Dienstag, 20 August 2013 12:00

„Chancen sind relativ“

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s7 4363Politneulinge sind beide nicht. Wurde Roselinde Gunsch-Koch vor 5 Jahren noch durch die damaligen Bezirksvorwahlen ausgebremst, wittert die SVP-Bezirksobfrau diesmal den Hauch einer Chance, in den Landtag gewählt zu werden. Peppi Stecher, Vinschger Bezirkssprecher der Freiheitlichen, der auf seiner Liste die Maradona-Nummer 10 trägt, sieht ebenfalls ein Aufglimmen einer Chance. Welche Ideen bringen beide, auch für den Vinschgau, mit? Womit wollen sie um WählerInnen werben?

 

Vinschgerwind: Sie, Frau Koch, kandidieren für die SVP und Sie, Herr Stecher, für die Freiheitlichen für den Südtiroler Landtag. Wie würden Sie Ihre mögliche Wählerschaft skizzieren?


s6 4347Peppi Stecher: Die Wählerschaft der Freiheitlichen im Allgemeinen, nicht nur die des Vinschgaus, sind die Kritischen, die Unzufriedenen, die mit dem derzeitigen System nicht einverstanden sind.
Roselinde Gunsch-Koch: Meine Wählerschaft sehe ich in erster Linie bei den Frauen. Dies ist auch der Grund, warum ich kandidiere. Es ist an der Zeit, dass eine Frau auf der SVP-Liste im Vinschgau kandidiert. Aber ich möchte auch die Arbeiter und die normalen Leute ansprechen, weil ich der Meinung bin, dass diese auch im Landtag vertreten sein sollen, wie alle anderen auch.

Welche Chancen rechnen Sie sich aus, gewählt zu werden?
Gunsch-Koch: Ich rechne mir durchaus Chancen aus. Ich sage nicht, dass ich gewählt bin. Ich sage aber auch nicht, dass ich gar keine Chance habe, sonst würde ich nicht kandidieren.
Stecher: Chancen sind relativ. Ganz schlecht sehe ich meine Chancen allerdings auch nicht. Wenn man sich die Ergebnisse der Landtagswahlen von 2003 und 2008 anschaut, dann sieht man, dass der Freiheitliche Vinschger Kandidat immer an erster Stelle der Nichtgewählten gewesen ist. Wenn wir allgemein imstande sind, das Potenzial zu vergrößern und die Vinschger auch freiheitliche Vinschger Kandidaten wählen, ist die Wahrscheinlichkeit durchaus da.

Es ist anzunehmen, dass Ihre möglichen Wähler im Vinschgau beheimatet sind. Welche Themen für den Vinschgau schreiben Sie sich auf die Fahnen?
Gunsch-Koch: In erster Linie sind meine Themen Frauenthemen. Wir haben ein Problem, dass wir sehr wenige öffentliche Arbeitsplätze haben. Frauen müssen bei Mutterschaften so oft kündigen und zu Hause bleiben. Und nach der Mutterschaft haben die Frauen Probleme, wieder eine Arbeitsstelle zu finden. Das ist ein großes Thema. Dazu kommen Themen der Jugend und der Abwanderung. Das werden in Zukunft große Themen werden. Meine Themen sind also der Erhalt der Arbeitsplätze, die Ausbildung, auch dass die Jugend nach der Uni zurückkommen kann und qualifizierte Arbeitsplätze vorfindet. Die Perspektiven für die Jugend im Vinschgau also.

Unterscheiden sich Ihre Themen davon?
Stecher: Meine Wähler werden eher aus dem Vinschgau und nicht darüber hinaus kommen. Deswegen sind meine Wahlkampfthemen vinschgauspezifisch. Ich rede da grundsätzlich vom Verkehrsthema - Vinschgau-Straße, Umfahrungen - auch von der Elektrifizierung des Zuges. Ich gebe der Roselinde Recht. Denn die Jugendarbeitslosigkeit wird in nächster Zeit ein wichtiges Thema sein. Dies hat man nicht nur in der letzten Legislaturperiode sträflich vernachlässigt, sondern in den letzten zwei Perioden. Man hat das Thema glagglen gelassen, weil ein Wirtschaftswunder alles überdeckt hat. Irgendwann ist auch bei uns die Krise angelangt, die Musik hat aufgehört zu spielen. Es ist relativ schwierig für junge Leute, die ihr Studium beendet haben, eine geeignete Arbeit im Vinschgau zu finden.
Wie würden Sie diese Themen konkret lösen wollen, die Jugendarbeit etwa?
Stecher: Wenn ich an die Diskussion über die Zusammenlegung der Skigebiete im Oberland denke. Wir haben im Bereich Tourismus noch großes Potenzial, wo sich unsere Leute arbeitsmäßig einbringen können. In der Industrie schaut es schlecht aus, das Handwerk ist irgendwann ausgereizt. Es ist schwierig. Der große Pool, den wir haben, sind die öffentlichen Arbeitsstellen, zwischen Schule, Kindergarten, aber auch in der Energie und eben im Tourismus. Diese gehören noch ausgebaut.

Ist der öffentliche Bereich nicht schon abgedeckt?
Gunsch-Koch: Ich nehme den Bereich Glasfaser her. Das funktioniert in Taufers schon. Ich denke, dass es gerade in diesem Bereich gelingen müsste, Firmen herzulocken. Es müsste doch möglich sein, Betriebsansiedlungen aufgrund dieser Struktur zustande zu bringen. In Österreich gibt es so etwas schon: Da sitzen Programmierer in einem kleinen Ort, weil sich die Leute sagen, dass dort Lebensqualität vorhanden ist, die Kinder behütet aufwachsen können und man deshalb bereit ist, in einem kleinen Ort zu arbeiten. Das müsste die Zukunft sein. Wie das gelingt, weiß ich nicht. Aber das könnte eine Idee für junge Leute sein, sich selbstständig zu machen.
Stecher: Da stelle ich dem Land die Rute ins Fenster. Wir haben in Mals immer noch kein Glasfaser. Es gibt Versprechen, dass 2003 die Knotenpunkte gemacht werden sollten. Das hätte man alles längst schon machen können. Der Zug fährt seit 2005. Beim Bau hat man die Glasfaser entlang der Geleise verlegt. Das ist 10 Jahre her. Angebunden sind die Dörfer nicht. Wir haben öfters im Gemeinderat nachgefragt - einmal war das Land die Schuld, einmal war die Gemeinde die Schuld, einmal war die Telecom die Schuld. Fakt ist, dass wir uns in Mals alle mit Sticks und Funk behelfen müssen. Gewisse Sachen haben eben nicht funktioniert in den vergangenen Legislaturperioden. Man hat es glagglen lassen. Mittlerweile merkt man die Wichtigkeit. In meinen Augen 10 Jahre zu spät.
Gunsch-Koch: Mittlerweile gibt es auch bei uns Fachleute, die sich auskennen, wie es in Taufers der Fall ist. Die Malser haben das Pech gehabt, dass es bei der Ausschreibung mit der Firma für mehrere Gemeinden damals nicht geklappt hat. Zurückschauen hilft nichts. Ich möchte nach vorn schauen.

Zurück zum Thema Skigebiete im Oberland. Würden Fusionen und ein möglicher Ausbau dort Arbeitsplätze schaffen?
Gunsch-Koch: Persönlich bin ich der Meinung, dass dieses Thema im Oberland gelöst werden muss. Es kann nicht sein, dass eine Partei hergeht und sagt, das müsst ihr jetzt tun. Meine persönliche Meinung ist schon, dass dieser Zusammenschluss kommt, dass zusätzliche Betten und zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden. Da muss schon langfristig gedacht werden. Ob die Anbindung ans Kaunertal oder der Zusammenschluss der Skigebiete im Oberland kommen soll, muss eine volkswirtschaftliche Rechnung sein. Vor allem müssen sich die Leute vor Ort zu einer Entscheidung durchringen.

Welche Themen im Vinschgau müssten einer schnellen Lösung zugeführt werden?
Gunsch-Koch: Schnell gelöst gehört das Energie-Thema. Die Umweltgelder wurden ausgezahlt. Vielleicht findet sich eine Lösung beim Kraftwerk in Laas/Martell. Aber die Verteilung ist immer noch offen. Die müssen wir erhalten.

Das liegt in den Händen Ihrer Partei, der SVP.
Gunsch-Koch: Das Energiethema ist nicht zur Zufriedenheit der Vinschger gelöst. Da bleiben wir dran.

Die Energie ist bei den Freiheitlichen kein Thema?
Stecher: Die Energie ist ein komplexes Thema. Ich kann nur soviel sagen: Die Leute interessiert die Strommenge, die Kilowattstunden und die Konzessionen nicht. Die Leute wollen, dass der Strom uns gehört, weil man nicht verstehen kann, dass einer der größten Stauseen bei uns ist und wir nur mit Münzgeld abgespeist werden. Zudem wollen die Leute günstigeren Strom haben. Die sogenannte Heimholung der Energie ist ja ehrenwert, aber in der Umsetzung ist sie dann in die Hosen gegangen. Außer dass wir jetzt alle übereinander sind, haben wir nichts erreicht. Die Leute sagen, wir haben einen Haufen Wasser, jede Menge E-Werke und im Endeffekt haben wir nichts davon.

Dass der Strom billiger wird, dürfte wohl eine Illusion sein.
Gunsch-Koch: Wenn er genossenschaftlich verteilt wird, ist das keine Illusion.

Billiger kann der Strom wohl nur über eine historische Genossenschaft werden.
Stecher: Es ist Aufgabe der Politik, dies zu bewerkstelligen und dafür die Rahmenbedinungen zu schaffen! Die Bürger interessiert am Ende nur der günstige Stromtarif. Mich ärgert am meisten der private Anschluss: Es kann nicht sein, dass die Waschmaschine abgeschaltet werden muss, wenn man einen Sugo kochen will.

Sie haben etwas gemeinsam: Sie, Frau Koch sind Bezirksobfrau der SVP und Sie, Herr Stecher sind Bezirkssprecher der Freiheitlichen. Können Sie uns den Unterschied der Politik zwischen SVP und Freiheitliche erklären?
Gunsch-Koch: Wir sind die Regierungspartei, wir sind die Partei der deutschen und ladinischen Bevölkerung und der größte Unterschied ist der volkstumspolitische: Wir gehen den Weg in Richtung Vollautonomie weiter und die Freiheitlichen wollen einen Freistaat. Das ist wohl der größte Unterschied.

Herr Stecher, haben Sie etwas gegen Schweden?
Stecher: Ich habe gerne Schwedenbomben. Mir passt das.
Gunsch-Koch: Das ärgert mich jetzt und ein solcher Ausdruck kann nur von einem Mann kommen. Eine Frau als Schwedenbombe zu bezeichnen, finde ich eine Frechheit erster Klasse.
Stecher: Die Frage war wohl nicht nach einer Frau. Die Leute draußen sehen das so, dass eine Partei aus dem letzten Loch pfeift, wenn sie eine Kandidatin von irgendwoher zaubern muss. Mir persönlich ist es Wurscht, wo die SVP ihre Kandidaten sucht. Der große Unterschied zwischen SVP und Freiheitliche: Sie sind noch Regierungspartei, wir sind noch Oppositionspartei. Der Freistaat ist sicher ein Thema. In der Einwanderungsfrage unterscheiden wir uns, weil diese in die Arbeits- und auch in die Volkstumspolitik eingreift. Weil wir eine Verschiebung der Sprachgruppen deutsch und italienisch haben werden. Viele nicht EU-Bürger, die von anderen Regionen Italiens zu uns kommen, sind italienisch. Das wird eine Erziehungsfrage und die Problematik geht hin bis zur Proporzregelung.

Schon überlegt, was Sie machen werden, wenn Sie nicht gewählt werden?
Gunsch-Koch: Das Leben wird weiter gehen.
Stecher: Was ich immer schon gemacht habe: einmal Wirt, immer Wirt.

 

Moderation: Erwin Bernhart


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