Mittwoch, 21 März 2012 00:00

Morgens Marmelade, Speck zur Marende

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Interview mit Franz Recla - Recla GmbH - Schlanders/Vetzan

s12sp1_1811Vinschgerwind: Herr Recla, ist für Sie Speck zum Frühstück ein Muss?
Franz Recla: Zum Frühstück trinke ich Kaffe und dazu esse ich mein Marmeladebrot. Aber Speck zur Marende und zu vielen anderen Speisen, als Antipasto oder auch mal ein Schnitzel mit einer Scheibe Speck oben drauf, ist eine tolle Sache. Bei der Marende ist Speck auf jeden Fall ein Muss und ich bin auch im Betrieb bei jeder Verkostung gerne dabei.

Mit dem Frühstück spielen wir auf die englischsprachigen Regionen an. Dort gehören „ham and eggs“, Speck und Spiegeleier also, zur Tradition. Kommt diese Tradition der Firma Recla zugute?


Tatsächlich haben wir im englischsprachigen Raum einen Teil unserer Absatzmärkte. „Ham and eggs“ sind für uns eine tolle Sache und auch, dass unser Speck sehr geschätzt wird. Speck ist ein vielseitiges Produkt und kann neben Eierspeisen zu Brot gegessen und vielseitig in Speisen verwendet werden. Gemeinsam mit den Spitzenköchen, die den Bestseller „So kocht Südtirol“ verfasst haben, haben wir ein hochwertiges Produkt, den „Oltspeck“, entwickelt. Zudem haben die Spitzenköche unseren Speck in höchst interessante Gerichten eingebaut. Im Gegensatz zu Rohschinken, der ausschließlich fein geschnitten genossen werden kann, ist Speck ein vielseitig einsetzbares Produkt.

Ihr Speck hat im Jahr 2004 Flügel bekommen. Seither gehören die Vereinigten Staaten von Amerika zu Ihren Exportländern dazu. Haben Sie dort schon Fuß gefasst?
Die Firma Recla ist als erster Speckbetrieb Italiens für den amerikanischen Markt USDA-zertifiziert worden (USDA: United States Departement of Agriculture Anm. d. Red.). Da sind enorme Kontrollen und Anforderungen zu nehmen. Unser erster Kunde in Amerika war im New Yorker „Little Italy“ Lou Di Palo mit seinem wunderbaren Spezialitätengeschäft. Von dort gelangt unser Speck auch ins Museum of Modern Art. Wir sind derzeit dabei, unser Verkaufsnetz, vor allem in der spezialisierten Gastronomie, in den USA auszubauen. Ziel ist es, den Speck damit bekannt zu machen, um später auch geschnittene Ware direkt an die Endverbraucher liefern zu können.

Welches sind Ihre Absatzmärkte?
Zwei Drittel unseres Verkaufs liefern wir in den nationalen italienischen Markt. Ein Drittel macht der Export aus. Nach wie vor ist Deutschland unser wichtigster Markt. Wir liefern auch nach Österreich, das läuft gut. Etwas geht nach Frankreich. Nach England wird ebenfalls exportiert.

Welche Produkte werden im Betriebs-Standort Vetzan hergestellt?
Allen voran natürlich der Speck. Das ist unser wichtigstes und bekanntestes Produkt, in das wir viel Entwicklung stecken. Dann werden noch eine Reihe von komplementären Produkten hergestellt, wie geräucherten Kochschinken und traditionelle Würste. Wir verwerten die gesamte angelieferte Rohware selbst. Wir versuchen hochwertige Würste herzustellen, die vor allem auf dem italienischen Markt gut ankommen. Auch der Roh-Fleischbereich hat seine Wichtigkeit, vor allem im lokalen Bereich. Wir sind da sehr gut organisiert, haben eine gute Selektierung und kompetente Mitarbeiter, die den Fleischbereich sehr gut bedienen können.

Wieviele Mitarbeiter beschäftigt die Firma Recla?
Wir haben derzeit 220 Mitarbeiter. Der Großteil davon sind einheimische Mitarbeiter, von denen viele eine sehr lange Dienstzeit vorweisen können. Die einheimischen Mitarbeiter sind sehr fleißig und sie haben sich Kompetenzen angeeignet, die für das Gedeihen des Betriebes äußerst wichtig sind.

Am Beispiel Speck: Wie kann man sich die Kette ihres Haupt-Produktes – von der Anlieferung der Rohstoffe bis zur Abgabe an den Endverbraucher – vorstellen?
Drei Viertel der Schlegel werden in Deutschland eingekauft. Der Rest wird in Belgien und Dänemark zugekauft. Der amerikanische Markt verlangt, dass holländische Rohprodukte zu verwenden sind, weil nur die für den Export in die USA zertifiziert sind. Diese Rohware wird in unserem Betrieb sortiert und zerlegt. Der Großteil geht in die Speckproduktion, ein Teil in die Kochschinkenproduktion. Nach dem Pökeln, dem Kalttrocknen und dem Selchen wird der Speck gelagert. Erst nach dieser Reifezeit wird der Speck entweder geschnitten oder als Stückware verpackt. Dann wird für die jeweiligen Kunden kommissioniert und ausgeliefert. Im Prinzip haben wir vier Betriebe im Haus: einen Fleischbetrieb, die Zerlegung also; einen Speckbetrieb; einen Wurst- und Kochschinkenbetrieb und wir haben einen Verpackungs- und Versandbetrieb.

Wie viele LKWs kommen täglich mit Rohware und wie viele LKWs verlassen den Betrieb mit verpackter Ware?
Wir verarbeiten täglich zwischen 4000 und 5000 Hammen Speck. Das heißt, wir haben zwischen 4 und 5 LKWs täglich im Eingang und dieselbe Anzahl im Ausgang. Fünf Tage in der Woche. Wir arbeiten einschichtig und beliefern unsere Kunden laufend. So sind unsere Abgangs-LKWs fahrplanmäßig mit Bussen zu vergleichen: Linie Mailand, Linie Rom, Linie Deutschland, Linie Österreich.

s13sp4_1792Die Firma Recla ist eine der wenigen großen Speckhersteller in Südtirol, der zur Gänze in einheimischer Hand ist. Ihr Bruder Gino und Sie sind die Firmeninhaber und Sie beide treten öffentlich kaum in Erscheinung. Welche Philosophie steckt da dahinter?
Die Grundstrategie unseres Betriebes ist, dass wir das Produkt in den Vordergrund stellen. Es zählt vor allem das Produkt und nicht so sehr die Familie. Wir leben von unseren Produkten und unsere Mitarbeiter auch. Ich glaube, dass das gerechtfertigt ist. Wir bleiben im Hintergrund. Damit ein gutes Produkt entsteht, tragen vor allem auch unsere Mitarbeiter bei. Wenn wir heute den Betrieb gut aufgestellt haben, wenn der Betrieb in einheimischer Hand ist, ohne Fremdbeteiligung, dann ist das auch unseren Vinschger Mitarbeitern zu verdanken. Wir haben bisher noch nie Sondermaßnahmen, wie Arbeitszeitreduzierung oder Personalreduzierung, in Anspruch nehmen müssen. Wir haben europaweit einen sehr guten Kundenstock aufbauen können. Wir hoffen für die Zukunft, dass unsere Söhne, die in die Firma eintreten, den Betrieb so weiterführen können.

Ein großer Standortvorteil sind, so interpretieren wir Sie, die einheimischen Mitarbeiter. Hat der Standort in Vetzan einen logistischen Nachteil?
Natürlich sind wir nicht an der Verkehrsader Europas. Natürlich sind wir in der Peripherie. Allerdings haben wir hier klimatische Vorteile. Wir haben unseren Betrieb ökologisch ausgerichtet. Wir verbrennen keinen einzigen Liter Öl. Wir stoßen keinen Gramm Feinstaub aus. Durch Wärmerückgewinnung, Photovoltaik und durch das eigene Blockheizkraftwerk sind wir imstande, ein Viertel unserer Energie zu decken. Das ist vor allem meinem Bruder Gino zu verdanken, der diesen Bereich sehr gut aufgestellt hat.

Interview: Erwin Bernhart
Foto: Angelika Ploner

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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