Schluderns/Vinschgau - Einen Tag lang herrschte Ausnahmezustand am Schludernser Berg. Rund 500 Einsatzkräfte übten am Samstag, 29. April 2023 mit einer großen Zivilschutzübung den Ernstfall. Angenommen wurde ein großer Waldbrand. Beteiligt waren Feuerwehrmänner und Frauen von 24 Kompanien aus den Feuerwehrbezirken Ober- und Untervinschgau mit den Präsidenten Klaus Obwegeser und Roman Horrer, sowie eine Kompanie aus dem Bezirk Landeck genauso wie Mitarbeiter Gemeindezivilschutzstelle Schluderns mit BM Heiko Hauser, VizeBM Peter Trafoier und FF-Kommandant Harald Thanei, FF-Vertreter Rudi Platter und Zivilschutzlandesrat Arnold Schuler. Mit eingebunden waren Männer und Frauen der Forstverwaltung, der Bergrettung, des Weißen Kreuzes, der Carabinieri und der Ortspolizei. Über dem angenommenen Brandherd mit inszenierten Rauchschwaden kreiste ein Löschhubschrauber. Dieser holte Wasser aus dem Löschteich oberhalb Sponding, der vor kurzem im Rahmen eines Interregprojektes errichtet wurde. Alle möglichen Szenarien wurden geübt, so beispielsweise die Bergung von verletzten Feuerwehrmännern mit einer Rauchgasvergiftung. Getestet wurden Löschgeräten, Wasseranschlüsse und Schutzkleidungen. Die Großübung diente der Vorbereitung für ein reales Schadenfeuer, das angesichts der Klimaerwärmung mit anhaltender Trockenheit auftreten könnte. Ausgelotet wurde auch das Zusammenspiel aller Rettungsorganisationen, das im Ernstfall gut funktionieren sollte.
Abschließend beleuchteten die Verantwortlichen den Großeinsatz in einer Nachbesprechung. Es konnte eine positive Bilanz gezogen werden. BM Hauser dankte allen Beteiligten und meinte: „Es ist für die Bevölkerung beruhigend zu wissen, dass im Notfall die Frauen und Männer aller Rettungsorganisationen bereitstehen, um zu helfen.“ (mds)
Vinschgau - Heuer findet wieder in Schlanders unter Federführung von Sabina Mair ein Workshop für Streicher:innen, Instrumentalist:innen und Sänger:innen durch den Verein Venusta Musica EO im Zeitraum vom 03. August bis 08. August 2023 statt. Referenten sind die namhaften Musikdozenten Marcello Defant (Violine), Renzo Sbrissa (Violoncello) und Giacomo Battarino (Klavier) und als Coachin ist Lisa Burger dabei. Teilnehmen können interessierte Kinder, Schüler, Studenten und Erwachsene. Informationen zu Anmeldung und Ablauf sind auf der Homepage www.venustamusica.eu einsehbar.
Schluderns/Vinschgau - Toni Patscheider aus Tartsch bleibt Präsident des Vereins Vintschger Museum/VUSEUM. Er wurde bei der Vollversammlung am 28. April 2023 einstimmig wiederbestätigt. Im Juni startet ein Kooperationsprojekt mit VUSEUM und den Museen in Graun, Mals, und Taufers i. M.
Die Erleichterung war groß, als der amtierende und ehrenamtlich tätige Präsident Toni Patscheider seine Bereitschaft ankündigte, die Amtsgeschäfte im VUSEUM für weitere drei Jahre zu übernehmen. Denn lange Zeit hatte es danach ausgeschaut, als wolle er sich verabschieden und eine Nachfolgerin, ein Nachfolger war nicht in Sicht. Zu groß sind die bürokratischen Belastungen. Bereits bei vergangenen Versammlungen hatte Patscheider darauf hingewiesen, dass es immer schwieriger werde, Menschen zu finden, die sich das Ganze antun. Es brauche jemand, der sich im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses um alles kümmert. Patscheider hat jedoch nicht nur gejammert, sondern er ist kurz nach Beginn seiner vergangenen Legislaturperiode als Präsident aktiv geworden, um eine Lösung zu finden. Er schlug vor, ein Kooperationsprojekt mit Kleinmuseen im Obervinschgau auf die Beine zu stellen, um eine entsprechende Finanzierung erhalten zu können. Er konnte die Verantwortlichen der Museen in Graun, Mals und Taufers i. M. vom Projekt überzeugen und auch den LH Arno Kompatscher. Dann kam die Initiative in der Schleife der Landesbürokratie ins Stocken, und Patscheider war drauf und dran, das Handtuch zu werfen. Daraufhin wurde Kompatscher persönlich aktiv, und es klappte. Alexander Lutt aus Schluderns, wird ab 1. Juni 2023 die Leitung des Kooperationsprojektes übernehmen, das als Pilotprojekt drei Jahre lang erprobt wird. 80 % der Kosten übernimmt das Land, 20 % die Gemeinden. Lutt hat Geschichte und Archivwissenschaften in Wien studiert. Er ist Schludernser Chronist und war Vorstandsmitglied im VUSEUM.
Im Museum gehen die Aktivitäten wie bisher weiter, auch die Zusammenarbeit mit der Ferienregion im gemeinsamen Büro. Mit der Römerausstellung und der Aufarbeitung der Geschichte der Haflinger werden künftig zwei neue Themen aufgegriffen. Patscheider rief dazu auf, die Tätigkeit im VUSEUM durch eine Mitgliedschaft zu stärken, und er zeigte seine Freude darüber, dass dank des Pilotprojektes „der ganze bürokratische Kram von einem künftigen Präsidenten abfällt.“ (mds)
Reschen/Tiroler Oberland - In einer Presseaussendung schreiben die Landtagsabgeordneten Gudrun Kofler (FPÖ-Tirol) und Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit), dass die Bürgermeister zwischen Landeck und Graun vom neuen geologischen Gutachten begeistert seien.
Die Presseaussendung im Wortlaut:
„Die Landtagsabgeordneten Gudrun Kofler (FPÖ-Tirol) und Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) haben sich zu politischen Gesprächen über die Reschenbahn mit Vertretern der Gemeinden zwischen Landeck und Graun getroffen und allen Bürgermeistern und Gemeinderäten das geologische Gutachten zum Bau der Reschenbahn überreicht, welches als Grundlage für erste konkrete Planungen zur Streckenführung in den jeweiligen Gemeinden dienen soll. Es ist uns wichtig, alle Gemeinden in die Diskussion einzubinden und sie umfassend zu informieren. Die Gemeindevertreter zeigten sich durchwegs begeistert von der Reschenbahn und sicherten ihre volle Unterstützung für den Bau dieser wichtigen Bahnverbindung zu.
Nachdem sich der Süd-Tiroler Landtag bereits einstimmig für den Bau der Reschenbahn ausgesprochen hat, kommt nun auch in Nord-Tirol Bewegung in die Diskussion. Damit die Gemeinden bereits konkrete Planungen für eine Streckenführung vornehmen können, wurde den Gemeindevertretern ein geologisches Gutachten überreicht, in welchem detailliert aufgezeigt wird, wo eine Trassierung der Bahnlinie in den jeweiligen Gemeinden möglich wäre.
Die Bürgermeister berichteten, dass auch übergemeindlich die Reschenbahn bereits konkret diskutiert wird und sich die Gemeinden dabei für eine Streckenführung über den Reschen aussprechen, um für alle Gemeinden entlang der Strecke den größtmöglichen Nutzen zu bringen.
Mit der Reschenbahn könnten alle Skigebiete und Tourismusorte entlang der Strecke autofrei angebunden werden, was zu einer nachhaltigen Verkehrsentlastung führen würde. Auch für Pendler wäre die Reschenbahn äußerst wichtig, da lange Autofahrten zur Arbeit kaum mehr finanzierbar sind. Darüberhinaus würde die Reschenbahn durch die grenzüberwindende Mobilität auch das Zusammenwachsen der Tiroler Landesteile fördern.
Die Landtagsabgeordneten Gudrun Kofler und Sven Knoll sicherten den Gemeindevertretern ihre volle politische Unterstützung für den Bau der Reschenbahn zu und kündigten für den Sommer weitere Initiativen an, mit denen die Bevölkerung in die Diskussion eingebunden werden soll.“
Prad am Stilfserjoch. Am Sonntag, 21. Mai 2023 mit Beginn um 19.00 Uhr, ist in der Pfarrkirche Maria König in Prad am Stilfserjoch geistliche Abendmusik zu hören. Es singen die Sängerinnen und Sänger des Vinschger Chors unter der Leitung von Gernot Niederfriniger. An der Orgel spielt Marian Polin. Zu hören ist Chor- und Orchestermusik von Josef Gabriel Reinberger, Gernot Niederfriniger, Mario Pinggera und Johann Sebastian Bach.
Kolping im Vinschgau - Seit einiger Zeit fragen sich viele: warum ist mir/uns Kolping heilig? Eine entsprechende Petition von Kolping International wurde von Zehntausenden unterschrieben.
Ja, gerade die älteren Mitglieder wissen genau warum für sie Kolping heilig ist: er hat in seiner Zeit einen wesentlichen Beitrag als Sozialreformer geleistet. Seine Sichtweise war stets vierfach:Eine Weggemeinschaft: im Mit- und Füreinander.
Eine Glaubensgemeinschaft: im Sinne der jesuanischen Pädagogik. Heil und Heilung braucht jede/r und niemand darf ausgegrenzt werden, es sei denn, dass er/sie sich selber ausgrenzt.
Eine Bildungsgemeinschaft: dadurch, dass Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft sich weiter entwickeln, ist es unerlässlich, dass sich die Kolpinggemeinschaft in den verschiedensten Sparten weiterbilden, um all die Begabungen zu entfalten zum eigenen Wohl und zum Wohlstand der Gemeinschaft.
Eine Aktionsgemeinschaft: die Zeichen der Zeit erkennen und konkret vor Ort handeln!
Nur so geben wir heute als Kolpinggemeinschaft in einer Lebendigkeit den Mitmenschen Mut, Kraft, Trost und Beheimatung, damit das Werk von Adolph Kolping, der sagte, in seinen Gesellenvereinen soll gelernt ,gebetet und gelacht werden, weiterhin die große Ausstrahlung besitzt. Deshalb ist es sinnvoll, dass Adolph Kolping heilig gesprochen wird!
Otto von Dellemann
Als 18-Jähriger übersiedelte Luis 1956 mit seinen Eltern und Geschwistern vom „Thomahittl“
bei Tanas nach Schluderns. Dort lernte er seine Frau Maria Luise Blaas kennen und lieben.
Mit ihr gründete er eine Familie und baute einen Tischlereibetrieb auf.
von Magdalena Dietl Sapelza
Sein einstiges Zuhause „Thomahittl“ bei Tanas beschreibt Luis als das ärmste Höfl Südtirols. Der Ertrag reichte kaum, um über die Runden zu kommen. Die Trockenheit setzte den Feldern zu. „Miar hobm oft mea Erdäpfl innitoun als ausignummen“, beschreibt er. Die Eltern verdienten sich Nahrungsmittel oder ein Paar Lire als Tagelöhner. Luis und seine vier Geschwister suchten nach Essbarem in der Natur, nach Hagebutten und Sauerampfer. „Miar hobm olm gwisst, wenn di Pummlen, di Pfroslen, di Zwischpelan unt a di Kearschtn reif sein.“ In der ersten Volksschulklasse lehrte ihn der Lehrer noch den Hitlergruß, dann wurde wieder herkömmlich gegrüßt. In der Freizeit sammelte Luis Ivakraut, Augentrost, Wermuth und Wolfswurzen. Die Ausbeute trug er in getrocknetem Zustand zu einem Händler nach Agums. Das Geld gab er dem Vater, der für einen Hof irgendwo anders sparte. Im Alter von 11 Jahren schickten ihn die Eltern mit seinem jüngeren Bruder als Hütbub zu einem Bauern nach Morter. Dort litten sie Hunger. Deshalb verließen sie den Hof eines Abends und kamen am Morgen darauf daheim an. „Di Eltern hobm nit gschumpfn“, sagt Luis. Bei Bauern in Eyrs und dann in Laas erging es ihm um einiges besser. „Selm hon i af Thomahittl aui gsechn“, meint er. „Weil i bin olm a hoamweahiger Mensch gwesen.“ Die Lehre als Tischler absolvierte Luis in Laas. Nach elf Stunden Arbeit fuhr er täglich mit dem Rad nach Eyrs und ging dann zu Fuß heim nach „Thomahittl.“ Lohn gab es keinen. Damals musste man froh sein, eine Lehrstelle zu haben. Inzwischen hatte sein Vater das Geld beisammen, um den kleinen Hof in Schluderns zu kaufen. Sein erstes Geld verdiente sich Luis als Geselle in einer Tischlerei in Prad. Dann wechselte er in einem Tischlereibetrieb nach Mals. 1960 richtete er im elterlichen Stadel eine Werkstatt ein und machte sich selbständig. Als es ihm dort zu eng wurde, pachtete er einen größeren Raum im Ort. Er absolvierte die Meisterprüfung und beschäftigte Mitarbeiter. Inzwischen hatte er Maria Luise Blaas kennen und lieben gelernt. Sie war in Schluderns mit drei Geschwistern aufgewachsen und arbeitete in der GEOS in Schlanders. Näher gekommen waren sie sich bei einem Theater im Saal der „Bar Ortler“. Engumschlungen saßen sie hinten auf der Empore. „Selm hobmer norr nimmr drweil kopp, Theatr z’schaugn“, lacht Luis. Ihr erster Sohn kam zur Welt noch bevor sie 1962 bei der Frühmesse vor dem Traualtar standen. „Miar hobm holt di Natur spieln glott“, schmunzelt Luis und Maria Luise ergänzt: „I hon selm nit amol gwisst, wia deis mitn Kinderkriagn geht.“ Dass der Pfarrer die „ledigen Kinder“ in einer Predigt als schwarze Schafe bezeichnete, schmerzte sehr. Die kleine Familie wohnte in seinem Elternhaus. „Miar sein selm olle innigstopft gwesn“, beschreibt er. Maria Luise schenkte ihm noch eine Tochter und zwei Söhne.
Sie war eine liebevolle Mutter und Hausfrau und eine tüchtige Mitarbeiterin in der Tischlerei. Die Auftragslage war sehr gut. Das ermöglichte 1967 den Kauf eines Grundstückes und den Bau des Eigenheimes, in das die Familie 1968 einzog. Zehn Jahre später kam die Werkstatt dazu. Luis setzte auf Qualität, und das machte sich bezahlt. Ausgleich fand er als Mitglied der Musikkapelle Schluderns, der er 36 Jahre angehörte.
Anfangs der 1970er nahm Maria Luise auf Wunsch ihrer Patennichte deren einjährigen Sohn in Pflege. Kurz darauf brachte sie ihr einen weiteren sechs Monate alten Buben. Die Kleinen wuchsen ihr und ihrem Mann ans Herz wie ihre eigenen Kinder. Eines Tages sollten die Buben an Pflegeltern ins Pustertal vermittelt werden. Das brachte die Familie in Aufruhr. „Miar hobm di Bubm nimmer aweck lossn gwellt“, erinnert sich Luis. „Di Maria Luise hot olm lei mea greart.“ Er setzte alle Hebel in Bewegung, um die Pflegekinder behalten zu können, und adoptierte sie schließlich.
1989 übersiedelte Luis mit dem Betrieb in die Schludernser Handwerkerzone. Es erfüllt ihn mit Genugtuung, dass Söhne und Enkel den Betrieb heute erfolgreich weiterführen. „Sou woaß ma decht, dass ma nit umsuscht pugglt hot“, sagt Luis. Er hat sich 2018 aus dem Betrieb zurückgezogen und genießt die Zeit mit seiner Frau und seiner Hündin Xina. „Ohne Hund mecht i nia bleibm“ sagt er. Das Haus verlässt er selten. Nur die Sonntagsmesse besucht er regelmäßig. „Sel isch in oam innigwochsn“, sagt er. Maria Luise kann ihn nicht mehr begleiten, weil sie gesundheitlich angeschlagen ist. Er unterstützt sie, wo er kann. „Miar zwoa sein treue Husarn unt holtn zomm“, betonte er. „Miar sein seit über 60 Johr zwoa Zommgschwourne.“
Lichtenberg - Die offizielle Einweihung der Feuerwehrhalle in Lichtenberg durch Feuerwehrkurat und Ortspfarrer Florian Öttl feierten die FF-Männer und Frauen um den rührigen Kommandanten Peter Ortler am Florianitag mit der Lichtenberger Bevölkerung, mit FF-Abordnungen aus umliegenden Orten und mit Ehrengästen. Bis zur Fertigstellung der Halle, die 2021 bezogen werden konnte, waren einige Hürden zu überwinden gewesen. Das Bauvorhaben wurde unter BM Hubert Pinggera geplant. Der Durchbruch gelang unter BM Karl Bernhard und BM Rafael Alber konnte nun das Band (einen Feuerwehrschlauch) durchschneiden. Mit dem unterirdischen Bau war auch die Neugestaltung des darüberliegenden Dorfplatzes mit einher gegangen. Die Halle fügt sich unauffällig in das Gelände ein. Unterirdisch wurden 1.743 Quadratmeter verbaut. Architekt Kurt Stecher ging auf die Baugeschichte ein und Kommandant Alber auf die Geschichte der Lichtenberger Feuerwehr. Diese besteht aus 55 Aktiven und verfügt über vier Löschfahrzeuge. Zur gelungenen Halle gratulierten BM Alber, Bezirksfeuerwehrpräsident Obervinschgau Klaus Obwegeser, Landesfeuerwehrpräsident Wolfram Gapp, LR Arnold Schuler, die Vertreter der Raika Prad-Taufers Werner Platzer und Karl Heinz Kuntner und andere.
Für festliche Umrahmung sorgten die Kinder der Grundschule Lichtenberg mit Liedern, die Musikkapelle Prad mit Blasmusik und die Volkstanzgruppe mit dem Bändertanz. Anschließend lud Kommandant Ortler alle Gäste zum Mittagessen ein, bei dem die Geselligkeit gepflegt wurde. (mds)
Aus dem Gerichtssaal - und vom Hirsch das Geweih“.So beginnt ein bekanntes Jägerlied. Beides sind bei den Waidmännern begehrte Trophäen. In vergangenen, vordemokratischen Zeiten war die Jagd ein Vorrecht des Adels und der „Herrischen“. Daher war das Wildern auch eine Form des Aufbegehrens gegen die bestehende Ordnung. Noch heute, 150 Jahre nach seinem Tod, wird der Wildschütz Jennerwein vom bayerischen Schliersee im Lied besungen: „Er war ein Schütz’ in seinen schönsten Jahren, er wurde weggeputzt von dieser Erd’. Dem „feigen Jager, der ihn von hinten hat erschossen“, gereicht das immer noch zur Schande, und... „bringet ihm gewiss kein Ehrenkreuz.“
Eine ähnliche Legende wie um den Wildschütz Jennerwein rankt sich um die „Walder-Brüder“ aus Villgraten in Osttirol. Einer von ihnen, der Pius Walder, wurde 1982 von Jägern erschossen, da sie ihn für einen Wilderer hielten. Der Fall wurde von der Justiz nur halbherzig aufgearbeitet: Ein in Tötungsabsicht abgefeuerter Schuss wurde umgedeutet in Körperverletzung mit Todesfolge. Seine Brüder hielten die Erinnerung wach: An Pius’ Todestag lag jedes Jahr ein gewildertes Reh auf seinem Grab.
Ein völlig anders gearteter Fall von Wilderei, begangen von einem „Ordnungshüter“, hat sich im Frühjahr 2021 im Gemeindegebiet von Mals zugetragen. Den Forstbeamten fiel ein auf einem Waldweg illegal abgestelltes Auto auf. In dessen Nähe bemerkten sie einen ihnen bekannten Finanzer mit einem Begleiter bei der Spielhahnjagd. Sie fotografieren die Jäger. Bald darauf fällt ein Schuss und ein Spielhahn vom Baum. Die beiden Jäger beglückwünschen sich mit Handschlag und einem kräftigen „Weidmannsheil“. Den erlegten Speilhahn packen sie in einen Rucksack. Beim Auto angekommen, werden sie zum Öffnen des Rucksacks aufgefordert. Diesem Begehren wird nicht entsprochen. Im Gegenteil, der wildernde Finanzer stellt seinen Begleiter als General seiner „Waffengattung“ vor, glaubt damit seine „Schuldigkeit“ getan zu haben und ergreift die Flucht. Die Forstbeamten nehmen die Verfolgung auf, der Rucksack mit dem Spielhahn landet vor ihrem Auto.
Andere Förster unterstützt durch die Carabinieri errichten eine Straßensperre, die Spielhahnjagd endet schließlich auf der Polizeistation von Mals. Dort entpuppt sich der „General der Gelben Flammen“ als hundsgemeiner Autobahnbediensteter. Der Fall nimmt seinen obligaten gerichtlichen Verlauf. Der Finanzer gibt seine Verfehlungen zu, bezahlt das Bußgeld, verliert den Waffenpass und die Jagderlaubnis. Über disziplinarische Sanktionen gegen den wildernden Finanzer ist bislang nichts bekannt geworden. Zwischen dem Wildschütz Jennerwein, den Walder-Brüdern und dem des Nervenkitzels wegen wildernden Finanzer liegen Welten.
Peter Tappeiner
Rechtsanwalt
peter.tappeiner@dnet.it
Tschengls/Eyrs - Agitu Ideo Gudeta war eine Frau aus Äthiopien, die wegen politischer Verfolgung zur Flucht gezwungen worden war und sich im Trentino ein neues Leben aufgebaut hatte. Als Züchterin einer alten Ziegenrasse hatte sie im Fersental mit „La capra felice“ ausgezeichneten Käse hergestellt. Einerseits war sie die Vorzeigemigrantin mit innovativen Ideen, andererseits war sie Rassismus und Sexismus ausgesetzt gewesen. 2020 verstarb sie als Opfer eines Gewaltverbrechens. Agitu stand für Unternehmergeist, Tierliebe, Umweltschutz und Netzwerke, für soziales Gespür und mutiges Engagement. Ihr zu Ehren wurde zum zweiten Mal ein Preis in der Region Trentino-Südtirol ausgeschrieben, der innovative Leistungen von Frauen in der Landwirtschaft hervorhebt und soziale Komponenten berücksichtigt.
Der mit 2.500 Euro dotierte Förderpreis ging neulich in den Vinschgau, und zwar an Elisabeth Prugger aus Tschengls. Die Landwirtin und Landschaftsplanerin betreibt unter der Marke „Greiterhaus“ in Eyrs biointensiven Gemüseanbau für die Nahversorgung auf den Feldern in Tschengls. Mit viel Zuversicht und Mut zur Veränderung, Bodenhaftung und ansteckendem Frohsinn bearbeitet sie permanente Beete. Ökologisch und vielfältig ist die Palette, die Elisabeth Prugger und ihr Lebensgefährte Simon Platter in kleinstrukturierter Landwirtschaft entwickelt haben. Auch Streuobst ist dabei. Auf Social Media und mittels Newsletter halten sie Interessierte auf dem Laufenden. Mit dem E-Lastenfahrrad beliefert die Preisträgerin Liebhaber:innen von unbehandelten Produkten, ist auf Märkten anzutreffen, ergänzt die Marktstände der Bürgergenossenschaft Obervinschgau und verwandelt ihre samenfesten Pflanzen in vegetarische Speisen. Bei Veranstaltungen tritt sie mit der Versorgungsstation „Feld-Küche“ auf. Ihre Freude steckt sie nicht nur in den eigenen Betrieb, sondern auch in lokale Initiativen. Sie fördern die Entwicklung des ländlichen Raumes, pflegen seine Gemeinschaft und schaffen Synergien. Dazu gehören kulturelle Veranstaltungen und der Aufbau der Dorfkäserei Prad, geführt von der Bürgergenossenschaft Obervinschgau. Deren Vorsitz hat Elisabeth Prugger nach dem Ableben von Armin Bernhard übernommen. Die Promotorinnen des Preises - Martina Schullian, Susanne Elsen, Alessandra Piccoli, Monika Gross und Marion Maier - würdigten Pruggers Engagement als zukunftsfähig, da sie Kultur, Soziales und Gesundheit gut verknüpft fanden. Daher sprachen sie Elisabeth Prugger aus den 16 Bewerbungen den „Agitu Ideo Gudeta Förderpreis 2023“ zu. Der Sonderpreis ging an Stefania Lusuardi vom Maso Canova aus Terlago im Trentino. Eine besondere Anerkennung erhielt die in Trient lebende Iranerin Ala Adzakdia. Alle drei Frauen bewegen sich im ökosozialen Feld, das Agitu Ideo Gudeta beispielhaft beackert hat.
Maria Raffeiner
Doku über Agitu Ideo Gudeta:
„Eine Äthiopierin in den Alpen“
von Andreas Pichler, www.dw.com
Podcast über Elisabeth Prugger:
„Auf den Spuren des guten Lebens“
von Anita Rossi, www.salto.bz