OSZ Schlanders – 3BRG
Seit zwei Jahren hält uns Corona auf Trapp. Nichts scheint gleich wie vorher – weder zu Hause, bei Freunden oder in der Schule. Vor allem die Jugendlichen haben in dieser langen Zeit viel erlebt: Lockdown; Fernunterricht; digitaler Unterricht; Freunde, die man kaum mehr sah… Die Liste wäre sehr lang, wenn man wirklich auf alles eingehen würde, auf was sie alles verzichten mussten und teils auch immer noch müssen. In dieser Zeit, wo man teils nur mehr über soziale Medien erreichbar war, haben sich Verschwörungstheorien verdreifacht und ihre Anhänger werden immer mehr.
Es gibt eine ganze Reihe an Verschwörungstheorien wie z. B. der 11. September 2001 - nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 waren die Täter zwar schnell bekannt, die Spekulationen wurden dennoch immer wilder: Die sogenannten "Truther" (von Englisch "truth" = Wahrheit) vermuten bis heute, die US-Regierung selbst habe hinter den Attentaten gesteckt – um einen Vorwand für den Einmarsch in Irak und Afghanistan zu haben. Andere halten eine internationale Finanzverschwörung, den israelischen Geheimdienst Mossad oder die Bankiersfamilie Rothschild für die Täter. Und manche Leute behaupten, es habe gar keine Flugzeuge gegeben; die Türme seien gezielt gesprengt worden. Chemtrails - Kondensstreifen, die Flugzeuge durch Wasserdampf und Abgase hinterlassen, beflügeln die Fantasie der Chemtrail-Anhänger. Sie sind der Meinung, durch die "Chemtrails" würden Gifte versprüht, die wahlweise zur Klima-, Gedanken- oder Bevölkerungskontrolle genutzt würden oder zur Zeit die Verschwörungstheorien rund um Corona - Corona sei in einem Labor künstlich hergestellt worden; es werde über 5G verbreitet, um möglichst viel Schaden anzurichten; Corona sei ein Vorwand, die Bevölkerung zu kontrollieren; Bill Gates sei verantwortlich für die Pandemie, wolle alle Menschen zwangsimpfen und Macht über sie erlangen; und schließlich: "Corona gibt es gar nicht."
Aus diesem Grund hat sich die 3BRG des OSZ Schlanders im Philosophieunterricht mit diesem Phänomen auseinandergesetzt: Warum sind Menschen anfällig für Verschwörungstheorien? Welche Elemente hat eine typische Verschwörungstheorie? Wie kann man auf Familienmitglieder oder Freunde reagieren, die Verschwörungstheorien verbreiten? Hilfestellung bekam die Klasse von „Wiebke“, einer jugendlichen Verschwörungstheoretikerin mit Aluhut und Alien-Maske. In „Wiebkes wirrer Welt“, einem online Lernraum verknüpft mit filmischen und spielerischen Elementen, sind die Schüler den Verschwörungstheorien auf den Grund gegangen.
Ihre Ergebnisse wollen sie nun auch veröffentlichen, denn dieser Trend ist auch in Südtirol erkennbar und Aufklärung ist angebracht.
Welche Merkmale haben überhaupt Verschwörungstheorien?
1. Eine angebliche, geheime Verschwörung
2. Eine Gruppe von Verschwörern
3. „Beweise“, die die Verschwörungstheorie zu stützen scheinen
4. Sie suggerieren, dass nichts von ungefähr geschieht, und dass es keine Zufälle gibt; nichts ist, wie es scheint — und alles gehört zusammen
5. Sie unterteilen die Welt in Gut und Böse
6. Sie machen bestimmte Menschen oder Gruppen zu Sündenböcken
Vorwiegend werden Verschwörungstheorien übers Internet verbreitet, denn dort können sie viele Menschen erreichen wie z. B. über soziale Netzwerke und Messenger-Dienste (Whatsapp, Telegram, Facebook, Instagram, TikTok, Youtube).
Worauf sollte jeder Einzelne achten, um Verschwörungstheorien zu erkennen?
- Vertrauenswürdigkeit von Informationen prüfen (Ursprung, Absender, Quelle, Impressum)
- Skepsis bei übertriebenen bzw. reißerischen Überschriften
- Clickbaits beachten: Button, der zum Anklicken animieren soll (z.B. "CLICK ME")
- Wahrheitsgehalt von Informationen prüfen (berichten auch andere Internetseiten, Medien, Zeitungen usw.)
- Urheber darauf hinweisen, dass eventuell Verschwörungsinformationen verbreitet werden
- Quellenangaben erbitten (falls nicht vorhanden)
Eine Frage, welche die Schüler sehr beschäftigte war, warum Menschen überhaupt erst anfangen an solchen Theorien zu glauben. Ein wichtiger Aspekt ist natürlich die Unsicherheit und Ungewissheit, die den Glauben an Verschwörungstheorien begünstigen. Sie liefern Erklärungen für gesellschaftliche Probleme und sind daher besonders attraktiv, wenn offizielle Erklärungen fehlen oder als unbefriedigend erachtet werden. Hinter großen Ereignissen vermutet man eine schwerwiegende Ursache und der Glaube an Verschwörungstheorien kann so dazu beitragen, ein positives Selbstbild zu wahren.
Gesellschaftliche Auswirkungen von Verschwörungstheorien
- Steigerung des Misstrauens in der Bevölkerung gegenüber Politik und Wissenschaft
- Ablehnung von medizinischen Verfahren
- Spaltung von Familie und Freunden
- kann zu politischer Gewalt führen
- Radikalisierung
- führt teils zu Rassismus
Verschwörungstheorien sind keine Erfindung der Gegenwart, sondern es gab sie schon immer. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass meist Juden an unterschiedlichen Theorien beteiligt waren, angefangen im 12. Jahrhundert bei den Ritualmordlegenden oder den Brunnenvergiftungen während der großen Pestepidemien im 14. Jahrhundert. Antisemitismus ist der Kernpunkt vieler politischer Verschwörungstheorien und auch die Nationalsozialisten im 2. Weltkrieg nutzten in ihrer Propaganda Verschwörungstheorien rund um "Die Protokolle der Weisen von Zion", um gegen die Juden zu hetzen.
Verschwörungstheorien wird es vermutlich immer geben. Wir alle sind empfänglich für wilde Spekulationen und haben eine gewisse Verschwörungsmentalität. Dich selbst kannst du am besten davor schützen, wenn du dich über das Thema informierst.
Aber was tun, was wenn ein Mitglied der Familie Verschwörungstheorien in der Familien-Whatsapp-Gruppe teilt? Oder jemand dich auf einer Party mit Verschwörungstheorien zu labert?
- Schätze die Situation ein
Wer hat eine Verschwörungstheorie zum Besten gegeben? Hast du einen engen Draht zu der Person, dann kannst du eher ein Umdenken anstoßen, als Menschen, die weniger nah dran sind.
- Überprüfe Quellen und angebliche Fakten
Verbreite keine Nachrichten über deine Social-Media-Accounts, die du nicht geprüft hast. Überprüfe Aussagen und angebliche „Beweise“ auf ihre Richtigkeit. Insbesondere wenn dir Quellen merkwürdig vorkommen, solltest du schauen, ob die genannten Fakten auch in anderen Medien vorkommen.
- Positioniere dich klar gegen Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit
Antisemitismus ist oft ein Bestandteil von Verschwörungserzählungen. Aber auch gegen andere Menschengruppen wird in Verschwörungstheorien gehetzt. Auch, wenn es manchmal Mut erfordert dazwischen zu gehen, solche Aussagen dürfen nicht unwidersprochen bleiben.
- Achte auf deine eigene Sicherheit
In manchen Situationen kann ein überstürztes Handeln gefährlich sein, etwa wenn du eine aggressive oder alkoholisierte Person konfrontierst. Deine eigene Sicherheit und die der anderen sollte deshalb immer Vorrang haben. Auch in den Sozialen Medien solltest du darauf achten, so wenig Daten wie möglich von dir preiszugeben, wenn du Verschwörungsgläubige konfrontierst.
- Bei Familie oder Freunden kannst du etwas bewirken
Vor allem bei Personen aus deinem nahen Umfeld, denen deine Meinung und deine Ansichten wichtig sind, kannst du Einfluss nehmen. Dabei musst du davon ausgehen, dass es Menschen schwerfällt, das eigene Weltbild zu hinterfragen. Eine Abkehr von Verschwörungsglauben kann deshalb ein langwieriger Prozess sein. Jenseits von Fakten und Argumenten spielt dabei auch die Frage, warum eine Person an Verschwörungstheorien glaubt, eine Rolle.
Wie überprüfe ich Nachrichten und Fakten?
Bundeszentrale für politische Bildung - #StopFakeNews - Fake News erkennen
Klicksafe – Verschwörungstheorien