Mit “Contemplatio” widmet sich die Sommerausstellung in der ehemaligen Kartause Allerengelberg einem Thema, mit dem sich bereits die antiken Philosophenschulen auseinandergesetzt haben. Das Projekt der Kuratorin Brigitte Matthias präsentiert 17 Südtiroler Positionen, die sich assoziativ und mit unterschiedlichen Ansätzen und Materialien mit dem vorgegebenen Thema beschäftigen. Die Ausstellung in Karthaus/Schnalstal wird am Samstag, 14. Juli 2018 um 18.00 Uhr eröffnet und ist bis einschließlich Sonntag, 26. August zu besichtigen.
Soll eine Ausstellung an einem Ort mit einer so einzigartigen Entstehungsgeschichte wie Karthaus stattfinden, kann das Konzept hierfür nicht anders als vom 1326 gegründeten Kartäuserkloster Allerengelberg seinen Ausgang nehmen. Der Orden der Kartäuser war, im Gegensatz zu karitativen oder missionarischen Orden, ein rein kontemplativer und als die Mönche 1782 von Josef II aufgefordert wurden, sich von ihrer „vita contemplativa“ abzuwenden, verließen sie das Kloster.
In einer Zeit, in der von jedem Einzelnen die höchste Mobilmachung sämtlicher seiner Kräfte zur Steigerung der wie auch immer gearteten Produktivität verlangt wird, wo sich immer mehr Menschen wie im Hamsterrad fühlen, wo wir einem Strom unaufhörlicher Informationen ausgesetzt sind und wo Burn-out zum Schlagwort avanciert ist, will diese Ausstellung einen Gegenpol zu all dem darstellen. Dem Besucher soll im Dorf der Stille die Möglichkeit zur Kontemplation und zum Sich–Vertiefen in die Betrachtung von Kunst geboten werden.
Die Ausstellung will ausloten, was zeitgenössische Skulptur aus Südtirol heute sein kann, wie sie sich gesellschaftlich und künstlerisch artikuliert und welcher Einfluss damit auf unsere Auffassung von Ästhetik, Öffentlichkeit und Raum genommen wird. Ein Zitat von Theodor W. Adorno fasst die Intention der Schau treffend zusammen: „Die Objekte der ästhetischen Kontemplation sind die „aufleuchtenden Dinge“, die man früher als magisch verehrt hat.“
Die in Karthaus gelebten Traditionen, die Architektur und die Landschaft waren Inspirationsquelle für gleich mehrere Künstlerinnen und Künstler. Die im Volksglauben tief verwurzelten Votivtafeln waren Ausgangspunkt für das partizipative Projekt von Elisabeth Oberrauch, die Transhumanz wird von Christian Piffrader miniaturisiert, die gotischen Spitzbögen der Kirche werden von Alois Steger auf die Friedhofsmauer transplantiert, die Haselstäbe von Paul Sebastian Feichter thematisieren die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur und die Corten–Stahl–Skulpturen von Thaddäus Salcher erlauben es dem Betrachter, sein Verhältnis zur Landschaft auf den Prüfstand zu stellen.
Andere Künstlerinnen und Künstler arbeiten hingegen mit Schriftbildern und Text, um ihren Bezug zum Ort und dessen Geschichte herzustellen. „Trust“ von Hubert Kostner thematisiert das Vertrauen nicht nur zu Gott. Mit einem einzigen Interpunktionszeichen stellt Thomas Sterna die Urfragen des Menschen. Auf die Bodeninstallation von Elisabeth Weiss sind Zitate gedruckt, die sich mit menschlichen Befindlichkeiten befassen. Die Objekte aus lose drapierten High-Tech-Materialien von Wil-ma Kammerer werden von Textzeilen ergänzt, die sich auf die eigene momentane Lebenssituation übertragen lassen und die kokonartigen Stoffhüllen von Helga von Hofe schweben traumartig zwischen Himmel und Erde.
Das Thema der „contemplatio“ wird aber auch figürlich – naturalistisch interpretiert. Die lebensgroße Figur von Aron Demetz leuchtet in bernsteinfarbigem Epoxidharz, die weiblichen Figuren von Bruno Walpoth scheinen beinahe weltabgewandt, sind still und in sich gekehrt. Direkten Bezug zum Leben der Mönche nimmt die Arbeit „Das Nicht-Gesagte„ von Arnold Holzknecht, die beiden Beton–Monolithen von Walter Moroder sind eine Herausforderung an den menschlichen Geist während „Alpha und Omega“ von Friedrich Gurschler nicht weniger als die Schöpfungsgeschichte zeigt. Die Skulptur Bläsergruppe von Sylvia Barbolini verharrt in absoluter Stille und auch die Objekte von Moradavaga geben, allerdings nur scheinbar, keinen Laut von sich.
Ausstellungsdauer: bis 26. August 2018
Karthaus im Schnalstal
Öffnungszeiten: MO-SA: 14 – 18.30 Uhr; SO-Feiertag: 10-12 und 14-18.30 Uhr
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