Dienstag, 18 Oktober 2016 09:26

„Wir sind heuer weder mit der Menge, noch mit der Qualität glücklich“

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s38 IMG 9751Der Vinschgerwind sprach mit GEOS-Geschäftsführer Hannes
Spögler über die heurigen Auszahlungspreise, über eine schwierige bevorstehende Saison und die Herausforderungen der Zukunft.

Interview von Angelika Ploner

Vinschgerwind:1946 bis 2016: 70 Jahre GEOS. Herzlichen Glückwunsch. Kein Grund zum Feiern?
Hannes Spögler: Es gäbe sicher einen Grund zum Feiern, die Genossenschaft hat sich in diesen 70 Jahren enorm entwickelt und steht derzeit sehr gut da. Wir sind technologisch auf dem neuesten Stand und finanziell sehr gesund aufgestellt. Ich denke wir werden die 75 Jahre voll machen und diese wieder offiziell feiern.
Vinschgerwind:Sie haben vor zwei Jahren die Nachfolge von Karlheinz Wörnhart übernommen. Mit welchen Erfahrungswerten sind Sie an seine Stelle getreten?


Spögler: Ich komme aus der Unternehmensberatung. Ich war lange Gesellschafter und Berater beim ROI Team Consultant in Bozen und habe in meiner Beratungstätigkeit sowohl die GEOS als auch die VI.P betreut. Die GEOS war übrigens mein erster Kunde. Für die VI.P habe ich die Projektgruppe in der Ausarbeitung des VI.P-3-Konzepts unterstützt. Deshalb war mir die Vinschger Obstwirtschaft als Berater sehr bekannt. Ich habe auch die Fusionen im Vinschgau betreut, also hatte ich die Obstwirtschaft im Vinschgau 360-Grad im Blick, als ich als Geschäftsführer in die GEOS kam.
Vinschgerwind:Sie waren also kein Neuling, sondern ein bekanntes Gesicht?
Spögler: Ja, genau.
Vinschgerwind:Hand aufs Herz: Haben Sie die berufliche Veränderung nie bereut?
Spögler: Nach fast 25 Jahren in der Beratung, das zwar ein spannendes Umfeld ist und bei dem ich viele Personen und viele Realitäten kennenlernt habe, bin ich nie so tief in die Projekte hineingekommen, als dass ich etwas bewegen hätte können. Ich habe die GEOS und die VI.P zwar von außen begleitet, aber ich wollte wissen: Was ist wenn man Teil der Mannschaft ist?
Vinschgerwind:Sie wollten von der Theorie in die Realität wechseln?
Spögler: Ja, so ungefähr.
Vinschgerwind:Und haben Sie diesen Schritt nie bereut?
Spögler: Ich habe diesen Schritt nie bereut. Ich habe in der GEOS eine tolle Mitarbeitermannschaft vorgefunden  und arbeite mit großer Begeisterung an der Entwicklung der GEOS und unseres Verbandes VI.P mit.
Vinschgerwind:Die Ernte 2016 ist fast eingefahren. Zufrieden mit der Qualität und der Menge?
Spögler: Die Ernte 2016 ist bei uns in der GEOS zu 70 Prozent (Interview am 13. Oktober aufgezeichnet, Anm. der Redaktion)eingefahren. Wir sind heuer – wie allgemein  bekannt – weder mit der Qualität, noch mit der Menge zufrieden. Es hat die Frostnacht zwischen dem 27. und 28. April gegeben, die auch bei uns Spuren hinterlassen hat. Wir werden in der Menge ca. 20 Prozent unter dem Vorjahr sein und eine qualitativ schwache Ernte einfahren. Das betrifft nicht nur die GEOS, sondern das ganze Tal.
Die Äpfel sind teils stark berostet und daher werden wir einen hohen 2. Qualität-  und Industrieanteil haben. Dies wird sich auch in den Erlösen niederschlagen. Wir werden das Beste versuchen, aber wir stehen vor einer sehr schwierigen Vermarktungssaison, weil wir die Kunden nur sehr schwer bedienen können.
Vinschgerwind:Zeitgleich ist die letzte Rate von der letztjährigen Ernte ausbezahlt worden. Wieviel erhielten die Bauern heuer für einen Kilogramm konventionellen Golden Delicous?
Spögler: Wir haben trotz schwieriger Rahmenbedingungen mit 35 – 36 Cent einen zufriedenstellenden Auszahlungspreis erwirtschaftet. Das ist der Durchschnittspreis, natürlich gibt es Mitglieder, die aufgrund der Qualität darüber aber auch darunter liegen.
Vinschgerwind:Bei den roten Sorten?
Spögler: Bei den roten Sorten ist der Auszahlungspreis höher. Da liegen wir zwischen 45 und 50 Cent. Kanzi, Ambrosia und Envy, die drei Clubsorten im Vinschgau haben sehr gute, ich würde sogar sagen, ausgezeichnete Auszahlungspreise erzielt.
Vinschgerwind:Woher stammen diese Clubsorten?
Spögler: Aus Belgien, Kanada und Neuseeland. Es gibt noch keine Südtiroler Sorte und das ist – das muss man sagen – für das größte zusammengeschlossene Obstbaugebiet in Europa ein Manko, weil man sich mit exklusiven Sorten differenzieren und abheben kann.
Vinschgerwind:Die GEOS, also das Einzugsgebiet der GEOS erlebt derzeit einen Bio-Boom. Über welche Auszahlungspreise dürfen sich die Bio-Bauern freuen?
Spögler: Die Bio-Bauern dürfen sich über sehr gute Auszahlungspreise freuen. Im Schnitt liegen diese mehr als doppelt so hoch wie im konventionellen Bereich.

Die Nachfrage nach Bio wächst, es gibt kein Überangebot und daher können höhere Verkaufspreise erzielt werden.  Die Hektarerträge im Bio sind allerdings niedriger und die Mengenschwankungen zwischen dem einen Erntejahr und dem anderen größer als im konventionellen Anbau.
Vinschgerwind: Ist der Bio-Boom eine Antwort auf die moderaten Auszahlungspreise im integrierten Obstbau oder auf die entfachte Pestiziddebatte im Vinschgau?
Spögler: Es gibt mehrere Gründe. Die Mehrheit der Bio-Produzenten stellen aus Überzeugung um und nicht wegen der entfachten Pestiziddebatte.  Die Wirtschaftlichkeit spielt sicherlich auch eine Rolle. Insgesamt ist vinschgauweit eine große Bewegung Richtung Bio auszumachen: 150 Hektar sind im Vinschgau heuer umgestellt worden, in Schlanders 44 Hektar. Wir befinden uns in einer starken Umstellungsphase und es ist zu erwarten, dass diese auch in den nächsten Jahren anhält. Grundsätzlich müssen wir aber aufpassen, dass die Bio-Produktion geordnet wächst und nicht sprunghaft und unkontrolliert, denn der Bio-Markt ist nach wie vor eine Nische.
Vinschgerwind: In der Riege der Vinschger Geschäftsführer der Obstgenossenschaften: Zählen Sie sich zu den Bio-Befürwortern oder Gegnern.
Spögler: Es gibt keine Bio-Befürworter oder Gegner. Unsere Aufgabe ist es für beide Anbauweisen eine erfolgreiche Strategie zu entwickeln und umzusetzen.
Vinschgerwind: Zurück zur GEOS. Als älteste Genossenschaft im Vinschgau, inwieweit unterscheidet sich die GEOS von den anderen im Tal?
Spögler: Die GEOS zeichnet sich sicher darin aus, dass sie auf eine lange Tradition aufbaut, immer eine Vorreiterrolle spielte, sehr innovativ ist und – das kann man schon sagen – eine Leitfunktion im Tal hat.
Vinschgerwind:Wer ist mitglieder- und mengenmäßig die stärkste unter den Genossenschaften im Vinschgau?
Spögler: Die MIVOR ist mitglieder- und mengenmäßig die stärkste vor der TEXEL und der GEOS.
Vinschgerwind: Jeder Geschäftsführer hat in der VP.P sein Geschäftsfeld. Welches ist Ihre Aufgabe?
Spögler: Ich betreue den deutschen Markt sowie die Handelsketten Lidl International und Esselunga in Italien.
Vinschgerwind: Der Markt hat sich stark verändert?
Spögler: Der Markt hat sich verändert und verändert sich laufend. Die Apfelproduktion in Europa steigt und wir haben tendenziell jedes Jahr mit einem Überangebot zu kämpfen. Der Apfelkonsum in unseren traditionellen Absatzmärkten stagniert und daher gilt es ständig neue Märkte zu finden. In den letzten Jahren sind wir in Nordafrika und in den arabischen Ländern stark gewachsen. Allerdings sind das keine sicheren Märkte. Diese Gebiete sind politisch krisengeschüttelt. Zusätzlich verändern sich die Konsumgewohnheiten, die Konsumenten werden anspruchsvoller und kritischer. Unsere Hauptsorte Golden wird immer mehr von roten bzw. zweifarbigen Sorten verdrängt, daher müssen wir uns im Sortenspiegel verändern. All diese Veränderungen und neuen Herausforderungen können wir nur in einer starken Gemeinschaft meistern. Jede Genossenschaft auf sich alleine gestellt wäre viel zu schwach.
Vinschgerwind: Hochregallager schießen im Vinschgau wie die Pilze aus dem Boden. Warum?
Spögler: Das Hochregal ist die neue logistische Schnittstelle zwischen Lagerung, Sortierung und Verpackung. Es ist 28 Meter hoch und hat Platz für 17.000 Großkisten. Der Schritt zur Automatisierung  ist durch die steigende Komplexität unseres Geschäftes vorgegeben und die Vorteile sind eindeutig: verbesserte Haltbarkeit und Frische der Äpfel, besseres Produkt-management bei ca. 50 Sortierartikel pro Sorte, bessere Raumnutzung und Kosteneinsparungen in den Bereichen Energie, Personal.
Vinschgerwind: Einige Eckdaten zur GEOS: Mitglieder, Arbeitsplätze, Anbaufläche, Erntemenge...
Spögler: Wir haben 310 Mitglieder, 120 Mitarbeiter, davon 40 fixe Angestellte/Arbeiter und 8o Saisonsarbeiter und 960 Hektar Anbaufläche. Die Erntemenge der Tafelware lag im vergangenen Jahr bei 64.000 Tonnen.
Vinschgerwind: Und heuer?
Spögler: Heuer erwarten wir zwischen 52.000 und 54.000 Tonnen Tafelware.
Vinschgerwind:Ein Blick in die Zukunft: Wo steht die GEOS in zehn Jahren?
Spögler: An der Genossenschaftsstruktur wird sich in den nächsten 10 Jahren nichts Wesentliches ändern. Die Lagerkapazität ist ausreichend, das Hochregallager ist fertig, die neue Sortiermaschine geht jetzt mit Herbst in Betrieb. Von daher sind wir gut gerüstet. Ändern wird sich der Bioanteil und mit 2018 wird die GEOS die Bio Äpfel selber verpacken. Daher braucht es einige Anpassungen im Verpackungsraum. Verändern sollte sich in 10 Jahren unser Sortenspiegel: Der Golden Delicious sollte nur mehr 55–60 Prozent und nicht wie momentan 70 Prozent ausmachen. Wachsen möchten wir mit interessanten Clubsorten, welche den Geschmack der Konsumenten treffen und mit denen wir auch neue Märkte bearbeiten können. Bei den Standardsorten, muß es unser Ziel sein die Qualität zu verbessern, denn mit unseren kleinstrukturierten Betrieben können wir im Wettbewerb nur mit Qualität gewinnen.
Vinschgerwind: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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