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„Wie soll unsere Zukunft aussehen?“

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Die größte Müllkippe der Welt ist gut versteckt. Plastikinseln, größer als viele Länder, treiben im Meer und unser Plastikmüll hat inzwischen selbst die Tiefsee erreicht. Durch die Folgen von Plastik im Meer verenden schätzungsweise jährlich um die 100.000 Meerestiere wie Wale oder Delfine und rund eine Million Seevögel. Magdalena Gschnitzer, Umwelt- und Tierschutzaktivistin aus Gasteig bei Sterzing, setzt sich in verschiedenen Projekten aktiv für den Umweltschutz ein. Mit dem Vinschgerwind sprach sie über die Wichtigkeit der Meere und was jeder von uns tun kann, um die Welt ein kleines Stück besser zu machen.

Vinschgerwind: Magdalena, du bist jetzt bereits einige Jahre bei der Organisation Sea Shepherd, hast an zahlreichen Kampagnen teilgenommen, eigene Projekte initiiert und setzt dich für Umwelt- und Tierschutz ein. Gab es ein ausschlaggebendes Ereignis, das dich dazu bewegt hat, selbst aktiv tätig zu sein?
Magdalena Gschnitzer: Ja, auf jeden Fall. Bei einem Spaßtauchgang, vor meiner Ausbildung zur Tauchlehrerin, habe ich einen Zackenbarsch gesehen, der in einem Geisternetz gefangen war. Ich weiß nicht ob du einmal einen Zackenbarsch gesehen hast, er war riesig. Das Geisternetz hat ihn ziemlich stark mitgenommen und seine Kiemen waren kaputt, weil sich das Netz dahinter festgesetzt hatte. Keine Ahnung wie lange er schon festgehalten wurde, er konnte nicht mehr vor oder zurück schwimmen. Als ich das gesehen habe, sind mir die Tränen gekommen. Ich habe unter Wasser geweint, weil ich zum ersten Mal gesehen habe, wie stark wir Menschen uns auf die Umwelt auswirken, ohne es zu merken. Wir haben den Fisch befreit, der sich gleich unter einem Korallenblock versteckt hat, und dann einen Teil des Netzes rausgeholt. Wenige Minuten später ist der Zackenbarsch dann neben uns hergeschwommen, als wolle er sich bei uns bedanken. In dem Moment wusste ich: Das will ich in meinem Leben machen, Tiere retten und wenigstens ein paar Dinge, die wir Menschen verbockt haben, wieder geradebiegen. Dieser Moment hat mein Herz geöffnet und mein Leben verändert. Im Grunde habe nicht ich den Zackenbarsch gerettet, sondern er mich.

Vinschgerwind: Du betonst in deinen Vorträgen immer die Wichtigkeit der Meere für unseren Planeten und uns Menschen. Dass unser Verhalten hier in den Bergen die Weltmeere beeinflusst, kann abstrakt erscheinen. Warum geht uns die Gesundheit der Meere alle etwas an?
Magdalena Gschnitzer: 70% der Welt-oberfläche besteht aus Wasser. Allein das ist schon ein Grund, warum wir uns für das Meer interessieren sollten. Wir wissen mehr über den Mars als über die Ozeane, das ist verrückt. Ganz egal wo wir leben - ob am Meer, mitten im Dschungel oder in Südtirol - das Meer produziert über 50% unseres Sauerstoffs. Wenn das Meer nicht intakt ist, wenn wir auch nur eine Spezies ausrotten, fällt alles zusammen. Wir müssen beginnen das zu begreifen, Zusammenhänge zu sehen und umzudenken, damit es nicht so weit kommt.

Vinschgerwind: Die Thematik Plastik in den Meeren ist aktuell in den Medien sehr präsent und viele Bilder, die man sieht, sind schockierend. Auch die Zahlen, die du in deinen Vorträgen nennst, zeichnen ein sehr trauriges Bild.
Magdalena Gschnitzer: Die Zahlen sind schon deprimierend, auf jeden Fall. Deshalb muss ich ehrlich sein. Ich schau mir die Zahlen zwar an, weil ich den Menschen erklären möchte, wie es aussieht und wie weit die Probleme bereits fortgeschritten sind. Aber ich selbst halte mich nicht an Zahlen fest. Das würde mir zu viel Kraft rauben, Energie, die ich für bessere Dinge einsetzen will. Ich gebe diese Zahlen weiter, versuche aber auf Emotionen zu bauen. Emotionen können, glaube ich, so viel verändern und deshalb versuche ich den Menschen zu zeigen, was wir retten können, was es überhaupt wert ist. Es ist gut, dass über dieses Thema gesprochen wird, denn wir alle müssen die Folgen unserer Handlungen begreifen und umdenken. Eine Plastikflasche hat eine Abbauzeit von 450 Jahren. Aber das heißt nicht, dass sie dann weg ist. Sie ist immer noch da, nur eben in einer anderen Form, in unzähligen, winzigen Plastikpartikeln. Das muss uns bewusst werden: Das Plastik, das wir erzeugen ist nicht abbaubar.

Vinschgerwind: Du bist viel herumgekommen und hast viel gesehen. Wenn du die Lage in Südtirol betrachtest, gibt es eine Veränderung?
Magdalena Gschnitzer: Ja auf jeden Fall, es passiert etwas. Es gibt in Bozen einen plastikfreien Supermarkt und in Reformhäusern und Biohäusern gibt es auch plastikfreie Produkte. Dort kann man einkaufen gehen, ohne Plastikverpackungsmüll zu produzieren. Es wird aber auch immer mehr Aufklärungsarbeit geleistet: Vorträge, Projekte mit Schulen oder Kurse bei denen man lernt eigene Kosmetik oder Waschmittel zu machen. Es gibt immer mehr alternative Produkte, die man statt Plastik verwenden kann. Es ist echt toll zu sehen, dass sich etwas tut. Dennoch müssen wir auch bei den Alternativen kritisch sein, denn ihre Ökobilanz ist auch nicht ganz perfekt. Aber ich glaube wir gehen in die richtige Richtung. Das Bewusstsein für das Thema steigt. In Schulen gibt es zum Beispiel oft Automaten mit Plastikflaschen und Kaffeeautomaten. Sie werden aber immer weniger. Von einigen Schulen, in denen ich einen Vortrag gehalten habe, habe ich gehört, dass die Schüler jetzt die Wasserflaschenautomaten abschaffen wollen und nach Alternativen suchen. Es verändert sich Einiges.

Vinschgerwind: Stichwort Schulen: Du machst sehr viele Projekte mit Kindern. Wie wichtig ist für dich, dass man Kinder zu bewusst lebenden Erwachsenen erzieht?
Magdalena Gschnitzer: Das ist von mir aus gesehen etwas vom Allerwichtigsten, weil die Kinder unsere Zukunft sind, die Zukunft dieser Welt. Sie haben die Chance schon von klein auf zu lernen, dass man besser und bewusster mit der Umwelt umgehen kann, mit Menschen, Tieren und der Plastikthematik. Das heißt, im Vergleich zu unserer Generation, müssen sie sich nicht umgewöhnen, um auf Plastik zu verzichten. Man kann Kindern die Möglichkeit geben mit Alternativen aufzuwachsen. Ich glaube, wenn man ihnen diese Werte vorlebt, dann setzen sie sie gerne um. Ich bin immer wieder begeistert mit wie viel Interesse und Energie Kinder ihre Zukunft schützen wollen und deshalb finde ich es sehr wichtig, sie dabei zu unterstützen.

Vinschgerwind: Was kann jeder konkret tun um seinen Beitrag zu leisten?
Magdalena Gschnitzer: Es geht eigentlich um sehr viele verschiedene Themen; die Meere sind schon sehr stark plastikbelastet, sie sind aber auch stark überfischt. Ich denke, wir müssen uns alle viele Gedanken machen, wie wir in Zukunft leben wollen. Wie soll unsere Zukunft aussehen? Aufbauend auf diesem Bild, sollten wir handeln. Ich glaube, Plastik ist zur Zeit eines der größten Themen und wirklich jeder kann versuchen auf Plastik zu verzichten und bewusster zu konsumieren. Es ist nicht immer einfach, aber es ist möglich. Man kann tolle Alternativen finden, neue Ideen austüfteln, es entstehen neue Berufe. Man selbst, jeder Einzelne kann verzichten, seinen Beitrag leisten und etwas ändern.
Wie oft habe ich gehört: Nur weil du darauf verzichtest, ändert das ja auch nichts. Und ich habe mich von diesen Aussagen auch demotivieren lassen. Aber das stimmt nicht! Jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten. Das will ich in meinen Vorträgen weitergeben. Wir müssen es nicht so weit kommen lassen. Jetzt haben wir noch die Chance etwas zu ändern. Aber dafür müssen wir uns zusammentun, alle mitdenken und etwas verändern wollen. Weil nur, wenn wir die Situation verändern wollen, wird es auch passieren.
Interview: Claudia Gerstl

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