Die Kleidung zieht sie auch heute noch hie und da an, wenn sie bei festlichen Anlässen aushilft. „S Schürzl unt s Kranzl sain mai gonzer Stolz gweesn“, betont sie.
Helga wuchs mit vier Geschwistern in Gomagoi auf. Ihr Vater war Schneider, der drei Gesellen beschäftigte. Die Familie bewirtschaftete auch einige Felder. Helga trug mit der „Krax“ Mist auf die steilen Hänge und Heu in die Scheune. Eine Kuh lieh der Vater für beschränkte Zeit. Im Winter vergnügte sich Helga beim Skifahren mit einfachen Holzbretteln. Modern waren ihre Keilhosen, die ihr der Vater geschneidert hatte.
Als 14-Jährige trat Helga in Sulden ihre erste Stelle an. Sie arbeitete dort im Laufe der Jahre in verschiedenen Hotels. Von der anfänglichen Abspülerin, die vor Heimweh ins Waschbecken weinte, mauserte sie sich zum „Mädchen für alles“ und schließlich zur selbstbewussten Serviererin im „Grand Hotel Sulden“. 80 bis 90 Gäste bediente sie alleine. Obwohl es Knochenarbeit war, machte es ihr Spaß. Den Lohn gab sie daheim ab. „I hon olm an Stolz kopp, wenn i in Voter eppas gebm hon kennt“, meint sie. Saisonbedingt wechselte sie einige Male in Gastbetriebe in Meran und in der Schweiz. Gute Erinnerungen verbindet sie mit der „Engadiner Bierbrauerei“ in Cellerina, wo sie sich wie daheim fühlte. Die Chefin schickte sie sogar zum Skifahren, stellte die Skiausrüstung und gab ihr auch noch fünf Franken. „Mit dia hon i norr glebt wia Gott in Frankreich“, lacht sie. Doch bis sie den Skilift-Bügel in den Griff bekommen habe, sei sie einige Male hingefallen. Helga kehrte immer wieder nach Sulden zurück. Mit Arbeitskolleginnen traf sie sich nach Feierabend meist in der „Ortlerklause“. Tanzen war und ist Helgas große Leidenschaft. Mitte der 1960er Jahre besuchte sie einen Faschingsball im „Hotel Post“ in Trafoi. Sie war verkleidet als Schwarzafrikanerin. Sofort fiel ihr ein attraktiver Indianer auf, der außergewöhnlich gut tanzte. Sie machte sich bemerkbar, und schließlich schwang er sie durch den Saal. Es war der Hydrauliker Luis Weger aus Mals. Helga war Feuer und Flamme für ihren Winnetou, der sie nun regelmäßig zum Tanz führte. Eines Tages merkte sie, dass sie schwanger war. Ein „lediges Kind“ bedeutete damals Scham und Schande. Helga hatte Angst vor der Reaktion ihres Vaters, obwohl Luis zu ihr stand. Hals über Kopf ergriff sie die Flucht und trat eine Hotel-Stelle in Vigo di Fassa an. Doch schon bald musste sie kündigen und erhielt nur einen Teil des Lohnes. Luis holte sie mit seinem 500er Fiat ab und begleitete sie zum Vater. Dieser tobte, beruhigte sich aber, als Luis von Heirat sprach. Die Tochter Karin war wenige Monate alt, als das Paar im April 1969 in Mals vor dem Traualtar stand. Da Helga wegen ihres „ledigen Kindes“ nicht mehr in weiß heiraten durfte, hatte sie geschickt ein cremefarbenes Brautkleid gewählt, das einem weißen ganz ähnlich sah. Die kleine Familie zog in das Elternhaus von Luis und richtete sich im Dachgeschoss ein. 1970 kam Tochter Ulrike zur Welt. Helga umsorgte Mann und Kinder. Nachdem diese aus den Gröbsten heraus waren, nahm sie sich wieder mehr Zeit für sich, Zeit als Chorsängerin, für Vereine, für Theaterbesuche… „Mit 43 Johr hon i nou di Fohrschual gmocht, damit i mobil bin“, erklärt sie. Sie schlüpfte in Karrnerkleider, wirkte als Komparsin bei Filmproduktionen mit, so bei „Verkaufte Heimat“, „Tödlicher Diamant“, „Pater Brown“, „Annas Heimkehr“… Sie lernte Filmgrößen wie Heiner Lauterbach, Veronika Ferres, Gregor Bloeb und andere kennen. Horst Lichter war bei ihr zu Besuch und nannte sie liebevoll „Mein Träumchen“. Helga sammelt Autogramme, wann immer sich die Gelegenheit bietet. Diese verwahrt sie säuberlich, genauso wie die Rechnung vom Hochzeitsmahl im Gasthof Greif aus dem Jahre 1969, auf der für 30 Gäste 67.260 Lire verzeichnet sind. Sie sammelt Zeitungsberichte, die ihr wichtig sind, darunter Menschen-Geschichten aus dem Vinschgerwind.
Und die Dienstzeugnisse aus ihrer Zeit im „Grand Hotel Sulden“ hütet sie ebenso sorgsam wie ihr Servierkleid.
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