Wohlriechende Handwurz (Gymnadenia odoratissima)
Die Wohlriechende Handwurz hat eine verfeinerte Bestäubungsstrategie entwickelt: Sie lockt die Bestäuber mit einem betörenden Duftbukett. Das Kombinat der Duftstoffe der Wohlriechenden Handwurz haben vor einigen Jahren Florian Schiestl und seine Mitarbeiter vom Institut für Systematische Botanik der Universität Zürich mit Hilfe der Gaschromatographie entschlüsselt. Die Schweizer Wissenschaftler stellten fest, dass der Gesamtduft dieser einheimischen Orchidee aus 44 verschiedenen Substanzen aufgebaut ist. Die Handwurz wird von Schmetterlingen bestäubt. Aus allen 44 Duftsubstanzen konnten die Naturkundler mit elektrophysiologischen Messungen an den Fühlern der bestäubenden Schmetterlinge jene 7 Duftstoffe isolieren, welche für die Anlockung der Schmetterlinge als Bestäuber relevant sind. Lediglich 7 der 44 Substanzen führen bei den Schmetterlingen zu Nervenimpulsen. Warum aber produziert die Orchidee dann so viele weitere Duftsubstanzen, wo die Natur doch keinen Luxus betreibt? Nun, man weiß auch, dass verschiedene Duftstoffe bei Pflanzen auch der Schädlingsabwehr dienen.
Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera)
Der wissenschaftliche Name setzt sich aus dem griechischen „ophrys“ (Augenbrauen) und dem lateinischen“insectifer“ (Kerbtier tragend) zusammen. Die Fliegen-Ragwurz hat eine weitere, sehr spezielle Methode der Bestäubung hervorgebracht: Sie ahmt in ihren Blütenblättern einen Insektenkörper nach, der männliche Insekten in die „Sexfalle“ lockt. Bei dieser Blütenform handelt es sich um eine Insektentäuschblume: Nektar fehlt den Ophrys-Blüten als Lockmittel, dafür wird den Insketen-Männchen ein anbohrbares Gewebe angeboten. Die hier abgebildete Blüte ist in der Realität ca. 8 Millimeter lang. Die Fernanlockung durch die Form der Blütenausbildung wird noch verfeinert durch das Verströmen des weiblichen Sexualhormons bestimmter Arten von Grabwespen für die Nahanlockung. Die so verführten Männchen von Grabwespen führen auf der Orchideenblüte Begattungsbewegungen aus, wobei die Pollinien übertragen und die Blüten bestäubt werden. Bei den bestäubenden Grabwespen schlüpfen die Männchen früher als die Weibchen und die Fliegen-Ragwurz setzt ihre Bestäubung vor dem Schlupf der Wespenweibchen, zieht damit die Männchen auf sich und erhöht den Bestäubungserfolg. Nach dem Schlupf der Wespenweibchen verströmt die Orchidee keine Wespen-Sexualhormone mehr. Können Sie sich eine ausgefeiltere Anpassung zwischen Blüte und deren Bestäubern vorstellen? Im Laufe der Evolution haben Pflanzen immer wieder und immer neue beeindruckende und faszinierende Anpassungen hervorgebracht.
Die Fliegen-Ragwurz ist ein sogenannter Knollengeophyt mit zwei unterirdischen, eirunden Knollen als winterliches Überdauerungsorgan. Die Fliegen-Ragwurz ist auch ein Beispiel für eine sogenannte Mykorrhiza, die bei Orchideen häufig vorkommt. Pflanzen sind mit Pilzen in einer Symbiose vergesellschaftet. Wie bei vielen anderen Orchideen-Arten beginnt die Pflanze ihre Entwicklung zunächst unterirdisch, indem sie auf dem Pilz parasitiert und erst nach Jahren bildet sie blühfähige Sprosse aus.
Frauenschuh (Cypripedium calceolus)
Der Frauenschuh ist eine sogenannte Kesselfallenblume. Zur Anlockung der Bestäubungsinsekten setzt diese Wildorchidee die gelbe Farbe und einen aprikosenähnlichen Duft ein. Die Unterlippe der Blüte hat eine Pantoffelform mit einem Loch an der Basis. Der Frauenschuh wird vor allem von Sandbienen bestäubt. Die Insekten fallen dabei durch das Loch an der Labellumbasis in den Kessel oder dringen aktiv in diesen ein. Der rutschige und glänzige Rand des Kessels mit seinem Ölüberzug verhindert den Ausstieg. Der einzige Weg aus der Kesselfalle geht über den Kesselapparat hinweg und führt über zwei saftige Haartreppen nach draußen. Die Haartreppen sind durch lichtdurchlässige Stellen in der hinteren Pantoffelwand markiert. Auf diese Weise wird zuerst die Narbe und dann zumindest eine der beiden klebrigen Pollenmassen berührt. Der Frauenschuh ist zur Selbstbestäubung nicht in der Lage. Für einen erfolgreichen Fruchtansatz müssen daher im Lebensraum des Frauenschuhs auch die Sandbienen vorkommen. Am Fuße des Ortlers kommt der Frauenschuh in den latschenüberwachsenen Schuttkaren auf kalkigem Untergrund vor.
Manchmal lauern Krabbenspinnen im Kessel der Frauenschuh-Blüte und machen diesen dann zu einer tödlichen Falle für die Bestäubungsinsekten.
Was den Namen dieser Orchidee betrifft: Der wissenschaftliche Gattungsname „Cypripedium“ ist griechischen Ursprungs: Kypris ist der Beiname von Aphrodite, der Göttin der Schönheit und der Liebe. Das lateinische Beiwort „calceolus“ im Artnamen bedeutet kleiner Schuh und verweist ebenso wie der deutsche Trivialname auf die schuhförmige Form der Unterlippe in der Blüte.
Zweiblättrige Waldhyazinthe (Platanthera bifolia)
Diese einheimische Wildorchidee wird als Nektarpflanze von Nachtfaltern bestäubt. Ihr abendlich verströmter Duft lockt vor allem Eulenfalter (Noctuidae) und Schwärmer (Sphingidae) an. Diese Falter-Arten können mit ihrem langen Rüssel den Nektar im überlangen Sporn der Orchideenblüte erreichen. Beim Besuch der Blüte führen die Falter den Saugrüssel durch den engen Sporeneingang ein und die Orchidee klebt die Pollenpakete (Pollinien) mit Haftscheiben an die Basis des Falterrüssels . Der Falter überträgt den Pollenstaub beim Besuch der nächsten Blüte auf die Narbe als Teil der weiblichen Orchideenblüte und bestäubt sie somit.