Unter dem Motto „Energie der Zukunft – Die Perspektiven im Energiesektor“ ging heute, Freitag, im Raiffeisenverband der Tag der Energiegenossenschaften über die Bühne. Genossenschaftsvertreter*innen und Interessierte informierten sich über Ziele und Entwicklungen im Energiebereich auf EU-, Staats- und Landesebene sowie über die Herausforderungen im Sektor durch neue gesetzliche Vorgaben.
Die Energieerzeugung in Südtirol stammt fast ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen – überwiegend Wasserkraft. Dazu tragen auch die 54 Energiegenossenschaften im Raiffeisenverband bei. Sie stehen für eine lokale, nachhaltige und preisgünstige Versorgung für über 22.000 Genossenschaftsmitglieder. Neue gesetzliche Vorgaben stellen die Energiegenossenschaften jedoch immer wieder vor wachsende Herausforderungen.
Schutz der historischen Genossenschaften
Im Jahr 2030 stehen europaweit die Ausschreibung und Neuvergabe von Verteilerkonzessionen an. Verbandsobmann Herbert Von Leon betonte: „Für uns ist wichtig, dass die bestehenden Verteilerkonzessionen für Energiegenossenschaften erhalten bleiben.“ Der Raiffeisenverband Südtirol ist in Zusammenarbeit mit Raiffeisen Energy darum bemüht eine Lösung mit den zuständigen Ämtern auf Provinzebene und der Regulierungsbehörde ARERA zu erarbeiten und es wird aktiv der Dialog gesucht im Sinne der Energiegenossenschaften. Sollten es die europäischen Ausschreibungen erfordern, müsse man auch alternative Lösungen ins Auge fassen, wie etwa den Zusammenschluss in einem Netzwerk. Generaldirektor Robert Zampieri sagte: „Derzeit prüfen wir eine solche Lösung, mit dem Ziel, dass unsere Energiegenossenschaften ihren Status als historische Genossenschaften nicht verlieren und ihre Verteilernetze weiter betreiben können“. Oberstes Ziel für den Raiffeisenverband bleibe der Schutz der Genossenschaften im Energiesektor und deren Eigenheiten und Vorteile.
Ausbau der erneuerbaren Energien als Energiekrisenmaßnahme
EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann beleuchtete die Perspektiven der erneuerbaren Energien und die Energiekrisenmaßnahmen der EU. Als Folge der russischen Ukraine-Invasion rief die EU den „REPowerEU“-Plan ins Leben, um energieunabhängiger zu werden – vor allem von russischem Gas. Die EU konnte 20 Prozent ihres Energieverbrauchs einsparen und den Einsatz erneuerbarer Energien verdoppeln. Es sei gelungen, Bürger und Unternehmen in der EU vor Energieengpässen zu bewahren. Die Gaspreis- und die globale Ölpreisobergrenze hätten ihre Wirkung gezeigt. Erstmals wurde mehr Strom aus Wind- und Sonnenenergie als aus Gas erzeugt und ein Rekord an Solarenergie erreicht.
Klimaplan 2040 vorgestellt
Klaus Egger, Sonderbeauftragter des Landes für Nachhaltigkeit, und Claudio Battiston vom Amt für Energie und Klimaschutz, stellten den „Klimaplan Südtirol 2040“ vor. Während Egger den allgemeinen Teil erläuterte, gab Battiston einen Überblick über den spezifischen Teil „Energie“. Der Klimaplan 2040 ist eine Überarbeitung des „Klima- und Energieplanes Südtirol 2050“ und beinhaltet neben einer übergeordneten Vision und Strategie ganz konkrete Klima-Maßnahmen, um Südtirol bereits bis 2040 klimaneutral zu machen.
Informationsfluss und Dialog mit der Regulierungsbehörde ARERA
Gervasio Ciaccia, der Leiter des Bereichs Nachhaltige Energie, Effizienz und Erneuerbare Quellen beleuchtete die Perspektiven im Energiesektor aus Sicht der staatlichen Regulierungsbehörde ARERA. Speziell gab er eine Übersicht über den Einheitstext TICOOP, der derzeit überarbeitet wird. Der Einheitstext regelt den Bereich elektrische Energie und Gas für die Elektrizitätsgenossenschaften und im spezifischen auch für die historischen Genossenschaften. Ciaccia informierte über den Einheitstext TIAD, welcher die Anwendung des kollektiven Eigenverbrauchs reguliert. Bei Energiegemeinschaften wird der kollektive Eigenverbrauch seitens des staatlichen Energiedienstleisters GSE mit einem Förderbeitrag gefördert.
Register der Stromverkäufer
Geschäftsführerin Gisella Novelli und Christian Gemelli, Leiter des Bereichs Energy Utility und Trading, von Raiffeisen Energy GmbH, welche die Mitgliedsgenossenschaften des Raiffeisenverbandes im Energiebereich unterstützt, skizzierten operative Herausforderungen und die Perspektiven der Energieunternehmen in Südtirol. Ein weiteres Thema bildete das Register der Stromverkäufer. Energieunternehmen mussten sich bis Mitte April 2023 in das neue Register der Stromverkäufer eintragen, um weiterhin Strom an Endkunden und Mitglieder verkaufen zu können. Nun müssen sie bis Mitte November neue Voraussetzungen erfüllen, wie etwa eine Mindesthöhe des Gesellschaftskapitals von 100.000 Euro. Über neuen Voraussetzungen und weitere Handlungsfelder im Zusammenhang mit dem Register der Stromverkäufer informierten Anna Masoner und Michael Obrist von der Rechtsabteilung des Raiffeisenverbandes.
Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft
Neben den Vertreter*innen der Energiegenossenschaften waren zur Tagung Vertreter aus Politik und Wirtschaft gekommen, so u.a. Kammerabgeordneter Dieter Steger. Bei einem genossenschaftlichen „Aperitif & Networking“ wurden die Themen des „Tages der Energiegenossenschaften“ weiter diskutiert und vertieft.