Spezial-Landwirtschaft: Wanderhennen im Vinschgau

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Die zwei Jungbauern Peter Bertagnolli aus Glurns und Simon Stecher aus Mals haben mit dem Projekt „Obervinschger Wanderhennen“ eine sympatische Initiative gestartet mit dem Ziel, Eier natürlich und tierfreundlich zu produzieren.

von Magdalena Dietl Sapelza

Wenn sich am Morgen die Luken des mobilen Hühnerstalles öffnen und die Hennen auf die Wiese strömen, wo sie eifrig am grünen Gras picken, ist das ein Anblick, der das Herz eines jeden Tierliebhabers höher schlagen lässt. Für Staunen sorgen auch die fünf Hähne, die sich dominant krähend aufplustern und unmissverständlich deutlich machen, dass sie die Herren der großen Hühnerschar sind.
Auf die Frage, warum er auch Hähne hält, obwohl diese keine Eier legen, meint Peter Bertagnolli: „A Gigger keart onfoch drzua, unt di Hennen hobm a Freid.“ Die Hähne seien für das Projekt durchaus auch nützlich, so Peter weiter. Denn sie wachen akribisch über ihre Hennen und warnen diese, wenn sich ein Greifvogel nähert. Ist ein Beutegreifer im Anflug, stoßen sie warnende Schreie aus. Die Hennen suchen dann sofort Schutz unter dem Hühnerstall oder im Stall selbst und wagen sich erst wieder hervor, wenn die Gefahr gebannt ist. Auch wenn sich Unbefugte dem Hühnergehege nähern, müssen sie damit rechnen, dass sich die Hähne ihnen angriffslustig entgegenstellen.
Eier von Freilandhühnern wünschen sich immer mehr Konsumenten/innen. Deshalb kommt die Initiative „Obervinschger Wanderhennen“ der beiden Jungbauern Peter Bertagnolli in Glurns und Simon Stecher in Mals gut an. Ihre mobilen Hühnerställe sind für rund 200 Hühner ausgelegt. Die s52 wanderhennenEier - zirka 160 täglich - werden in Kartons verschiedener Größen verpackt und können dann aus den Selbstbedienungsboxen entnommen werden, die neben den Höfen stehen. Das Geld dafür wird durch einen Schlitz eingeworfen. „Deis mit di Goggele-Boxen laft af Vertrauen“, erklärt Peter. Es ist ein Versuch in der Hoffnung auf ehrliche Käufer/innen. Bisher habe es im Großen und Ganzen auch immer gepasst, so Peter. Die beiden Jungbauern bieten auch „Goggele-Abos“ mit Lieferservice an.

Wie hat alles begonnen
Beim Besuch der Landwirtschaftsmesse Agri Alp 2019 in Bozen schauten sich die beiden Jungbauern erstmals einen mobilen Hühnerstall an. Dieser sprach sie auf Anhieb an. Es war in erster Linie die natürliche Haltungsform der Hühner, die sie überzeugte.
Und schon war die Idee geboren, sich selbst zwei mobile Ställe zuzulegen, zumal ihnen neben ihren Höfe ausreichend Grünland zur Verfügung steht. Sie informierten sich über die gesetzlichen Vorgaben zur Hühnerhaltung, über Größe und Konstruktion des Stalles, über Hühnerrassen, Fütterung und vieles mehr.

„Di Hennen solln a scheans Lebm hobm“
Für die beiden Jungbauern war fast alles Neuland. Sie hätten schon einige Zeit gebraucht, bis sie in Sachen Hühnerhaltung halbwegs im Bilde waren, erklärt Peter. „Unt miar learnen olm nou drzua.“ Wertvolle Tipps holten sie sich bei einem Halter von Wanderhennen in Allach nahe München.
Peter Stecher kaufte sich einen vorgefertigten mobilen Hühnerstall. Peter Bertagnolli und sein Vater Armin bauten ihren Stall selbst. Sie konstruierten auch die Goggele-Boxen für beide Hofstellen.
Jeder mobile Hühnerstall besteht aus zwei Etagen. Den Hühnern steht eine Fläche von zweimal rund 15 Quadratmetern zur Verfügung. Die Verbindung zwischen den Etagen ist offen. In der unteren Etage befindet sich der Scharrraum, wo sich die Hühner nach Belieben im Sand baden können. Untertags, wenn die Luken ins Freiland geöffnet sind, nutzen die Hühner diese Etage auch als überdachte Auslauffläche, die ihnen bei den unterschiedlichen Witterungsverhältnissen oder bei Gefahr beispielsweise durch Greifvögel Schutz bietet. In der oberen Etage finden sie Futter (Legemischung aus der Region), Wasser und geeignete Sitzstangen für die Nacht. Dort befinden sich auch die „Familiennester“, in denen mehrere Hühner gleichzeitig Platz finden, um ihre Eier auf eine weiche Unterlage aus Dinkelspelzen legen zu können „So bleiben die Goggelen sauber“, meint Peter. Die Zeit der Eiablage ist der frühe Vormittag. Erst danach werden die Luken ins Freiland geöffnet. „Wenn miar z’friah off tatn, miaßatn miar di Goggelen norr überoll in der Wies zommsuachn“, erklärt Peter. Ein Fotovoltaikanlage sorgt für Licht, das den Tieren am Abend signalisiert, wieder in den Schutz des Stalles zurück zu kehren.
Alle 10 bis 14 Tage werden die drei Tonnen schweren Hühnerställe mit Hilfe eines Traktors weiterbewegt. „Deis isch inser greaßter Aufwand“, sagt Peter.
Die abgegraste Wiese kann sich dann wieder regenerieren.
Die Größe der jeweils eingezäunten Freifläche wird so berechnet, dass jedem Huhn vier Quadratmeter Grünland zur Verfügung stehen. Denn es gilt der Grundsatz: „Di Hennen solln a scheans Lebm hobm“, das betonen Peter und Simon unisono. Und sie machen sich bereits Gedanken über eine Verwertung der Tiere, wenn deren Zeit als Legehennen vorbei ist, beispielsweise als Suppenhennen. Doch das ist eine andere Geschichte.

 

Peter Bertagnolli
Glurns, St. Lorenzweg 1
Telefon: +39 346 33 51 455

Simon Stecher
Mals, Dr H. Florastraße 44
Telefon: +39 3404579525
obervinschgerwanderhennen@gmail.com

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