LAC-Raiffeisen Präsident Heiner Pohl: Gedanken und Hintergründe - Nach dem glanzvollen Stabhochsprung-Event in Schlanders, bei dem wiederum so viele Menschen die Faszination der Leichtathletik erlebten, fragt man sich, warum diese Sportart etwas Besonderes ist.
Die Leichtathletik ist aufgrund ihrer Einfachheit eine einmalig faszinierende Sportart. Sie besteht aus den Grundbewegungen des Menschen, die ihm seit Urzeiten das Überleben garantierten: LAUFEN – SPRINGEN – WERFEN. Deshalb ist die Leichtathletik die Mutter aller Sportarten, denn Laufen, Springen und Werfen verlangt fast jede andere Sportart auch. Wer in diesen Grundfähigkeiten gut ausgebildet wird, der ist für andere Disziplinen auch geeignet. In der Ursprünglichkeit der leichtathletischen Disziplinen, die seit der Antike kaum verändert wurden, liegt auch der Grund, warum diese Sportart das Herzstück der Olympischen Sommerspiele ist. Die Medaillen im Marathon, 100 Meter-Sprint oder Zehnkampf glänzen mehr als andere Medaillen in anderen Sportarten. Bereits im fernen Jahr 1912 bei den Olympischen Spielen in Stockholm adelte der schwedische König den Sieger im Zehnkampf mit den Worten „Sie sind der König der Athleten“.
Jeder junge Sportbegeisterte wird von der Leichtathletik in den Bann gezogen: das Laufen um die Wette ist vermutlich in den menschlichen Genen tief verankert, aber auch das Weitspringen oder Kugelstoßen um die Wette mit Gleichaltrigen ist Sport pur: Die Stoppuhr oder das Maßband sprechen eine klare Sprache, der Sieger ist rasch ermittelt. Man kann auch die eigenen Fortschritte bestens feststellen, fleißiges Training führt zur besseren Leistung, ein einfaches Prinzip, welches auch für viele andere Lebensbereiche gilt. Ein weiterer besonderer Aspekt der Leichtathletik: Sie ist ein Individualsport. Der Athlet ist – auch wenn er in einer Gruppe trainiert – zuletzt auf sich allein gestellt: beim Start, beim Anlauf, beim Abwurf ist man so allein wie sonst kaum. Auch das ist für viele Momente in anderen Lebenslagen eine gute Schule.
Einen guten Leichtathleten zeichnet – wie in vielen anderen Sportarten auch – seine Zielstrebigkeit und sein Trainingsfleiß aus. Talent ist gegeben, Erfolg ist erarbeitet. Ein Leichtathlet macht im Vergleich zu Mannschaftssportarten mit regelmäßigem Spielkalender wenige Wettkämpfe, dafür muss er das ganze Jahr über hart trainieren. Will der Athlet erfolgreich sein, muss er auf den Punkt genau seine beste Leistung bieten – das verlangt Planung und Ausdauer im Training, Nervenstärke und Willen im Wettkampf.
Um letztlich den Kreis zu schließen und zu den Weltklasse-Stabhochspringern, die jedes Jahr im August nach Schlanders kommen, zurückzukehren, sei folgendes bemerkt: Diese Topathleten haben ein Jahrzehnte langes Training hinter sich, um in wenigen Sekunden den wohl schwierigsten Bewegungsablauf zu zeigen, nämlich das Springen mit einem meterlangen Stab über eine Latte, die sich auf fast 6 Metern über dem Boden befindet. Für den Betrachter ist kaum nachvollziehbar, welche Fähigkeiten dahinter stecken – und doch geht in diesen wenigen Sekunden ein Zauber von den Athleten ins Publikum über. Es sind Bewunderung und Respekt, welche diese großen Athleten mehr schätzen als das Startgeld. Erstere beiden bekommen sie in Schlanders durch das großartige Publikum, Letzteres ist die notwendige Voraussetzung, dass dieses Sportevent stattfinden kann – und dafür ein dickes Lob an alle Sponsoren und freiwilligen Organisatoren.
Heiner Pohl