Montag, 13 Mai 2013 09:06

Beregnungsprojekt liegt auf dem Tisch

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s6 7646Mals/Graun - Die Beregnungsleitungen auf der oberen Malser Haide im Einflussbereich des „Meliorierungskonsortiums Oberes Vinschgau“ befinden sich in einem desolaten Zustand. Die Leitungen werden nach 2012 auch in diesem Sommer trocken bleiben. Der Vorstand übernimmt keine Verantwortung für eine Inbetriebnahme. Mittlerweile liegt ein ausgereiftes Projekt zum Neubau der Anlagen auf dem Tisch. Knackpunkt ist die Finanzierung. EU-Fördergelder können erst ab 2014 fließen. Das Bonifizierungskonsortium Vinschgau will die Trägerschaft übernehmen, vorausgesetzt  das Projekt wird realisiert und zwei Drittel der Besitzer stehen dahinter. 

von Magdalena Dietl Sapelza      


Wir schalten die Beregnung sicher auch heuer nicht ein, denn wir können die Verantwortung nicht übernehmen“, sagten die Verantwortlichen vom  „Meliorierungskonsortium Oberes Vinschgau“, der Obmann Stefan Stocker und die Vorstandsmitglieder Zeno Moriggl und Engelbert Fliri unisono.

Am 30. April hatten sie zur Informationsversammlung ins Kulturhaus von St. Valentin geladen, einerseits um diese Entscheidung mitzuteilen und andererseits um die Bauern mit dem neuen Beregnungsprojekt, erstellt von Romano Comunello, vertraut zu machen. Das Interesse war groß und der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Denn das Ganze ist brisant und der Unmut über die trockenen Leitungen teilweise groß. Die Entscheidung des Vorstandes hängt mit dem desolaten Zustand des über dreißg Jahre alten Leitungssystems zusammen und nicht zuletzt mit dem folgenschweren Zugunglück 2010, bei dem ein leckes Rohr in der Beregnungsleitung an der „Latschander“ zwischen Latsch und Kastelbell eine Mure ausgelöst und Tote und Verletzte gefordert hatte. Derzeit stehen die Verantwortlichen vom Bonifizierungskonsortium Vinschgau vor den Richtern. Das wollen die Verantwortlichen des Meliorierungskonsortiums nicht erleben.  „Die Rohre der Beregnungsanlage im oberen Vinschgau sind uralt, teilweise total durchgerostet und dünn wie ein Blatt Papier“, erklärt Stocker. Bei Rohrbrüchen sei es in Vergangenheit bereits zu mehreren Unterspülungen gekommen. Deshalb lassen die Vorstandsmitglieder nicht mit sich handeln.

Tatsache ist, die Bauern werden sich heuer zum zweiten Mal in Folge damit abfinden müssen, dass ihre Felder im oberen Teil der Malser Haide mit Plawenn, Alsack, Pla-neil, sowie bei St. Valentin und Kaschon (in den Gemeindegebieten Graun und Mals) auf einer Fläche von 554 Hektar nicht beregnet werden können. „Gewassert“ kann auch nicht werden, denn das Waalsystem ist nicht mehr intakt. Eines ist sicher: Diese Situation wird andauern, obwohl ein neues Beregnungsprojekt auf dem Tisch liegt. Der Knackpunkt ist die Finanzierung.
Bereits vor einem Jahr waren die Verantwortlichen um Stocker aktiv geworden und hatten bei Comunello ein Projekt zur Sanierung der Beregnungsanlage in Auftrag gegeben. „Das Projekt ist technisch soweit ausgereift, dass es eingereicht und umgesetzt werden könnte“, sagt Comunello. Mit dem Projekt wurde auch ein wichtiger Schritt gesetzt, um den Anspruch auf die Wasser-Konzessionen zu sichern. Es handelt sich dabei um Ableitungen aus der Puni (64 l/s), aus dem Plawennbach (50 l/s), auf Kaschon (21 l/s) und aus dem Zerzerbach (168 l/s) – dorthin wurde die Konzession für den aufgelassenen „Friahwaal“ vom Karlinbach bis zum hohen Kreuz und Teile vom Plawennbach verlegt.   Eine neue Beregnungsanlage könnte künftig eine Fläche von 597 Hektar zwischen  St. Valentin und der oberen  Malser Haide mit Beregnungswasser versorgen. Bei der Projektplanung wurde auch bedacht, dass es künftig unterschiedliche Nutzungsformen der Flächen geben könnte.  „Rechnerisch würde man in vier Tagen alle Felder beregnen“, erklärte Comunello.
Was die Finanzierung betrifft, hofft man auf Beiträge aus dem Landes- beziehungsweise dem EU-Topf. Dass es in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht mehr einfach sein könnte, ist allen bewusst. Die Frage lautet: Welche Kosten könnten auf die einzelnen Besitzer zukommen?  Laut aktuellen Schätzungen von Comunello würden die Gesamtkosten 7.237.724 Euro betragen. Das sind Kosten pro Hektar von 12.123 Euro. Von den öffentlichen Beiträgen hängt es dann ab, wie viel jeder Besitzer effektiv selbst berappen müsste.
Auf die Vergabe der EU-Fördergelder für den ländlichen Raum müssen die Obervinschger Bauern jedoch warten. Der Kuchen für den Zeitraum 2014 bis 2020 muss in der EU-Kommission erst noch verteilt werden. Das Land muss dann noch dessen Verwendung im Detail bestimmen. „Das Beregnungsprojekt würde alle Kriterien erfüllen, um in das Förderprogramm für den ländlichen Raum aufgenommen werden zu können“, sagte Gottfried Niedermair, Direktor des Bonifizierungskonsortiums Vinschgau.  Dieses will die Trägerschaft übernehmen, vorausgesetzt, dass das Projekt realisiert wird. „Zwei Drittel der Besitzer müssen dahinter stehen“, sagt Stefan Stocker. Eine definitive Entscheidung darüber werde erst in gut einem Jahr fallen, nachdem geklärt  ist, wie hoch die öffentlichen Beiträge tatsächlich ausfallen. Dass bereits ein schlüssiges Projekt auf dem Tisch liegt, sei jedenfalls eine gute Voraussetzung, bei der Beitragsvergabe auch berücksichtigt zu werden. Hilfe verspricht der Neo-Onorevole in Rom Albrecht Plangger. Er hat  der Versammlung in einer Botschaft seine Unterstützung bei der Beschaffung der Finanzen zugesichert. Er erklärte sich auch bereit, das Projekt aktiv mitzubegleiten. Und seine Landsleute werden ihn beim Wort nehmen.

Wenn alle an einem Strang ziehen, könnte mit dem Bau einer neuen Beregnungsanlage ein Neustart erfolgen und ein Schlussstrich unter die unrühmliche Geschichte um die 1980/81 gebaute, so genannte „Skandal-Beregnung“ im oberen Vinschgau gezogen werden. Anfangs der 70er Jahre war diese vom neu gegründeten „Meliorierungskonsortium Oberes Vinschgau“ in Auftrag gegeben worden. Die Vorbereitungsarbeiten  zogen sich jedoch in die Länge. Vieles lief schief. Schließlich erhöhten sich die veranschlagten Kosten auf das Dreifache. Schlechtes Management war auf Hochzinspolitik gestoßen (mit rund 20 Prozent auf den Kredit). „Die Zinsen für die Voramortisierung haben damals mehr gekostet, als das ganze Material“, sagt der Ex-Obmann des Konsortiums Sebastian Felderer. Die Vorstandsmitglieder bekamen damals kalte Füße und stiegen aus. Es fand sich niemand mehr für die Führungsspitze und das Meliorierungskonsortium kam unter kommissarische Verwaltung. Der Kommissar Georg Flora beschränkte sich auf das Abstottern der Schulden. Und das dauerte bis 2006 - also 26 Jahre lang. Für Investitionen war kein Knopf übrig.
2007 reaktivierte Felderer  die Interessentschaft „Frühwiesen“ und stellte ein Projekt zur Wiederinbetriebnahme des „Friahwaales“ auf die Beine, um die bestehenden Konzessionen abzusichern. 2008 übernahm er die Führung des Meliorierungskonsortiums, weil die Sanierung der Beregnungsanlage immer dringender wurde.  Felderer setzte sich intensiv mit der Konzessions-Thematik auseinander und kämpfte gegen die Gefahren im Hinblick auf ungenutzte Konzessionen. Denn 2009 wurden sämtliche Konzessionen von der Landesverwaltung neu bewertet. Und der Druck kam von allen Seiten. Ansprüche stellten die Betreiber der Puni Energie Gmbh und auch die SEL AG.  „Die Konzession für das Puni-Wasser und für den ungenutzten „Friahwaal“ waren in höchster Gefahr“, erinnert sich Felderer. Der jetzige Projektant Comunello kam ins Spiel und machte ein erstes Projekt. Das sicherte zwar fürs Erste die Konzessionen, doch mit der Umsetzung kam man nicht weiter. „Die Zeit war damals einfach noch nicht reif“, sagt Comunello. Bremser waren Querköpfe unter den Bauern. Auch gegen diese hatte Felderer zu kämpfen. Um was es bei den Konzessionen geht, erklärt er am Beispiel des stillgelegten „Friahwaal“. Die „Friawaal“-Konzession konnte er auf den Zerzerbach verlegen. Der „Friahwaal“ hatte eine Konzession für zwei Liter pro Sekunde und Hektar (2 l/s). Für die Beregnung sind lediglich 0,5 l/s vorgesehen. 1,5 l/s sind also frei und könnten verkauft werden.
Bei der unteren Malser Haide ist ein Deal mit der Energiewirtschaft gelungen. „In Mals hat jeder Besitzer aus der eigenen Tasche  pro Hektar rund 3.000 Euro bezahlt“, erklärte der Malser Bauernreferent Josef Thurner bei der Informationsversammlung. Thurner rief zur Geschlossenheit auf und plädierte für die Umsetzung des Beregnungsprojektes. Diese Investition sei wichtig, um den Bauern langfristig eine Chance zu geben, existenzsichernd zu wirtschaften. Dem pflichtete auch Bezirkspräsident und Bauernbund-Bezirksobmann Andreas Tappeiner bei. Tappeiner sieht in Spezialkulturen und in Nischenprodukten neue Möglichkeiten für die Landwirte auf der oberen Malser Haide. Das Ganze steht und fällt mit dem Neubau der Beregnungsanlage. Geduld werden die Bauern allerdings noch einge Zeit haben müssen. Es könnte dauern, bis es heißt: „Wir schalten die Beregnung wieder ein.“    

 


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