Den besonderen Unterschied macht in diesem Fall mit Sicherheit auch die Autorin Magdalena Maria Messner, Jahrgang 1988, aus. In fast jeder Passage des Werkes spürt man ihren persönlichen Bezug zu ihrer „Heimat“, wie die Tochter von Extrembergsteiger Reinhold Messner im Gespräch selbst sagt. Ihre Augen leuchten, wenn sie von ihren Sommern auf dem Schloss erzählt und welcher wichtige Bezugspunkt es in ihrem durch viele Reisen geprägten Leben ist. Trotzdem behält sie stets den notwendigen wissenschaftlichen Abstand zum Beschriebenen. Und man spürt bei ihrer lebhaften Erzählung, dass die Widmung des Buches ihren Weg für die Zukunft bestimmen wird: „Für all jene, die Schloss Juval zu dem gemacht haben, was es heute ist. Und für diejenigen, die es weiterhin bewahren werden.“ Sie erzählt: „Es ist ein ganz besonderer Ort. Ähnlich hat dies auch Irmela Rowland empfunden, die noch Jahrzehnte unter dem Verlust des Schlosses litt.“ Obwohl der Anlage seit jeher eine starke Anziehungskraft anhaftet, ist dies die erste eigenständige und authentische Monografie zu ihrer Geschichte. Der Hügel Juval ist bereits seit der Jungsteinzeit besiedelt, was Funde belegen. Schalensteine sind heute noch stumme Zeugen dieser prähistorischen Zeit. Die erste urkundliche Erwähnung der Burg als Grenzfeste und Wehrburg stammt aus dem Jahre 1278 mit dem Besitzer Hugo von Montalban. Viele Besitzer folgen bis sie Hans Sinkmoser im Jahre 1540 in einem „ruinösen Zustand“ übernimmt und daraus ein repräsentatives Renaissanceschloss mit prunkvoller Innenausstattung macht. Es folgen 1581 als Besitzer die Grafen von Hendl, die den Besitz 200 Jahre halten, bis sich Anfang des 19. Jahrhunderts die sozialen Verhältnisse radikal ändern und sie den Besitz an Bauern veräußern müssen. Bis zum Jahre 1914 verfällt die Burg mehr und mehr zur Ruine. Hier beginnt der eher unbekannte Teil der Geschichte, der mit Briefen und Tagebucheintragungen aus dem Messner-Archiv eindrücklich untermauert wird: William Robert Rowland tritt auf den Plan. Der Sohn eines Engländers und einer Österreicherin hatte in Sumatra und in Malaysia Kaffee-, Kautschuk- und Tabakplantagen erworben und betätigte sich als freier Autor und Journalist. Entgegen der damals „romantisierenden“ Strömung seiner Zeit lässt er mit Hilfe des Meraner Architekten Adalbert Wietek das Anwesen vorbildlich sanieren. Rowlands Interesse galt aber nicht nur der eigentlichen Burg, sondern er belebte die Landwirtschaft auf dem ganzen Schlosshügel und kaufte den unteren Schlosshof dazu. Per Holzkisten wurden die ersten Äpfel in die ganze Welt verschickt. Bis 1939 beschäftigte er auf seinen Gütern dauerhaft etwa 20 Personen, bis dieser Zustand abrupt beendet wurde: Rowland musste über Nacht das Land verlassen und ließ sich in München nieder. Über die Gründe und über den unmittelbaren Anlass existieren viele Theorien. In den letzten Kriegsjahren nutzt die SS die Burg als Schuh- und Wäschefabrik, in der etwa 40 Gefangene unter katastrophalen Bedingungen ihre Arbeit verrichten muss-ten. Gerade als zehn Gefangene in einer Strafaktion erschossen werden sollen, ist
der Krieg zu Ende. Ihre Peiniger fliehen in
Richtung Norden und eine hemmungslose Plünderung des Schlosses durch die Bevölkerung beginnt. 1954 kauft der Meraner Ingenieur Hans Klotzner die Anlage von Rowlands Witwe, aber eine bereits damals notwendige Instandsetzung unterbleibt und die unbewohnte Burg verfällt zusehends. Fast drei Jahrzehnte später erwirbt Reinhold Messner im Jahre 1983 Juval zunächst als Sommerwohnsitz und saniert es aufwendig. Dies genügt ihm aber nicht, er möchte das Schloss der Öffentlichkeit zugänglich machen. Parallel zur Errichtung des umstrittenen Glasdaches über dem Nordtrakt wird 1996 das erste „Messner Mountain Museum“ eingerichtet. Den Gedanken Rowlands einer gesamthaften nachhaltigen Bewirtschaftung des Hügels mit Landwirtschaft, Obst- und Weinanbau führt der Extrembergsteiger konsequent fort.
Elke Wasmund