Mittwoch, 16 Mai 2012 00:00

„I honn olz, wos i brauch.“

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Portrait Heinz Alber, Laas

s15_7121Bei schönem Wetter sattelt Heinz sein Fahrrad und tritt in die Pedale. Er ist durchtrainiert und schafft ohne Mühe den Anstieg nach Matsch, ins Schlinigtal oder zum Stilfser Joch. Mountainbike-Fahren ist seine Lieblingsbeschäftigung, da fühlt er sich frei und es macht ihm riesigen Spaß. „I honn nia koan Stress unt schaug miar gearn di Natur oun“, sagt er. Es freut ihn, wenn er auf Bekannte trifft, mit denen er kurz einige Worte wechseln kann. Oft begegnet er seinen Arbeitskollegen aus der Firma HOPPE in Laas. Sie mögen den Heinz und rufen ihm ein freundliches „Hoi Heinz“ zu, das er mit einem herzhaften Lachen beantwortet.


Heinz ist eine Frohnatur, stets gut gelaunt und nie um eine spontane Antwort oder einen Scherz verlegen. Dass er heute sportlich unterwegs sein kann, grenzt an ein Wunder. Die  Ärzte an der Universitätsklinik in Innsbruck hatten bei ihm im Alter von fünf Monaten spastische Lähmungen diagnostiziert und ihm ein Leben im Rollstuhl prophezeit. Sauerstoffmangel bei der Geburt nach verzögertem Kaiserschnitt hatte zu den Beeinträchtigungen geführt. Die Diagnose zu verkraften, fiel der Familie schwer. Nun galt es das Beste daraus zu machen und den kleinen Sohn zu fördern. Heinz begann zu sprechen und zu krabbeln, doch das Laufen wollte ihm nicht gelingen. Erst als sein Bruder Stefan 1977 zur Welt kam und die ersten Schritte übte, eiferte ihm Heinz nach. Sein Bewegungsdrang trieb ihn an, und er entwickelte sich zusammen mit seinem Bruder. Mit sieben Jahren konnte Heinz zum Staunen aller schließlich laufen. Verbissen trainierte er auch das Radfahren. Manchen Streich spielte ihm anfangs die fehlende Balance und bescherte ihm einige Schrammen. „Deis hott sich obr glohnt“, lacht er. Gefördert wurde Heinz im Sonderkindergarten in Schlanders. Auf Anraten eines Arztes schrieb ihn die Mutter Siegrid dann in der Schule des Liebeswerkes in Meran ein. Der Grund für diese Entscheidung war, dass man dort Kinder mit Beeinträchtigungen in normalen Klassen integrierte. Im Vinschgau war man damit noch nicht ganz soweit. Speziell ausgebildete Integrations-Lehrer unterrichteten Heinz, und er hatte das Glück, von Lehrpersonen auch nachmittags auf freiwilliger Basis gefördert zu werden. „Das ist das Pünktchen auf dem I gewesen, und Heinz hat dadurch gewaltige Fortschritte gemacht“, sagt seine Mutter. Er lebte im Heim und kam nur an den Wochenenden nach Hause.
Gerne erinnert sich Heinz an die Zeit in Meran. „Miar isches selm gonz guat gongan“, betont er. Der Schritt in die Arbeitswelt war eine Herausforderung. Heinz absolvierte das Berufsfindungsjahr und mehrere Praktikumswochen im Tierheim in Naturns, in der Firma HOPPE und im Pflanzgarten der Forstverwaltung in Prad. Dort gefiel es ihm besonders gut, und als er dann eine feste Anstellung erhielt, war er überglücklich. Er übersiedelte nach Prad zu seinem Paten Luis Burger. Heinz blühte auf, wie die Setzlinge, die er hegte und pflegte. Er liebte die Beschäftigung in freier Natur, kam mit allen gut aus und wünschte sich, es würde immer so bleiben. Doch es kam anders. Ein Personalwechsel im Pflanzgarten veränderte das Arbeitsklima und Heinz musste bittere Erfahrungen machen. „Ma hott miar olm lei mea zommgschissn“, erklärt er. „Olm i bin’s gweesn, lai nia di ondern.“
Heinz hielt es nicht länger aus und bewarb sich bei der Firma HOPPE. Dort begann er kurz darauf mit der Arbeit in der Montage. Und diese gefällt ihm bis heute. Stolz zeigt er die Uhr, die er zum „10-Jährigen“ überreicht bekommen hat. Inzwischen sind 15 Jahre vergangen. Heinz arbeitet acht Stunden am Tag. „Deis will i asou, i drpocks leicht, unt i muaß jo a mai Haus ozooln“, betont Heinz. Er und sein Bruder Stefan teilen sich ein Doppelhaus und sind nach wie vor eng miteinander verbunden. „Baut hott olz dr Stefan“, erklärt Heinz und strahlt. „I honn olz, wos i brauch, a Haus, a Orbat, i bin gsunt, unt honn mai Radl“. Hie und da fängt er sich beim Radfahren auch heute noch Schrammen ein. Das nimmt er meist gelassen hin und meint: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ Heinz lebt selbstbestimmt und führt auch seinen Haushalt selbst. Nur die Wäsche nimmt ihm seine Schwägerin Helena ab. Regelmäßige Waschgänge braucht sein Fahrraddress - immer bei schönem Wetter.

Magdalena Dietl Sapelza

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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