Dienstag, 20 September 2016 09:26

Nationalpark Stilfserjoch - Grenzen sind Übergänge Die Bedeutung der Ruderalstreifen für die Biodiversität

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stieglitzWolfgang Platter, am Tag des Hlg. Matthäus

Im Februar 2016 ist die Nr. 59 der „Umwelt für Europäer“, des Magazins der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht worden. Die Nummer des Magazins ist im Wesentlichen dem Klimaschutzabkommen von Paris gewidmet. Zur Erinnerung: Im Dezember 2015 haben 195 Länder das rechtsverbindliche Übereinkommen zur Bekämpfung des Klimawandels verabschiedet. Das multinationale Abkommen legt eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2°C über dem vorindustriellen Niveau fest.


Im Umweltmagazin der EU Nr. 59 wird für den Bereich Natur und Biodiversität festgestellt, dass „der Schutz und die Stärkung der Natur Europas eines weitaus entschlosseneren Handelns bedürfen“.
Die 2011 von der Europäischen Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten entwickelte EU-Biodiversitätsstrategie sieht als Kennzahl vor, den Verlust der biologischen Vielfalt, im Vergleich zu einem Ausgangswert von 2010, mit sechs operativen Zielen und 20 Maßnahmen aufzuhalten. Nachdem die Hälfte der Zeit bis zum Zieltermin verstrichen ist, werden in der Halbzeitprüfung im Oktober 2015 einige Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen gemäß der Ziele festgestellt. Eine Reihe von politischen Handlungsrahmen wurden nun eingerichtet, etwa die reformierte Gemeinsamen Agrarpolitik und Gemeinsame Fischereipolitik sowie die Verordnung zu invasiven gebietsfremden Arten, die Strategie zur Grünen Infrastruktur.
Im Bericht wird aber auch deutlich, dass zur Erreichung des Kernzieles größere Anstrengungen bei der Um-und Durchsetzung vonnöten sind, insbesondere im Hinblick auf die Naturrechtsvorschriften. Es ist darüber hinaus erforderlich, die Biodiversität wirksam mit einer Reihe weiterer Politikbereiche zu verknüpfen, in Verbindung mit einer angemessenen Finanzierung in Bereichen wie Meeresfischerei, regionale Entwicklung und Handel sowie vor allem Land- und Forstwirtschaft, welche gemeinsam über einen Anteil von 80% an der Flächennutzung der EU verfügen. „Es gibt keinen Anlass zur Selbstgefälligkeit – ein Verlust an biologischer Vielfalt bedeutet einen Verlust unseres lebenserhaltenden Systems. Weder wir noch unsere Wirtschaft können uns dies leisten“ sagte Karmenu Vella, EU-Kommissar für Umwelt, Marittime Angelegenheiten und Fischerei.

DSC 9991Naturschutz bringt wirtschaftliche Vorteile
Die große Anzahl von Leistungen, welche die Natur erbringt – Hochwasserschutz, Bodenfruchtbarkeit, Bestäubung unserer Kulturpflanzen, Wasser- und Luftreinigung, Kohlenstoffspeicherung, Gesundheit und Erholung -, hängen von dem Netz der Schutzgebiete sowie von der nachhaltigen Nutzung der übrigen terrestrischen und marinen Ökosysteme Europas ab.

Messbarer Fortschritt
In der Halbzeitüberprüfung der EU- Kommission werden einige Fortschritte bei der Umsetzung der EU-Naturrechtsvorschriften (Ziel 1), beim Erhalt der Ökosysteme (Ziel 2) und im Hinblick auf eine nachhaltige Fischerei (Ziel 4) dank der reformierten Gemeinsamen EU-Fischereipolitik und der Rahmenrichtlinie Meeresstrategie festgestellt. Obwohl die reformierte Gemeinsame Agrarpolitik viele Möglichkeiten zur Verbesserung der biologischen Vielfalt bietet, ist der geringe Anteil ihrer Umsetzung besorgniserregend. Der politische Handlungsrahmen zur Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten (Ziel 5) wurde festgelegt. Die Anstrengungen der EU, einen Verlust der biologischen Vielfalt abzuwenden (Ziel 6), haben dazu geführt, dass die Finanzmittel für die globale Biodiversität stark erhöht wurden. Allerdings müssten sich die Konsumangewohnheiten in der EU im Hinblick auf die Biodiversität noch ändern.
Im Bericht wird bestätigt, dass der politische Handlungsrahmen umgesetzt wurde und vor Ort viele Erfolge zur Bewahrung der Biodiversität erzielt worden sind. Allerdings müssten diese Erfolge noch zahlreicher werden. Im Bericht zum Zustand der Natur in der EU aus dem Jahr 2015 wird die Situation nur für weniger als ein Viertel der für Europa bedeutenden Arten als günstig bezeichnet. Fast die Hälfte ist in einem ungünstigen Zustand, DSC 4143wobei es nur bei 4% Anzeichen einer Besserung gibt.
Was die für Europa bedeutenden Lebensräume anbelangt, befinden sich 16% in einem günstigen Zustand; für mehr als zwei Drittel ist die Situation ungünstig, wobei sich der Zustand von nahezu der Hälfte verschlechtert hat.
Für Vögel sind die Aussichten günstiger, denn bei mehr als der Hälfte der Arten ist der Zustand der Population als günstig zu bezeichnen, wenn er auch bei 20% unsicher ist und der Bestand zurückgeht. Dies gilt insbesondere für verbreitete Vogelarten, welche mit landwirtschaftlichen Ökosystemen verbunden sind, die weiterhin im Rückgang sind.

Die Sonnenblumenaktion der VIP 2016
„Gobal denken und lokal handeln“ ist ein schon lange geprägtes Schlagwort. Es ist erfreulich, dass die VIP im Vinschgau unter ihrem Obmann Thomas Oberhofer im heurigen Frühjahr ihren Mitglieder Sonnenblumen-Samen zur Verfügung gestellt und dazu aufgerufen hat, diese am Rande der Obstkulturen als Nahrungs- und Futtergrundlage unter anderem für den Stieglitz als „Vogel des Jahres 2016“ des Deutschen Naturschutzbunde  aber auch der Südtiroler Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und für Vogelschutz auszusäen. Viele Obstbauern haben dem Aufruf Folge geleistet und bei der Aktion mitgemacht, auch wenn manche beklagen, dass die Keimung der in die Erde gelegten Sonnenblumensamen nicht gut gewesen sei. Derzeit blühen und fruchten an den Rändern mancher Obstanlagen die Sonnenblumen. Für 593B4unser Auge verschönern sie das Landschaftsbild. Und die Stieglitze nehmen das zusätzliche herbstliche Nahrungsangebot gerne an. Mit ihrem spitzen Schnabel sind diese Finkenvögel auf das Auslösen von Samen von Korbblütlern wie etwa der verschiedenen Distel-Arten spezialisiert.
Die Sonnenblumen-Pflanzaktion der Obstbauern ist ein Schritt in die richtige Richtung und ein Bekenntnis zur Biodiversität: Wir müssen uns wieder verstärkt um die Grenzsituationen am Rande der Intensivkulturen bemühen. Grenzen sind auch wichtige Übergänge: Die sogenannten Ruderalstreifen (Feldraine, in unserem Dialekt Ounawänd) sind für die Biodiversität der Arten ein wichtiger und höchst bedeutsamer Refugialraum. Wer von den Obstbauern bei der Sonnenblumenaktion 2016 mitgemacht hat, hat nicht nur Imagepflege und Lobbying für seinen Stand betrieben, sondern auch Sensibilität für das Thema Erhalt der Biodiversität belegt. Danke dafür.

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