Dienstag, 17 Dezember 2013 00:00

Nachbarn

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RIMG0510Der unterhalb der Spitalskirche von Schlanders gelegene „Tröger Anger“ war einst eine große Wiese; heute befindet sich dort ein hochmodernes Bürgerheim mit dem Namen des Schweizer Nationalheiligen St. Nikolaus von der Flühe.
Der „Bruder Klaus“ lebte von 1417 bis 1487 und wurde 1947 vom Papst Pius XII. heilig gesprochen; sein Name sollte an die Verbindung des Vinschgaus mit dem Nachbarland Graubünden erinnern und an das Bistum Chur, zu dem unser Gebiet bis ins 19. Jahrhundert kirchlich gehörte.

RIMG0513Die Geschichte dieses heiligen Einsiedlers, der bei den Eidgenossen großes Ansehen genießt, wird im großen Freskenzyklus der Kapelle ausführlich erzählt; erste Entwürfe für dieses Kunstwerk von Robert Scherer entstanden 1989.
Dem Bürgerheim gegenüber, also in direkter Nachbarschaft, stehen die Gebäude für die Lebenshilfe. Über dem Eingang erinnert das Bronzerelief „Der barmherzige Samariter“ an unsere soziale Verantwortung. Es ist das Werk des Kortscher Künstlers Karl Graser, der heuer, am 23. Dezember 2013, seinen 90. Geburtstag feiern kann, wozu wir ihn alle herzlich beglückwünschen!
Glückliche und hilfsbereite Hände walten in diesem vielseitigen Haus, das jetzt SLARANUSA heißt, in Erinnerung an den uralten, wahrscheinlich keltischen Namen von Schlanders; das Wort bedeutet „am Weidenbach“, wie die Sprachforscher vermuten.
In einer der vielen Abteilungen dieses Hauses - in der künstlerischen, von Kurt Hofer betreuten - wird ebenfalls viel geforscht. Dort wird um Erkenntnis und Ausdruck gerungen. Die hier wirkenden Talente suchen vor allem nach ihrem eigenen Ich. Sie versuchen sich immer wieder selbst darzustellen und fragen nach ihrer Rolle in der Gemeinschaft.
Dazu ist kürzlich ein schöner Katalog mit dem Titel „ich + ich“ erschienen, worin einleitend geschrieben steht: „Dies ist ein dokumentarisches Fragment aus einer Kunstgattung, deren Vertreter wunderbare Menschen sind“.
kroozn1kroozn2„Wunderbare Menschen“… der Künstler Kurt Hofer versteht es, diesen Menschen Bilder zu entlocken. Sie zum Sprechen zu bringen, sie zu sich selbst zu führen. Es sind Menschen, die oft in meditativer Stille um sich selbst kreisen. Wie Planeten um die Sonne. Wobei alle Kräfte angesprochen werden: Die Kräfte der liebessüchtigen Venus ebenso wie die des Raufboldes Mars; das Treiben des herrsch- und frauensüchtigen Jupiters, den seine Ehefrau eifersüchtig verfolgt. Die listigen Einfälle des Götterboten Merkur ... alles kosmische Kräfte.
In den Sternen ist alles geschrieben … wir müssen nur hinhören, auch auf die Erfahrungen der Druiden. Das sind die Priestern unserer heidnischen Vorfahren. Ihre Zauberkraft, ihr geheimes Wissen wird nur mündlich weitergegeben. Auch in dieser Werkstätte wird gezaubert. Es genügt eine Vorgabe, eine Anregung und schon wird das Thema listig und lustig weiter entwickelt. Um diese Menschen zu verstehen, müssen wir tief in den mythischen Urgrund der Seele hinabsteigen. Bis zu den „Weiden“, zu den Ursprüngen. Die Arbeiten sind ergreifend und offenbaren Ähnliches, wie die Werke von Künstlern.
wallaDamit sind wir wieder bei unserem Geburtstagskind, bei Karl Grasser. Sein Bronzerelief mit dem geschundenen, behinderten Mensch auf dem Rollstuhl umspannt den ganzen Bogen der Nächstenliebe. In künstlerischer Überhöhung, entwickelt von einer begabten Hand. Vertieft durch abwägendes, vereinfachendes, erklärendes Denken; die künstlerische Aussage wird zum priesterlichen Wirken.
Während die Bürger von Slaranusa vor allem um sich selbst kreisen, zeigt uns Karl Grasser, was Gemeinschaft ist: Kraft und Liebe … das Werk des barmherzigen Samariters und das Glück durch den hilfreichen Nachbar, vereint in einem großen Lebenswerk.
Hans Wielander


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