Mittwoch, 11 Juli 2012 00:00

Nationalpark Stilfserjoch: Form, Farbe, Duft Einheimische Wildorchideen

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Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Benedikt, 11. Juli 2012

Weltweit gibt es mehrere Tausend Arten von Wildorchideen. In der heimischen Wildflora der Täler in den Zentralalpen  gibt es über den Daumen gepeilt ca. 20 Arten. Vom Klima der Zentralalpen zum Klima des Mediterranraumes nimmt die Anzahl der Arten zu.
Orchideen sind in der Ausformung ihrer Blüten wahre Schönheitsköniginnen. Manche Arten entwickeln betörende und wohlriechende Düfte. Viele Arten leben in Vergesellschaftung mit Mykorrhiza-Wurzelpilzen. Alle Orchideen-Arten haben parallelnervige und ganzrandige Blätter.
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Charakteristisch ist der Blütenaufbau der Orchideen. Die Blüten sind monosymmetrisch und drehen sich beim Aufblühen um 180 Grad, so dass die obere Seite der Blütenknospe die Unterseite der entfalteten Blüte bildet. Die oberen, äußeren Kronblätter bilden dann bei mehreren Arten eine helmartige Blütenhaube. Für die Bestimmung der einzelnen Arten geben die Ausformung der sogenannten Lippe im unteren Blütenteil und des Sporns im hinteren Blütenabschnitt wichtige Hinweise.
Die Braunelle (oder das Kohlröschen - Nigritella nigra) mit ihren schwarzpurpurnen Blüten und deren starken Geruch nach Vanille kennen viele von Ihnen von Bergwanderungen, die über Magerrasen oberhalb der Baumgrenze geführt haben. Auch die als Pantoffel ausgebildete, zitronengelbe Lippe des Frauenschuhs (Cypripedium calceolus) ist allgemein bekannt. Aber haben Sie die Pflanze in der Natur schon bewundern können?
Im heutigen Beitrag möchte ich Ihnen 8 einheimische Orchideen-Arten im Bild, 5 davon auch im Kurztext vorstellen, welche seit Mitte Juni gleichsam als Schöne am Straßenrand der Stilfserjoch-Straße an deren Vinschgauer und Veltlintaler Rampe in verschiedenen Höhenstufen und Lebensräumen blühen. Alle Orchideen-Arten gehören zu den geschützten Pflanzen und ich ersuche Sie als sensible Artenschützer das Pflück- und Ausgrabungsverbot zu beachten.
Noch ein Hinweis zu den  Fotografien: Die Bilder auf der zweiten Seite zeigen links den Gesamthabitus der jeweiligen Art und rechts die Blütendetails. Die Detailaufnahmen von den Einzelblüten der jeweiligen Orchideen vergrößern die Blüten im Foto gegenüber ihrer natürlichen Größe an der Pflanze. Für die interessierten Fotografen unter den Leserinnen und Lesern: Die Fotos wurden mit der Digitalkamera Nikon D 700 und dem Objektiv AF Micro Nikkor 105 mm 1:2,8 D aufgenommen.

DSC_0712DSC_0714Grüne Hohlzunge – Coeloglossum viride – Celoglosso verde

Kleine Orchideen-Art der alpinen Magerrasen. Die Pflanze wird nur ca. 10 – 15 cm hoch. Die Blätter sind bläulich grün, rundlich bis länglich lanzettlich. Die kleinen, nur bis maximal 1 cm großen Einzelblüten stehen in einer schmalen Ähre, sind gelblichgrün, rotbraun oder rot. Von den Kronblättern bilden die oberen (Sepalen genannt) und die unteren (Petalen) einen Helm. Die Lippe ist länglich, dreilappig, der Mittellappen ist kleiner. Der Sporn ist sehr kurz. Die Art blüht von Juni bis August in Magerrasen und Bergweiden und kommt bis auf 2.500 Meter Meereshöhe vor.

Epipactisatrorubens63Braunrote Sumpfwurz – Epipactis atrorubens – Eleborine      violacea

Schlanke Pflanze, die mit 60 bis 80 cm Wuchshöhe nicht selten auch recht hoch wird. Stängel nicht selten kurvig, rot überlaufen und flaumhaarig. Blätter breit, am Stängel in 2 Reihen angeordnet. Blüten klein, dunkel weinrot oder rötlich violett, nach Vanille duftend. Die Lippe ist kürzer als die Sepalen. Blütezeit Juni bis August. Wächst in trockenen Nadelwäldern und in Trockenrasen bis über 2.000 m MH. Recht häufig am Wandersteig zwischen der Franzenshöhe und der Berglhütte im Trafoital.

DSC_0734735handwurzMücken-Handwurz – Gymnadenia conopsea – Gimnadenia delle zanzare

Pflanze schmal, kann bis 70, 80 cm hoch werden. Wo sie vorkommt, oft gehäuft in Gruppen stehend. Stängel steif aufrecht, rund, hellgrün. Laubblätter kräftig grün, lanzettlich und gekielt, die oberen begleiten den Stängel. Ähre reichblütig. Blüten klein, rosarot bis violettrosa, duftend. Petalen helmbildend. Lippe kurz 3lappig. Charakteristisch ist der lange, dünne, spitze Sporn, der nach unten weist. Blütezeit Mai bis August. Kommt in trockenen und feuchten Wiesen vor, in lichten Wäldern und alpinen Rasen auf basichen, mitunter auch schwach sauren Böden. Ist unsere häufigste Orchideenart.

DSC_0328DSC_0323Waldhyazinthe oder Zweiblättrige Kuckucksblume – Platanthera bifolia – Platantera a fiori bianchi

Pflanze zierlich, bis 60 cm hoch, Stängel mitunter etwas kurvig, 2 grundständige, oval elliptische, glänzend grüne Blätter. Blüten gelblich oder grünlichweiß, nach Maiglöckchen duftend. Lippe ungeteilt, zungenartig schmal und lang. Der Sporn ist fadenartig dünn und sehr lang. Blütezeit: Mai bis Juni. Wächst in lichten Wäldern, darunter auch im Latschen- und Krummholzgürtel und in Sumpfwiesen bis 2.000 Metern MH.

P1050918Cypripedium4Frauenschuh – Cypripedium calceolus – Pianella della Madonna o Scarpetta di Venere

Pflanze schlank, jedoch kräftig. Blätter oval bis lanzettlich, stark gerippt und am Rande gewellt, hellgrün. Blüten meist einzeln, auffällig groß (6-9cm) mit rotbraunen ausgebreiteten oberen Kronblättern und pantoffelförmiger zitronengelber Lippe, welche als Insektenfalle für die Bestäubung dient. Blütezeit: Mai-Juli. In schattigen Wäldern, unter Latschen auf basischen Böden bis auf 1.900 m MH.

Wolfgang Platter (11),  Archiv Nationalpark Stilfserjoch Walter Anselmi (1) und Valentino Martinelli (1)


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