Dienstag, 01 Mai 2018 12:00

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s6 4877Laas - Die SVP-Ortsausschüsse im Vinschgau haben am 19. April überraschend die Laaserin Elfi Kirmaier zur Landtagskandidatin gekürt. Sie erhielt 35 Stimmrechte, 26 Stimmrechte gingen an die Latscher VizeBM Sonja Platzer. Wer ist Kirmaier, was denkt sie und wie steht sie zu Vinschger Themen? Eine Annäherung. 

Vinschgerwind: Die Mehrheit der SVP-Ortsausschüsse des Vinschgaus haben Sie für eine Kandidatur zum Südtiroler Landtag nominiert. Wie fühlt sich das an?


Elfi Kirmaier: Was ich bei der Bekanntgabe des Ergebnisses am stärksten gespürt habe, war Verantwortung, Freude und die Hoffnung, das Vertrauen der Ortsgruppen nicht zu enttäuschen. Ich möchte mein Netzwerk, meine Lebenserfahrung, alles was ich kann und weiß, nutzen, um unser Vinschgau gut zu vertreten. Ich möchte einfach gut am Boden bleiben und den Auftrag nicht übernehmen, um irgendwas zu werden, sondern um fürs Vinschgau in Bozen gute politische Arbeit zu machen.
Vinschgerwind:Besonders die Ortsgruppen der Gemeinde Laas, die Obervinschger auch, haben Ihnen das Vertrauen ausgesprochen. Wie werden Sie die Untervinschger überzeugen können?
Kirmaier: Ich bin generell ein Mensch, der lieber verbindet als trennt und bin fürs ganze Vinschgau beauftragt worden. Bei den Vorstellungen in den Ortsgruppen, habe ich mich in Kastelbell, in Latsch, in Martell, Schnals und in Schlanders gleich wohl gefühlt, wie in den Gruppen im oberen Vinschgau. Danach geht es mir drum, dass ich mit allen Gemeinden an den konkreten Themen arbeiten kann.
Vinschgerwind:Sie werden nun neben dem amtierenden Landtagsabgeordneten Sepp Noggler in die Wahl ziehen. Haben Sie einen guten Draht zu Noggler?
Kirmaier: Wir sind zwei unterschiedliche Personen. Ich glaube, dass genau diese Unterschiedlichkeit eine Stärke für den Vinschgau sein kann.
Vinschgerwind: Wie würden Sie diese Unterschiedlichkeit skizzieren?
Kirmaier: Der Sepp ist schon lange in der Politik, hat Erfahrung und kennt die politische Szene gut. Ich bin eine Quereinsteigerin. Außer, dass ich Vizevorsitzende der SVP Bezirksfrauen bin, bin ich politisch unerfahren. Ich denke, dass ich durch Sepp Noggler lernen kann.
Vinschgerwind: Ist Unerfahrenheit von Vorteil?
Kirmaier: Ich glaube, es ist kein Nachteil.
Vinschgerwind:Sie sind aus Bayern gebürtig. Was verbindet Sie mit dem Vinschgau?
Kirmaier: Mein Mann ist Vinschger, wir haben hier unser Haus gebaut. Ja und dann noch meine bäuerliche Herkunft. Ich bin als Hopfenbauerstochter mit angebundener Viehwirtschaft aufgewachsen. Ich habe melken gelernt und ausgemistet und bin in einer Jägerfamilie groß geworden. Da gibt es viele Traditionen aus meiner Kindheit, die ich hier auch habe. Ich genieße es, als Gegenpol zu meinem Beruf in Bozen über die Töll hinauf heimzufahren. Ich lebe seit 33 Jahren in Südtirol, war immer berufstätig, habe hier meine Kinder geboren, viele Freunde gewonnen und auch Krisen gemeistert.  Da ist meine Heimat.
Vinschgerwind: Vor der Wahl in Kortsch haben Sie gesagt, man müsse zusammenhalten, ich zitiere, „damit in Südtirol nicht ein Rechtsruck geschieht“. Wie halten Sie dagegen?
Kirmaier: Ich habe zu den Themen, die von anderen Parteien sehr populistisch aufgegriffen werden, klare Meinungen. Etwa zum Thema Flüchtlinge, Migranten, Ausländer insgesamt. Auch wenn es um die Doppelstaatsbürgerschaft geht. Ich habe aber auch eine klare Meinung, wenn es um das Thema Impfen geht...
Vinschgerwind:...Sagen Sie uns Ihre Meinung zum Impfen etwa...
Kirmaier: Ich finde impfen wichtig. Auch weil man dadurch Verantwortung für sich selbst, für die Kinder und für die Gemeinschaft übernimmt. Es gibt Menschen, die aufgrund von Krankheit oder genetischer Disposition keine Impfung machen können. Ich bin eine Impfbefürworterin.
Vinschgerwind:Ihre Meinung zu Migration bzw. zu Migranten?
Kirmaier: Migration und Flucht sind ein komplexes Thema und wir in Südtirol haben keine gesetzliche Zuständigkeit. Ich finde es schade, dass so ein trauriges Thema beim Budel plakativ und mit teilweise harten, auch menschenverachtenden Aussagen abgehandelt wird. Italien hat innerhalb der EU lange Jahre laut nach Hilfe gerufen und wurde von den anderen EU-Staaten allein gelassen. Durch diese Vernachlässigung ist es zu einer Unterschätzung des Problems gekommen. Ich weiß, dass die Südtiroler sehr hilfsbereite Menschen sind. Ohne diese Hilfsbereitschaft wäre Politik aufgeschmissen. Mir persönlich fehlt innerhalb der EU ein Konzept, in dem bei der Lösung der Probleme alle EU-Mitgliedsstaaten Verantwortung übernehmen müssen.
Vinschgerwind:Nehmen wir noch die Doppelstaatsbürgerschaft hinzu. Haben Sie selbst eine Doppelstaatsbürgerschaft?
Kirmaier: Ich bin Europäerin (lacht). Meine Kinder haben beide Staatsbürgerschaften. Gerade weil ich eine bin, die zwei Staatsbürgerschaften haben kann, stelle ich fest, dass das nichts bringt. Zugehörigkeit passiert nicht über ein Dokument. Bei mir hat sich Identifikation und Zugehörigkeit entwickelt, weil die Menschen mit mir nett sind und mich respektvoll behandeln.

Vinschgerwind: Sie kommen von Ihrer Ausbildung aus dem Gesundheitsbereich. Das Thema Erhalt des Krankenhauses Schlanders ist eines von vielen. Sie arbeiten derzeit in einer Privatklinik und Sie möchten sich um den Erhalt des Krankenhauses Schlanders einsetzen. Wie lösen Sie diesen Widerspruch?
Kirmaier: Das ist überhaupt kein Widerspruch. Das ist höchstens ein „politisch“ aufgebauter Widerspruch. Ich sehe das Private als Ergänzung zum öffentlichen Gesundheitsbetrieb, nicht als Konkurrenz. Mir gefällt es nicht, wenn beide gegeneinander ausgespielt werden.  Wenn sich die Ressourcen im Öffentlichen erschöpft haben, sind Menschen gezwungen, sich nach Alternativen umzuschauen.
Ich bin Direktorin in einem privaten chirurgischen Fachzentrum mit mehr als 30 Ärzten, von denen alle vorher in der Marienklinik operiert haben. Dort zahlen die Patienten selbst, oder über eine Privatversicherung. In einem Monat haben wir 300 Operationen durchgeführt. Das entlastet die öffentlichen Krankenhäuser enorm. Wir müssen politisch eher darauf schauen, dass sich das auch Menschen leisten können, die nicht so finanzstark sind. Es sind immer mehr Südtiroler privat versichert. Wenn ein System nicht gut funktioniert, machen sich die Leute auf den Weg und suchen sich ihre Versorgungssicherheit.
Vinschgerwind: Und das Krankenhaus Schlanders?
Kirmaier: Ist Teil vom Südtirol Gesundheitssystem, in dem viele gute Ärzte und Schwestern arbeiten. Trotzdem wird der Unmut immer größer.
Vinschgerwind: Warum?
Kirmaier: Ich glaube, da gibt es viele verschiedene Gründe. Ein Grund könnte sein, dass man nicht weiß, wie es mit unserem Krankenhaus genau weiter geht. Das verunsichert die Menschen die dort arbeiten und uns Vinschger.
Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Verwaltungsintensität stark überhandgenommen hat und massiv im Vordergrund steht. Eine gute Verwaltung ist extrem wichtig und zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich im Hintergrund hält und einen sicheren Rahmen gibt, damit der inhaltliche Auftrag gut erfüllt werden kann. Ob das das Krankenhaus ist, das ESF- oder sonst ein Amt. Wir werden selten erleben, dass zum Beispiel in einer Tischlerei die Verwaltung im Vordergrund steht.
Vinschgerwind: Ist das Krankenhaus Schlanders wichtig?
Kirmaier: Logisch ist es wichtig. Wir brauchen doch hier in unserem Tal eine gute medizinische Grundversorgung. Dau gehört auch eine gut funktionierende Erste Hilfe. Eine gut funktionierende Erste Hilfe ist wichtig für unsere Leute, aber auch für den Tourismus im Tal. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass das Krankenhaus auch ein großer Arbeitgeber für den Vinschgau ist.
Vinschgerwind: Welche politischen Themen wollen Sie für den Vinschgau anpacken?
Kirmaier: Am 19. Mai wird auf breiter Ebene unser Wahlprogramm erarbeitet. Was dort erarbeitet wird ist Auftrag! Ich denke, der Wirtschaftsstandort Vinschgau und der Verkehr werden sicher wichtige Themen sein, aber auch die Zonierung im Nationalpark. Der Park muss für´s Vinschgau einen Mehrwert bringen. Vor allem auch für die strukturschwachen Zonen wie Martell oder Stilfs. Es ist mir auch ein großes persönliches Anliegen, darauf zu schauen, dass es durch politische Entscheidungen nicht dauernd zu einer Schwächung des Mittelstandes kommt.  
Das mit dem Bürokratieabbau ist ja leider nicht so gelungen. Weder in der Menge noch in der Komplexität. Mir geht es hier drum, dass Verwaltungsabläufe wenigsten vereinfacht werden.  
Vinschgerwind: Sie sagen, Sie sind außerhalb des Vinschgaus gut vernetzt. Im Vinschgau sind Sie so gut wie unbekannt. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, in den Landtag gewählt zu werden?
Kirmaier: Ich war in den vergangenen Wochen in den Ortsgruppen unterwegs und ich möchte weiterhin stark bei der Basis bleiben. Wenn ich die Vinschger davon überzeugen kann, dass ich unsere Anliegen in Bozen gut vertreten werde, dann glaube ich, dass es gelingen kann. Ja.

Interview: Erwin Bernhart

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