Die Direkte Demokratie setzt in Südtirol ihre lehrreiche Wirkung fort. Nichts geschieht gegen den Mehrheitswillen des Volkes! Das wird vor allem mit dem Instrument des Referendums gewährleistet, das die regierende Mehrheit davon abhält, Gesetze zu beschließen, die offensichtlich dem Willen der BürgerInnen widersprechen. Dieses Referendum wollte die SVP jetzt wieder abschaffen. Gestern hat nun das Referendumsrecht, das das italienische Parlament 2001 den Südtiroler Bürgerinnen zum Schutz ihrer demokratischen Rechte ins Autonomiestatut geschrieben hat, jenes andere Referendum gerettet, das im langen Ringen mit der politischen Vertretung 2018 errungen worden ist und mit dem die BürgerInnen auch die einfache Landesgesetzgebung kontrollieren können.
Wie bekannt, hat Landtagspräsident Josef Noggler Ende 2020 einen Gesetzentwurf eingebracht, der neben der notwendigen Behebung verfahrenstechnischer Mängel im geltenden Landesgesetz 22/2018 zur Direkten Demokratie und Partizipation, nichts weniger als die Abschaffung des Referendums über einfache Landesgesetze vorsah (Link zu näheren Erläuterungen). Ebenso sollte die Möglichkeit für BürgerInnen, einen ausgelosten kleinen Bürgerrat einzuberufen, abgeschafft werden. Beide Instrumente sind seit ihrer Einführung 2018 nicht ein einziges Mal genutzt worden.
Gestern hat die Behandlung dieses Gesetzentwurfes im Gesetzgebungsausschuss begonnen. Das Landesgesetz zur Diekten Demokratie und Partizipation, das abgeändert werden soll, ist ein Grundgesetz, das vom Landtag mit absoluter Mehrheit verabschiedet werden muss, und für dessen Mehrheitsfähigkeit auch in der Bevölkerung das Autonomiestatut (Art. 47) die Möglichkeit des Referendums vor seinem Inkrafttreten vorsieht: 8.000 BürgerInnen oder sieben Landtagsabgeordneten können ein solches veranlassen.
Besteht die Absicht, ein solches Gesetz abzuändern, können also die abstimmenden BürgerInnen in einer Volksabstimmung entscheiden, ob sie damit einverstanden sind (es gilt kein Quorum). Sind sie es nicht, tritt die Abänderung nicht in Kraft.
Vergangenes Jahr hatte es der SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz mit fast dem gleichen Gesetzentwurf wie dem von Josef Noggler versucht. Jetzt hat die SVP offenbar endgültig verstanden, dass sie für eine solche Änderung zwar vielleicht die absolute Mehrheit im Landtag hat, damit aber nicht in der Bevölkerung durchkommt: Gestern wurden im Gesetzgebungsausschuss Abänderungsanträge der Abgeordneten Alex Ploner und Myriam Atz Tammerle bei Stimmenthaltung der SVP angenommen. Mit ihnen sind beide genannten Vorhaben aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden.
Bleibt nur die Frage, warum die SVP es überhaupt ein zweites Mal versucht hat. Wollte sie die Pandemie-Zeiten nutzen, in denen die BürgerInnen ihr Kontrollrecht kaum ausüben können, und hat dabei vergessen, dass auch sieben Landtagsabgeordnete das Referendum ergreifen können? Die gesamte Opposition wäre dazu bereit gewesen!