Dienstag, 06 August 2013 09:06

Der Vinschgau wird (endlich) verkabelt

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s6 5704Bereits seit Jahren wartet man, vor allem im oberen Vinschgau, auf eine zeitgemäße Internet-Breitbandverbindung. Nun scheint man endlich voranzukommen: Das Land fordert die Fertigstellung der Masterpläne zum Ausbau des Glasfasernetzes bis zum Jahresende. In zwei Vinschger Gemeinden ist man bereits weiter, Prad und Taufers haben mittlerweile über ihre E- bzw. Fernwärmewerke ein eigenständiges Glasfasernetz eingerichtet.

von Philipp Trafojer und Bruno Telser


Mangelnde Breitbandverbindungen sind im Vinschgau schon seit Jahren Thema. Nachdem die Telecom mit ihrer ADSL-Breitbandverbindung in Laas Halt machte, ging der obere Vinschgau leer aus.

Alternativ dazu wurden Funklösungen angeboten, welche zunächst kläglich scheiterten, heute zuverlässiger funktionieren aber langfristig keine flächendeckend ausreichende Versorgung darstellen. Selbst im Untervinschgau blieben weite Gebiete abgeschnitten. Im Zuge des Ausbaus der Vinschgerbahn sowie des Radweges wurden vom Land Glasfaserkabel bis nach Reschen verlegt. Nun liegt es an den Gemeinden, Pläne zum Ausbau des Glasfasernetzes aufzustellen, um den Missständen beizukommen. In Taufers und Prad ist man bereits weiter.

Die beiden Vorzeigemodelle:
In beiden Gemeinden gibt es funktionierende Glasfasernetze. Ersteres entstand ab 2007 in Taufers im Zuge der Errichtung des Fernheizwerkes. Dabei setzten die Betreiber (SEG) auf Glasfaser zur Steuerung der Heizregler. Die dabei verlegten Leitungen können auch als Internet-Datenleitungen verwendet werden. Auch in Prad gibt es ein funktionierendes Glasfasernetz, das bis 2015 vervollständigt wird. Vom E-Werk Prad wurden dazu bestehende Leerrohre der Fernwärme oder Stromleitungen genutzt. In beiden Gemeinden wird das Glasfasernetz von „privaten“ Betreibern geführt, die die Errichtung des Netzes eigenständig bewerkstelligen und ihr Netz im Zuge des Ausbaus an einen Drittanbieter (Provider) vermieten. Der Zugang zum Netz steht auch Nicht-Mitgliedern der jeweiligen Versorgerbetriebe offen. Entsprechende Vereinbarungen mit den Gemeinden wurden schon bei Beginn der Projekte getroffen. Die Gemeinden stehen hinter beiden Projekten und unterstützen sie. Während in anderen Vinschger Gemeinden noch fieberhaft geplant oder gegraben wird, werden in Taufers und Prad jetzt schon s7 1124Internetanschlüsse über Fasern realisiert. In Prad wurde im vergangenen Spätsommer die Anbindung an den Glasfaser-Hauptstrang in Spondinig eigenständig verlegt. Dabei kam das E-Werk dem Land zuvor, um längere Verzögerungen zu vermeiden. Im Zuge daran wurde ausgehend vom in der „Kultur“ errichteten Knotenpunkt das Netz bis ins Dorfzentrum erweitert. Heute gibt es bereits ca. 80 Kunden, vor allem im Gewerbegebiet, die über einen derartigen Zugang zum Internet verfügen. Bis zum Jahresende sollen es 200 werden, bis 2015 ca. 400. Zukünftig plant man eine Weiterführung des Netzes bis nach Lichtenberg sowie in die „Schmelz“ unterhalb von Stilfs, von wo aus sich das E-Werk Stilfs um den weiteren Ausbau im Gemeindegebiet Stilfs kümmern kann. Der für das E-Werk Prad zuständige Ingenieur Martin Platzer erklärt das Glasfasernetz als ein Nullsummenspiel. Es gehe weniger um Profit als um die flächendeckende Versorgung mit Breitbandinternet. Das E-Werk Prad kann durch die eigenständige Netzführung pro Kunde ein Drittel des Nettoverkauspreises einbehalten. In ca. 15 Jahren wird so das Netz abbezahlt sein. Die angewandte Technologie des Fiber To The Home (FTTH) mit Fasern auf dem letzten Stand hat, so Platzer, technisch kaum Grenzen. Dabei verläuft die Faser bis zum Endkunden. Bereits heute sind theoretisch Datenvolumen von bis zu 100Gbit möglich, ,,die die mittlerweile schon veraltete ADSL-Technologie deutlich übersteigen.“ Platzer rechnet mit einer Haltbarkeit dieses Standards von mehreren Jahrzehnten. Das gängige ADSL wird hingegen bald ausgedient haben.
In Prad wird noch an der letzten Meile gebaut. Die Tauferer haben diese Hürde schon übersprungen. Seit dem 17. Juli ist das Glasfasernetz des dortigen Fernheizwerkes mit dem Landesglasfasernetz verbunden. Rund 82 Prozent der effektiv bewohnten Haushalte verfügen über einen direkten Zugang zum Glasfasernetz. Haushalte, die nicht mit Fernwärme beliefert werden, müssen anfallende Grabungen selbst übernehmen bzw. leisten. Wer ans Internet angeschlossen wird, bezahlt die dafür benötigte Hardware (200 €uro) und kann momentan zwischen zwei Providern auswählen. Diese führen von ihrem Erlös 8,5 €uro als Netzmiete an den Netzbetreiber ab. Ähnlich ist die Situation in Prad. Als einmalige Gebühr für die Hardware werden dort 100 €uro fällig und es gibt auch hier eine vergleichbare Netzmiete entsprechend ca. einem Drittel des Nettoendpreises.

Und im Rest des Vinschgaus?
Nur in Taufers und Prad existieren Glasfasernetze im Vinschgau. Dabei war schon seit geraumer Zeit klar, dass Südtirol mit dieser Technologie erschlossen wird. Jahrelang erfolgte die vom Land betriebene Erschließung mittels Glasfasern eher schleppend und hinkte den politischen Versprechungen hinterher. Heute ist eine Grundstruktur durch das Land gelegt. Die Landesregierung hat damit – wenn auch mit Verspätung ihre Versprechen gehalten.
Trotzdem sind wir einfachen Bürger noch weit entfernt vom Anschluss an das Glasfasernetz. Uns trennt die berühmte „letzte Meile“, die für Taufers die erste war. Es fehlt die Verbindung zwischen den „Landesglasfasern“ und den Häusern der Gemeindebürger. Für die Errichtung der dafür notwendigen Netzstrukturen waren und sind die jeweiligen Gemeinden selbst zuständig. Sowohl in Taufers wie auch in Prad haben ihnen Genossenschaften diese Last abgenommen und ein Netz errichtet.
s6 5695Die übrigen Gemeinden müssen diesen Job nun selbst erledigen. Die Richtung gibt ihnen dabei das Land Südtirol vor. Dieses schreibt den Gemeinden die Erstellung von Masterplänen vor. Darin sollten das angestrebte Netz dargestellt und Möglichkeiten eruiert werden, anfallendes Grabungs- und Verlegungsarbeiten so billig als möglich zu halten. Im Gegenzug verspricht das Land Unterstützung für die Anbindung von öffentlichen Gebäuden und bevorzugte Behandlung der Gemeinden mit genehmigten Plänen. Der Einreichtermin für die Pläne ist längst verstrichen, die Genehmigungsphase erweist sich als aufwändig, zudem haben bei Weitem nicht alle Gemeinden Masterpläne (MP) eingereicht.
Gründe, weshalb sich Gemeinden bei der Erstellung Zeit lassen, gibt es viele. Einige Verwaltungen schätzen Masterpläne prinzipiell nicht. Manche glauben, Dringenderes erledigen zu müssen. Viele der säumigen Gemeinden aber fürchten die Verpflichtung. Jeder Plan sollte irgendwann auch durchgeführt werden. Der Aufbau eines Glasfasernetzes aber ist teuer und er wird es umso mehr, je weniger Vorarbeit geleistet wurde. Die Masterpläne listen neben der Struktur des angestrebten Netzes und den erwarteten Kosten auch schon verlegten Leerrohre und ähnliche nutzbaren Strukturen auf. Mit einem Masterplan verspricht jede Gemeinde im Prinzip, den Ausbau des Netzes voranzutreiben, und sie gibt Auskunft darüber, wie sie bisher auf die Empfehlungen der Politik reagiert hat. Teuer wird die Angelegenheit für alle Gemeinden. Teuer und bitter wird es für jene, die zwar viel gegraben, aber wenig geeignete Leerrohre verlegt haben.

Was wird gemacht?
Derzeit werden in den einzelnen Gemeinden Zentrale Knotenpunkte (POP’s) errichtet, die durch eigene Geräte die Verbindung zwischen den „Landesglasfasernetz“ und dem zukünftigen „Gemeinde“-netz herstellen. Ein solches „Gemeinde“-netz besteht aus einer Vielzahl dünner Fasern. Ein Ende einer jeden Faser ist im POP in ein elektronisches Gerät eingespeist. Sein anderes Ende mündet beim Kunden in ein kleines elektronisches Empfangs- und Sendegerät. Dazwischen befindet sich nur diese eine Faser als durchgehend „passive“ Datenleitung.
Die Fasern werden nur das letzte Stück bis zum Anschluss einzeln verlegt. Den größten Teil der Strecke verlaufen sie zu Stängen gebündelt in Plastikrohren unter der Erde. Je nach Bedarf werden davon in Verteilungskästen kleinerer Stränge oder gar einzelne Fasern abgezweigt und weiter geführt. Glasfasern können durch das „Spleißen“ verbunden (und damit auch verlängert) werden, was den Netzausbau enorm erleichtert.
Sobald die POP’s an das Landesglasfasernetz angeschlossen sind, ist den Anwohnern der Zugang zum Internet über Glasfaser prinzipiell möglich. Anschließen wird sich aber nur können, wer sich nahe genug am POP bzw. den ersten Verteilungskästen befindet. Die POP’s wurden so geplant, dass Unternehmen, die auf ein schnelles Internet angewiesen sind, und die Telecom versorgt sind. Letztere soll nach Anschluss ein einigermaßen schnelles, weitgestreutes und stabiles ADSL anbieten können.
Viele Verwalter meinen, dass in Zukunft der Wunsch nach einem weiteren Ausbau der Glasfasernetze in den Gemeinden abebben wird. Im Anschluss der größten Unternehmen und der öffentlichen Gebäude an das Netz und der Gewähleistung der Versorgung mit ADSL sehen sie ihre Aufgabe. Dabei übersehen sie, dass ADSL keine Zukunfstechnologie mehr ist, dass die Bedürfnisse mit den Möglichkeiten wachsen und auch einfache Bürger das haben wollen, was sie von ihren Nachbarn kennen. Am meisten Probleme bereiten vielen Gemeindepolitiker die erwarteten hohen Kosten. Dabei wissen sie gar nicht, wie viel der eigenen Bevölkerung die neue Infrastruktur wert ist.
Taufers und Prad zeigen, wie durch Engagement und Weitblick die Bevölkerung auch kleiner Gemeinden teure Zukunftsprojekte meistern kann. Dabei haben die Tauferer und Prader vor allem Eigeninitiative und die Bereitschaft für die Zukunft Geld auszugeben bewiesen. Siegfried Warger, IT-Fachmann und einer der Tauferer Glasfaserpioniere, rät den Vinschgern die Realisierung ihrer Glasfasernetze aktiv voranzutreiben: „Wir Südtiroler sind es gewohnt, dass die öffentliche Verwaltung alles für uns macht, und erwarten uns das auch so. Gerade bei der Erschließung der letzten Meile sollten wir aber mehr Mut und Eigeninitiative zeigen – schließlich wird ein Gebäude mit direktem Glasfaseranschluss ja auch aufgewertet und das darf den Eigentümer ruhig eine Kleinigkeit kosten. Man darf sich nicht mit dem Erreichten zurücklehnen und zufriedengeben. Wir müssen auch in Zukunft einen Schritt voraus denken, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wir leben schließlich im wirtschaftlich schwach entwickelten Vinschgau.“

 


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