Wie enden Fragen, auf die es keine Antwort gibt?

geschrieben von Ausgabe 8-19

s17 FOTODie Spurensuche nach Antworten auf Fragen seiner Kinder- und Jugendjahre hat Gregor Schaller von Naturns hinausgeführt in die Welt. Aufstehen und weggehen, mit dem Wunsch, dass noch eine andere Sicht auf dieses Leben möglich sein muss, mit dem Vorgefühl, dass es tiefgründigere Erklärungen geben könnte und der naiven Hoffnung sich loszulösen von den eigenen Prägungen.

von Maria Gerstgrasser

Es waren immer einzelne Personen, die auf sein Leben wegweisend eingewirkt hatten.

„Angefangen hat alles mit meiner Oma.“ Gregors Großmutter war die erste und einzige Person in seinem näheren, prägenden Umfeld, die noch selbstverständlich und überzeugt religiös war. Bei ihr war der einzige Ort, an dem er als Kind ohne Angst und Alpträume schlafen konnte, weil sie ihn mit Schutzengelgebeten in die Nacht begleitet hat. „Ich habe von meiner Oma gelernt, dass es nicht so wichtig ist, was wir glauben, sondern vielmehr wie dasjenige woran wir glauben, auf uns wirkt und aus uns macht.“
Seine Mutter war ihm ein Beispiel dafür, dass es auch unter schwierigsten Umständen immer einen Grund zu finden gibt, eine hoffnungsvolle, positive Sicht auf das Leben beizubehalten. „Ich kenne niemanden, der so oft vom Leben scheinbar ungerechtfertigt umgeworfen wurde, immer wieder aufstand, dabei nie den Mut verloren und immer weiter nach vorne geschaut hat, wie meine Mama.“ Dann war es der Vater, der zwar Unternehmer ist, Zeit seines eigenen Lebens aber immer darum bemüht, sich intellektuell, kulturell und musikalisch weiter zu interessieren und zu bilden. Da waren dessen viele Bücher, sein tägliches Klavier- und Gitarreüben, seine selbst geschriebenen Gedichte und Lieder, aber besonders dessen überzeugte Haltung, dass wir uns stets um eine eigene Position bemühen und unsere eigene Sicht auf die Welt entwickeln und beibehalten sollten.
Er nahm seinen Sohn schon mit fünfzehn Jahren zum ersten Mal mit zu einem Vortrag an die philosophische Fakultät der Universität Innsbruck. „Mein Vater war und ist eine Aphorismenkanone. Ich bin aufgewachsen mit täglichen Weisheiten von Sokrates, Goethe, Karl Valentin und Viktor Frankl.“
Schließlich waren es Jugendfreunde, die Gregor entscheidend beeinflusst hatten. „Ich war selbst nicht sonderlich intelligent oder mutig, hatte aber das unsagbare Glück, in der richtigen Phase meines Lebens außergewöhnliche Freunde zu haben. Während andere anfingen Alkohol zu trinken und auf Parties zu gehen, haben diese mich motiviert Wittgenstein und Hesse zu lesen und wie im Film `Der Club der toten Dichter` mich mit ihnen in Höhlen zusammenzusetzen und Gedichte vorzutragen.“
Von all dem geprägt und unterstützt fasste Gregor schließlich mit achtzehn Jahren den Entschluss, für ein paar Jahre in einen hinduistischen Tempel zu ziehen, um dort wie ein Mönch zu leben und Bhakti-Yoga zu praktizieren. Um vier Uhr aufstehen, singen, meditieren, die alten indischen Schriften lesen, zuhören, arbeiten und dabei über die Bedeutung unseres Lebens und dieser Welt nachdenken und wieder von vorne. Tag ein und Tag aus. „Ja, ich habe die Wahrheit gefunden. Sie liegt bei mir zu Hause im Kühlschrank und es gibt sie wahlweise mit Erdbeeren oder Vanilleeis.“
Gregor war selbst nie sonderlich religiös. Er meint allerdings, dass die schönsten und beeindruckendsten Menschen, denen er je begegnet war, immer solche waren, die der tiefen Überzeugung folgten, dass das Leben eine metaphysische Bestimmung hat und davon ableiteten, dass es unantastbar wertvoll sei. „Ich glaube nicht deshalb an Gott, weil es ihn gibt, sondern weil ich keine schönere Sicht auf diese Welt kenne, als die von jemandem, für den alles heilig ist.“
Später hat Gregor in Berlin ein kleines Unternehmen gegründet, das ihm mittlerweile so viel Freiraum erlaubt, dass er nun mit vierzig Jahren fast die Hälfte seiner Zeit wieder in Indien leben kann.
Vor kurzem hat er schließlich das Langstrecken-Wandern und das Fotografieren für sich entdeckt und wer ihn diesen Sommer finden will, sollte sich irgendwo entlang der Strecke des E1, vom Nordcap bis nach Götheborg aufstellen und geduldig warten.
Auf die Frage, was er den Vinschgern als Ratschlag von seinen Reisen mitgeben möchte, antwortet er: „Solange wir die Grenzen unseres Denkens nicht klar erkennen, bleiben wir in unserer eigenen Interpretation der Realität verloren.“ Darum geht es auch in seinem Vortrag „Mein Indien. Eine Reise zu den wesentlichen Fragen des Lebens“  am 03. Mai um 20 Uhr im Rathaus von Naturns, zur Eröffnung einer Fotostellung mit seinen Bildern.

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