „Wenn i norr denkt honn, dass i deis Katzl in Himml wiedrsiich, ischas miar obr bessr gongan“, erklärt er. Luis glaubt fest an den Himmel und ist überzeugt, dass dieser nicht nur den gläubigen Menschen offen steht, sondern auch den Tieren. Unt in dr oan Welt gib’s aa nicht s mea z’leidn“. Luis ist sehr gottesfürchtig. Den Besuch der Sonntagsmesse sieht er als Verpflichtung. „Ma muaß Kirchn gean, unt viel betn“, betont er. „Obr drnoch in Goschthaus gea i nia“. Tagtäglich ist Luis bei irgendeiner Arbeit anzutreffen, beim Ausmisten oder beim Füttern im Stall, beim „Kentel-binden“ oder beim Korbflicken in der Scheune. Geprägt von den Notzeiten in seiner Kindheit, flickt er alles was kaputt ist, auch seine zerschlissenen Handschuhe, die die Jungbäuerin Manuela längst wegwerfen wollte. Die Neuen spart er sich auf. In der warmen Jahreszeit zieht Luis mit der Sense regelmäßig seine Runden durchs Dorf. Er plaudert mit den Leuten, mäht Böschungen, in Vorgärten..., und sammelt alle Gräser ein, die sonst stehen bleiben würden. So hat er es auf dem heimatlichen Hof in Taufers i. M. gelernt, wo fast jährlich die Heu-Not herrschte.
Als zweitjüngstes Kind einer zehnköpfigen Familie erlebte Luis dort eine karge Kindheit, geprägt von Unterwürfigkeit und oft auch von Ausgrenzung. Im Alter von sechs Jahren schränkten ihn plötzlich Gehschwierigkeiten ein. Klosterfrauen, die im Ort als Krankenschwestern wirkten, nahmen sich seiner an und halfen ihm wieder auf die Beine. Der Schulbesuch fiel ihm schwer. „I bin nit gorasou gscheit gweesn“, meint er. „Unt di Potzen hoobm fescht wea toun.“ Die Schule beendete er ohne Abschluss. Regelmäßig begleitete er seinen Vater, der Hirte war. Luis war meist Zuhirte für andere Bauern. Er genoss es, „af Koscht“ zu gehen und freute sich über die reichliche Verpflegung im Rucksack.
Mit 14 Jahren kam er als „Hütbub“ zum „Andre Michl“ nach Lichtenberg. Das Heimweh plagte ihn. So gut es ging, bemühte er sich, die Kühe in den Auen im Zaum zu halten. Als sie ihm einmal in eine angrenzende Wiese entwischten, war er verzweifelt, denn der Besitzer polterte und drohte sogar mit Pfändung. Luis wurde oft gehänselt, was ihn sehr kränkte. Seinen nächsten Dienst trat er auf „Blasegg“ am Lichtenberger Berg an. Beim „Wassern“ entging er dort nur knapp einer Mure. „Pan unter Wasser stean isch a Fuchs a poor Zentimeter nebm miar oigschnöllt“, beschreibt er. Er hatte Glück und konnte dieses Glück dann an die kleine Tochter des Hauses weitergeben. Nachdem deren Kleider beim Zündeln Feuer gefangen hatten, schritt Alois beherzt ein, löschte die Flammen mit bloßen Händen und rettete ihr das Leben. „Dia bring miar heint olm nou eppas“, freut er sich. Bei der Musterung kam Alois erstmals nach Bozen. Er verstand kaum ein Wort Italienisch, fühlte sich unwohl, hilflos und war heilfroh, dass man ihn vom Militärdienst befreite. Am 2. März 1965 zog Luis in den Hof am Schloss. „Di Fani hot an Knecht braucht, weil dr Monn a Kriagsverletzung kopp hot“, erklärt er. Luis packte an, wo er gebraucht wurde. Um die Maschinen machte er jedoch einen großen Bogen. Beim Kauf jeder neuen Maschine sorgte er sich um seinen Arbeitsplatz. Mittlerweile hat er davor keine Angst mehr. „I hon olm eppas ummer z’stirgn…. unt orbatn tua i gearn“, meint er. „Weil liegn konn i nor afn Friethof.”
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