Mittwoch, 13 Juni 2012 00:00

Leserbriefe

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Eine kleine kulturpolitische Anmerkung.
Warum der Obervinschgau vor dem Intensivobstbau geschützt werden muss oder: Was hat die landwirtschaftliche Verbauung mit einem demokratiepolitischen Defizit zu tun?
Der Vinschgau, und mit ihm die Vinschger, sind dem Stereotyp nach dafür bekannt, dass sie anders sind als der Rest im Land, dass sie eine eigene Mentalität aufzuweisen hätten und daher würden aus diesem Vinschgau auch so viele Künstler und Spinner kommen. Der Vinschgau, speziell der Obervinschgau, verfügt mit seiner wahrhaft pittoresken Erscheinung über ein Kapital für alle, das fortan in ein Kapital für einige Wenige umgestaltet werden will. Mit der Rodung derletzt verbliebenen Feuchtwiesen, mit der Zerstörung des letzten Eindrucks authentischer kulturhistorischer Landschaft wird eine Tendenz sichtbar, die jetzt – so kurz vor den nächsten Wahlen – auch von raumplanerischer und demokratiepolitischer Sicht betrachtet werden sollte.
Der Reisende ist, sobald er vom Westen kommend in den Vinschgau einfällt, mit einem atemberaubend ruhigen und unverwechselbar charakteristischen Eindruck des Tales konfrontiert. Dieser begehrte Blick würde durch die Gleichermacherlandschaft des Obstbaues zerstört. Zudem ist der Obervinschgau das letzte Beispiel für die so viel besprochene, aber dank des intensiven Apfelbaues längst nicht mehr funktionierende, Wasserwosser-Erzählung der Waale. Damit erzählt der Obervinschgau von einem signifikanten Paradoxon: Die intensive Apfelwirtschaft, von der noch dazu nicht gesichert ist, wie lange sie funktionieren wird, weil die EU ihre Förderrichtlinien längerfristig auch überdenken wird müssen, verändert die kulturelle Erzählung der Region. Solche Veränderungen zwingen zur nostalgischen Erzählung einer Kultur, die es im Alltagsleben der Menschen dann eben nicht mehr gibt. Fortan erzählen wir uns und den Besuchern des Vinschgaues nach der Selbstzerstörung unserer Kultur von einer Illusion, der eine reale Entsprechung fehlt.
Darüber hinaus ist die intensive Monokultur des Apfelanbaues, die nichts mit den Gesetzen der freien Marktwirtschaft zu tun hat und strukturell generell von einer Menge sozialer Ungleichheiten begleitet ist, eigentlich auch ökonomisch besehen, kritisch zu betrachten. Wie könnte, angesichts dessen, ein Plädoyer gegen eine Verbauung des oberen Vinschgaues knapp formuliert werden? Indem man darauf hinweist, dass im Tal eine kulturelle und wirtschaftliche Vielfalt, beispielsweise für einen gepflegten Kulturtourismus sowie für Biobauern, garantiert sein sollte. Das einzige Refugium zur Nutzung einer biologischen Landwirtschaft sollte schon aus Gleichheitsgrundsätzen bewahrt werden. Marktwirtschaftlich wie lebensweltlich besehen (und hier muss man den Tourismus genauso mitdenken wie die Handwerker) ist eine Besinnung auf eine kleine, feine Wirtschaftsstruktur – die vielen und nicht nur einigen wenigen dient – angesagt.
Die Außenwirkung des Vinschgaues lebt vom Rest der noch verbliebenen Kulturlandschaft. Alles andere ist eine paradoxe Camouflage, wie mit dem Beispiel der Waale gezeigt wurde. Zuerst zerstört man die Kulturlandschaft und dann erfindet man sich eine Erzählung, die nur mehr aus romantischen Erinnerungen gespeist wird. Die Leonhardikapelle in Laatsch, mit ihrem Charakteristikum der Möglichkeit zum Umgang mit den Tieren und der kunsthistorisch außerordentlich interessanten Darstellung der vita des Viehheiligen, die romanischen Kulturgüter in Mals und Umgebung, die vielen Haussegen auf den Häusern des Obervinschgaues (sie sind ein Symbol für den Kampf des Katholischen mit dem Evangelischen), die Waale, die Burgenreste und die atemberaubende Landschaft sind Kapital: Kapital im wirtschaftlichen, im ökonomischen wie im identitätsbildenden Sinne. Südtirols erfolgreiche Politik rekurriert ihre Argumente auch aus dem Kulturbewusstsein und sollte hinkünftig seine Identität auch auf diese Kultur und die Kultur des Handwerkes beziehen. Wenn der Landeshauptmann im Jänner 2012 in der Österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik und die Vereinten Nationen eine Vielzahl internationaler Gäste mit seiner Erzählung der Südtirolischen Politik beeindruckt, dann freut man sich, als Teil dieser Gästeschar auch Südtirolerin zu sein. Allerdings wies das Ganze einen kleinen Fehler auf, der zum Glück nur Eingeweihten und kritischen Leuten auffällt, der jedoch mit der Diskussion über den Zustand des Landes zu tun hat, und für den die Problematik des Obstbaues im Obervinschgau stellvertretend steht: Die Erzählung des Landeshauptmannes klingt so, als bezöge Südtirol seine marktpolitische Potenz allein aus der (Obstbau)Landwirtschaft. Das ist eine ungleiche Geschichte, die interessanterweise innenpolitisch nicht hörbar diskutiert wird. Das Land besteht nicht bloß aus Apfelbauern. Da gibt es einen soliden Handwerkerverband, eine international reüssierende Industrie, eine perfekt funktionierende Gastronomie und einen Kultur- wie Sporttourismus sowie eine Handvoll Bioprodukteerzeuger, die längst internationalen Ruf genießen – und die sich auch eine Erwähnung bei der Darstellung des Besonderen am Südtirolischen verdient hätten! Der Großteil der Südtiroler Wähler sind inzwischen doch Arbeiter, Angestellte und Selbstständige, die endlich ein Standesbewusstsein entwickeln sollten und einer monokulturellen, ökonomisch kaum konkurrenzfähigen Intensivlandwirtschaft mit ihrer Lobby die Stirn bieten sollten. Ungefähr so, wie jene kleine, kreative Gruppe der Anti-Ulm-Mailand-Autobahngegner rund um Roman Moser, Hans Wielander und anderen, in den späten 1970er-Jahren. Sie hatten sich damals erfolgreich gegen die Autobahnverbauung des Obervinschgaues gestellt. Daher wäre es schade, jetzt zu Gunsten eines Wirtschaftszweiges, der nur einige wenige bedient und dessen Bestandsdauer nicht gesichert ist, den Obervinschgau aufzugeben.
Elsbeth Wallnöfer, Wien/Vinschgau


Hat die Gemeinde Mals einen Gold-Esel?!
In Zeiten der Krise kann man sparen oder investieren. Die meisten Bürger müssen wohl oder übel beim Sparen bleiben. Die IMU lässt grüßen und bietet kaum mehr Spielraum für Investitionen oder gar konsumieren.
Die Gemeindeverwaltung von Mals scheint da andere Überlegungen angestellt zu haben.
In nur 3 Jahren sind für Studien, externe Beauftragungen, Koordinatoren, Ankauf von Immobilien und dergleichen über 800.000 Euro ausgegeben worden!
In der Privatwirtschaft würde man es Coaching, Optimierung von Marketingmaßnahmen oder Betriebserweiterung nennen.
Nun ist aber eine öffentliche Verwaltung kein Privatbetrieb. Der Benzin für den Motor, der den Betrieb Gemeinde am Laufen hält sind die Steuern, die die Bürger bezahlen (müssen). Und da erwartet sich der Steuerzahler schon einen etwas sorgsameren Umgang.
Die Bürger müssen sparen, damit sie über die Runden kommen. Das gleiche erwarte ich mir auch von der Malser Gemeindeverwaltung, die für BM und Ausschuss jährlich bereits 185.000 Euro an Amtsentschädigung erhält.
Stecher Peppi, Gemeinderat Mals

„Sparen am richtigen Ort...“
Sehr geehrter Herr RA Tappeiner, bezugnehmend auf Ihre regelmäßigen Reportagen bzw. Erfahrungsberichte Vinschgau „Aus dem Gerichtsaal“, die ich stets aufmerksam verfolge, möchte ich Ihnen an dieser Stelle ein Lob für die fachlich kompetente, teils amüsant/humorvolle und vor allem verständliche Ausdrucksweise aussprechen. In der letzten Ausgabe „ Sparen am falschen Ort“ präzisieren Sie unter anderem die Bedeutung bzw. die Notwendigkeit des Landesgerichts Außenstelle Schlanders. Ein Juwel an Bürgernähe und vor allem Effizienz könnte es aus Ihrer Sicht, Zitat: ...nur in richtiger Besetzung bilden. Meine bescheidene Denkweise lässt vermuten, dass Ihre Aussage darauf hinzielt, eine Aufstockung des Personals könnte die unzureichende Bürgernähe sowie Ineffizienz beheben. Aufgrund meiner Erfahrungen in der freien Wirtschaft, (Privatwirtschaft) ist es in der Regel absolut vorrangig und ganz besonders  im gegenwärtigen Schuldendilemma Italiens, zuerst die Effizienz einer bestehenden Einrichtung auf den Prüfstand zu stellen, bevor neue Ausgabenposten geschaffen werden! Die maßlos enttäuschenden Erfahrungen meiner Frau Gabriella in einer eigentlich unspektakulären, ja simplen Angelegenheit (Sachwalterschaft/Beistandschaft für ihren betagten Vater)  mit dem Landesgericht, Außenstelle Schlanders, lassen sich aus meiner Sicht der Dinge, nicht durch einen anscheinend bestehenden Personalnotstand rechtfertigen, sondern durch schlichte unzureichende Kompetenz!!
Fridolin Wittmer, Taufers i. M.

Zu guter Letzt über die Grenze nach Mals gelangt, ohne etwas von den Literaturtagen Mals 2012 gewusst zu haben. Gerade noch rechtzeitig, bevor sie zu Ende gingen!
Blau, grau, schwarz und weiß sprang uns das Programm „Literatur an der Grenze“ an der Hotelrezeption in die Augen. Leider nicht mehr, aber doch noch zum Glück konnten wir die Waalwanderung über die drei Malser Sonnenbergwaale miterleben. Die offenen Lesungen mit Wilhelmine Habicher, Mundartdichterin aus Mals bedeuteten für uns eine Offenbarung, obgleich wir nicht alles Erzählte und Vorgelesene im Vintschger Dialekt verstehen konnten. Ihre Gedichte zur Landschaft des Obervintschgaues und zu den menschlichen Grenzen während verschiedener Lebensphasen widerspiegelten ihre starke Verwurzelung mit ihrer Heimat, ihre Authentizität, ihre wache Beobachtungsgabe und die Weisheit ihrer Persönlichkeit. Mit ihrer geistigen Regsamkeit ging auch ihre körperliche Beweglichkeit einher. Die Waalwanderung, zum Teil auf neuen Strecken, die durch Freiwilligenarbeit möglich wurden, dauerte doch gute dreieinhalb Stunden. Diesen Freiwilligen möchten wir an dieser Stelle ein Kränzchen winden. Erwähnenswert sind zudem die offenen, sympathischen und aufschlussreichen Gespräche mit der Mundartdichterin und Herrn Dr. Fragner. Die bunte Vielfalt des äußerst originellen Programms hat uns sehr beeindruckt. Als ehemaliger Präsident der Volkshochschule Spiez-Niedersimmental (westliches Berner Oberland) weiß ich um die Gestaltung und die Organisation von Kursen und Vortragsreihen. Was die Veranstalter der Literaturtage Mals 2012 überlegt, organisiert, eingegrenzt und auf die Beine gestellt haben, sprengt sämtliche Grenzen und ihnen gebührt unsere aufrichtige Hochachtung! In Mals umgab einen, neben dem rauen Vintschger-Wind auch ein zarter Hauch von Getragen und Umgebensein von Spruchbändern und Fähnchen über Straßen und an Häusern und schön gestalteten Schaufenstern. Das „ Literatur-Brot“ und die „Literatur-Süßigkeiten“ der Bäcker und Konditoren, die „Literatur-Suppe“ der Gastwirte, wie auch die „Literatur-Hand-Creme“ aus der Apotheke zeugten von der Kreativität der Veranstalter in einer Bergregion, der offensichtlich keine Grenzen gesetzt ist. Wir hoffen, dass dies künftig so bleiben wird!
Neben unserem grossen Dank haben wir noch einen Wunsch an die Veranstalter, Buchhandlungen oder Bibliotheken. Es wäre wahrlich sehr hilfreich, wenn an den künftigen Literatur-Anlässen Bücher der Autorinnen und Autoren zum Kauf aufliegen würden.
Mit freundlichen Grüssen aus der Schweiz
Siegfried Walt-Vischer, Spiez
und Ida Vischer Walt, Basel


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