Dienstag, 15 November 2016 09:26

„I spiel, weil i a Freid hon“

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s17 Stecher HeinrichDrei Musikanten der Musikkapelle Prad spielen bereits seit über 50 Jahren und wurden beim Jubiläumskonzert am 2. April zu Ehrenmitgliedern ernannt: Hubert Veith (Kaspr-Veithn-Hubert), Hermann Veith (Geadele Hermann) und Heinrich Stecher (Ragitz Heini). Heinrich Stecher ist Bauer und spielt seit 58 Jahren bei der Musikkapelle mit.

von Heinrich Zoderer

Im Jahre 1956 war Heinrich Stecher 15 Jahre alt, als er in einer Bauernstube in Prad mit dem Erlernen der Es-Trompete begann.

Als Bauernbub arbeitete er auf dem elterlichen Hof und hatte Zeit, ein Instrument spielen zu lernen. Zu „Josefi“, am 19. März 1958, durfte er erstmals mitspielen. Die Musikkapelle gratulierte Pfarrer Josef Rainalter zum Namenstag. Später wechselte er zum zweiten Flügelhorn und dann zum Bassflügelhorn. Die Musikkapelle bestand nur aus 20 bis 25 Leuten, erst später hatte die Kapelle bis zu 50 Musikanten. Nicht nur die kirchlichen Feste während des Jahres, auch Dorffeste, Einweihungen, Beerdigungen und wichtige Dorfereignisse wurden musikalisch umrahmt. Die Musikkapelle gab Platzkonzerte und spielte auf Gartenfesten in Prad und den umliegenden Dörfern.
Heinrich Stecher erinnert sich, dass die Musikanten in den 60er Jahren mit einem Traktor nach Tschengls und Schluderns gefahren ist, um zu spielen. Beim Traubenfest in Meran war man dabei, genauso wie bei der 160-Jahrfeier der Stilfserjochstraße im Jahre 1985 und beim Oktoberfest in München. Er kann sich noch gut an die 100-Jahrfeier der Musikkapelle im Jahre 1966 erinnern. Auch damals gab es einen schönen Festumzug. Als der Musikant Florian Wieser heiratete, fuhren einige Musikanten mit einem Traktor in den frühen Morgenstunden nach Planeil, um die Braut zu wecken. Einige Musikanten fuhren sogar ins Passeiertal, um die Braut von Elmar Gander am frühen Morgen musikalisch auf den Hochzeitstag einzustimmen. Gustav Thöni, der Weltmeister und Olympiasieger, wurde von der Musikkapelle feierlich in Prad empfangen. Die Musikkapelle spielte in Sulden, als Reinhold Messner 1986 als König der Achttausender gefeiert wurde. Heute gibt es jeden Dienstag und Freitag Musikproben. Und wenn es Heinrich Stecher gesundheitlich geht, ist er immer dabei. Er ist 75 Jahre alt und hat Probleme beim Atmen, aber das Spielen ist wie eine Atemtherapie, meint Stecher. Oft muss er ein oder zwei Takte auslassen, aber Freude macht ihm die Musik immer noch. Sie tut gut und man ist unter Leuten, sagt er. Auch vier seiner fünf Kinder sind bei der Musikkapelle. Um die Vereinskasse aufzubessern, wurden früher zwei Bälle organisiert, ein „Musiball“ am Cäciliensonntag und ein „Fasnachtsball“. In der Adventszeit wurde ein Theater einstudiert und bis Dreikönig aufgeführt. Heinrich Stecher erzählt über die vielen Ausflüge nach Deutschland. Diese führten die Prader Musikanten nach Großasbach-Bad Waldsee, nach Bad Tölz, Ülzen und nach Neu-Ulm, der Partnergemeinde von Prad. Gut in Erinnerung bleibt für Stecher auch der Ausflug nach Agello neben Perugia, wo die Tochter des langjährigen Musikanten Otto Stillebacher verheiratet ist.
Als die ersten Frauen in der Musikkapelle aufgenommen wurden, war der Kapellmeister zuerst dagegen, dann hat sich das gelegt und heute ist es ganz selbstverständlich, dass auch Frauen mitspielen. Zwei Jahre lang war Stecher Obmann der Musikkapelle und später lange Zeit Ausschussmitglied und Obmannstellvertreter. 1991 setzte er sich dafür ein, dass die alte Tracht mit Lederhose, hellgrüner Joppe und Hut mit Federn eingeführt wurde. Am Ende des Gesprächs erzählte mir Heinrich Stecher noch über seine Erfahrungen als Bauer von Gargitz und Söles. Sein Großvater, der Maurermeister Heinrich Stecher, kaufte die Schlossruine Gargitz und baute 1911 ein neues, großes Haus. Seine Eltern hatten nur 3 - 4 Kühe. Im Haus wohnten einige Lehrpersonen als Untermieter. Er selbst hat Johanna Schwarz geheiratet, die selber einen Bauernhof in Söles hatte. In Söles, neben Glurns, haben beide eine neue Hofstelle gebaut. 2002 wurde das Haus in Gargitz total renoviert.
Heute gibt es dort Urlaub auf dem Bauernhof mit drei Ferienwohnungen. In Söles hat er 45 Kühe, alles Holstein-Schwarzbunte. Er und seine beiden Söhne Markus und Peter sind überzeugte Viehbauern. In jungen Jahren war Heinrich Stecher aktiv bei der Bauernjugend, hat Kurse besucht und sich weitergebildet. Er war viele Jahre Mitglied der Eigenverwaltung Prad, Ausschussmitglied im Beregnungskonsortium „Frauwaal“, Aufsichtsrat und Verwaltungsrat der Raiffeisenkasse und Ausschussmitglied beim Rinderzuchtverband. Im Stall arbeitet er nicht mehr mit, aber sonst ist er überall dabei und bei der Musikkapelle spielt er immer noch gerne mit.

 

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