Dienstag, 04 April 2017 09:26

Mit Farben eine Melodie malen

Artikel bewerten
(0 Stimmen)

s17 AtelierErnst Müller, gebürtiger Schlanderser, hat es durch Fleiß und Ehrgeiz geschafft, zu einem der gefragtesten Künstlern Südtirols zu werden. Müllers Motiv vieler seiner Bilder sind alte Gehöfte. Viele der Höfe, die er gemalt hat, gibt es heute nicht mehr.

von Brigitte Maria Pircher

Ernst Müller empfängt mich in seinem Haus in Lana. Drahtig ist seine Figur, kantig sein Gesicht, die grauen Haare im Nacken zusammengebunden.

In seinem Atelier leuchten mir Bilder um Bilder entgegen, alte Gemäuer und Landschaften, mit kräftigen Farben gemalt, klare Spachtelzüge, klare Farben. Der Vinschger Einfluss ist kaum zu übersehen. Und das, obwohl der 66-Jährige nun schon seit knapp 60 Jahren nicht mehr im Vinschgau lebt.
Ernst erblickte das Licht der Welt im Jahre 1951 in Schlanders, wo sich sein Vater als Mesner verdingte. Für die insgesamt elf Kinder, Ernst war das zehnte, hieß es natürlich bald anpacken. So kam Ernst mit vier-fünf Jahren auf den Vollmarthof auf den Schlanderser Nördersberg, wo er einige Sommer verbrachte und mithalf. Er lernte das schmerzhafte Gefühl des Heimwehs kennen, lernte aber auch, sich durchzubeißen und aus eigener Kraft weiterzukommen. Obwohl die Familie dem Tal 1959 den Rücken kehrte, bleibt Schlanders für Ernst Heimat, ist der Vinschgau Heimat. Die tiefe Verbundenheit zum Vinschgau und zur bäuerlichen Kultur prägt seine Bilder bis heute: 80% der Motive stammen aus dem Vinschgau. Daneben hat er aber zahlreiche Motive aus dem Passeiertal, dem Wipptal und dem Sarntal auf die Leinwand gebannt. Ernst hat eine Vorliebe für alte Gehöfte, für alte Bauernhöfe mit ihren Scheunen, ihren Stadeln und Ställen. Damit dokumentiert er ganz bewusst eine Kultur, eine Lebensweise, die sich wandelt. Viele der Höfe, die er gemalt hat, gibt es heute nicht mehr.
Das frühe Eingebundensein in die bäuerlichen Kreisläufe, das Leben mit der Natur und von der Natur, hat ihn durch und durch geprägt. In der Natur hat er auch seinen eigenen unverkennbaren Stil entwickelt: Nachdem seine Bilder anfangs große Ähnlichkeit mit den Werken von Albin Egger-Lienz aufwiesen, musste er einen neuen Weg finden. So ging er in die Natur, um „den Müller zu suchen“ – und er fand ihn, entwickelte einen individuellen, unverkennbaren Tiroler Stil. Über den Tiroler Tellerrand hinaus schaut er trotzdem, seine Reise- und Kletterleidenschaft führten ihn ins Himalaja-Gebirge, aber auch nach Irland und Griechenland, wodurch neue alte Motive Eingang in seine Werke fanden.
Eigentlich ist Ernst gelernter Karosseriebauer, das Malen hat er sich sozusagen selbst beigebracht. Als Autodidakt hieß es üben, üben, üben, ausprobieren, neugierig sein, an sich glauben und sein Talent weiterentwickeln. Durch seinen großen Ehrgeiz schaffte es der 66-Jährige, zu einem der gefragtesten Künstler Südtirols zu werden. Inzwischen hat er an die 90 Ausstellungen im In- und Ausland gemacht, davon hauptsächlich Einzelausstellungen. Kollektivausstellungen waren auch dabei, darunter z.B. die Milionart in Innsbruck 2016 mit Hermann Nitsch, Jos Pirkner und Margot Stöckl.
2008 brach Ernst zu einer besonderen Ausstellungseröffnung auf: Mit 18 Bildern im Schlepptau kletterten vier Seilschaften auf die Santnerspitze, wo Ernsts Werke für kurze Zeit ausgelegt wurden. Auf 2413 m gab es nur ein Publikum: die Natur. Damit wollte Ernst sich bei der Natur revanchieren für das, was sie ihm täglich gibt. Ohne finanziellen Hintergrund, ohne Verkaufsabsichten. Ebenso interessant die private Performance auf dem Ortler 2012: Mit einem Pappmaché-Ötzi im Schlepptau stieg Ernst mit zwei Freunden über den Hintergrat auf den Ortler, hoch oben versenkten sie Ötzi in einer Gletscherspalte. Botschaft: Lasst mich endlich in Frieden!
Ernsts Bilder sind ausdrucksstark, abstrakt die einzelnen Ausschnitte, das Ganze harmonisch und kontrastreich zugleich. Auch im Messner Mountain Museum in Bozen hängt ein großes Ölgemälde von ihm, es ist im Auftrag von Reinhold Messner entstanden und zeigt das Schloss Sigmundskron.
Vom 7. bis 30. April 2017 ist in der Raiffeisengalerie Telfs eine Auswahl von Ernst Müllers Werken zu sehen.

 

{jcomments on}

 


Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /www/htdocs/w00fb819/vinschgerwind.it/templates/purity_iii/html/com_k2/templates/default/item.php on line 248
Gelesen 5725 mal

Schreibe einen Kommentar

Make sure you enter all the required information, indicated by an asterisk (*). HTML code is not allowed.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.