Dienstag, 07 Juli 2015 15:38

Nationalpark Stilfserjoch - Gletscher in Zeiten des Klimawandels - Sonderausstellung im Nationalparkhaus naturatrafoi

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P1030264Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Ulrich, 4. Juli 2015

Im Nationalparkhaus naturatrafoi zeigen wir derzeit eine Sonderausstellung zum Thema Gletscher. Diese Wechselausstellung ist Themengeber für meinen heutigen Beitrag: Der stark beschleunigte Rückgang und Massenverlust der Gletscher in den Alpen.

Erderwärmung durch Treibhausgase
Der Gletscherschwund ist in unseren Klimazonen der deutlichste und auffälligste Indikator für den Klimawandel. Das Klima wandelt sich infolge der Erderwärmung.

Die Erderwärmung ihrerseits hat ihre Ursache in der ständigen und stetigen Zunahme des Kohlendioxyds in der Erdatmosphäre. Das Kohlendioxyd ist ein Treibhausgas, das die Erdatmosphäre eintrübt und dadurch die von der Erde in den Nachtstunden in das Weltall abgestrahlte Wärmeenergie reflektiert und die Erde aufwärmt. In den letzten 100 Jahren ist die Erde als Planet um 0,8°C wärmer geworden. Der Anteil des Kohlendioxyds in der Luft ist von 290 pars per million (vor hundert Jahren)  auf  derzeit 389 ppm angestiegen, Tendenz steigend. Hauptverursacher dieses Anstieges von Kohlendioxyd ist der Mensch der industriellen Gesellschaft.
Die Alpen sind im weltweiten Vergleich besonders stark von der Erwärmung betroffen: In den letzten 100 Jahren war der Anstieg der  Durchschnittstemperatur der Luft in den Alpen mit 2,0°C doppelt so hoch wie im europäischen Durchschnitt.
Der Klimawandel findet auch in Südtirol statt: Wissenschaftler der Euro-päischen Akademie in Bozen haben, von unterschiedlichen Szenarien ausgehend, berechnet, dass die Jahresdurchschnittstemperatur in Südtirol bis zum Jahre 2050 im positivsten Fall um +1,2°C ansteigen wird und beim negativsten Szenario von Klimamodellen sogar um +2,7°C.  Trotz nunmehr schon vieler internationaler Klimaschutzkonferenzen ist es den politischen Führern noch nicht gelungen, verbindliche Ziele zu vereinbaren, welche die Erderwärmung bis 2050 auf +2,0°C eingrenzen, obwohl die wissenschaftlichen Daten schon lange auf dem Tisch liegen und die Folgen des weiterhin hohen Energieverbrauches bekannt sind. Im letzten Treffen der G7-Staaten von Schloss Ellmau in Bayern war das Weltklima wieder auf der Liste der behandelten Agenden.
Die Umweltenzyklika von Papst Franziskus „Laudato si“ jüngsten Datums findet deutliche Worte zum Thema des respektvollen Umganges mit der Schöpfung und  zum Erhalt einer bewohnbaren Erde. Wollen wir sehen, ob die schwergewichtigen Worte einer Persönlichkeit von höchster moralischer Instanz von den Staatenführern bei der nächsten Klimakonferenz im heurigen Herbst auch beherzigt und nicht nur vorab belobigt werden.

Vergletscherung im Alpenbogen
Laut dem Weltgletscherreport (World Glacier Monitoring Service WMGS) betrug die Vergletscherung des Alpenbogens im Jahre 1850 P10303104.460 km², im Jahre 1970 2.903 km² und im Jahre 2012 2.153 km². Setzt man die Vergletscherung der Alpen im Jahre 1850 gleich 100%, so beträgt die vergletscherte Fläche von 2012 nur noch 48%, also weniger als die Hälfte.
Dem gleichen Report ist zu entnehmen, dass im Zeitraum 1995 bis 2000 in den Alpenstaaten Frankreich, Schweiz, Öster-reich und Italien 284 Gletscher eingehend untersucht wurden, 273 davon haben sich zurückgezogen.

Die Gletscher im Nationalpark
Im Nationalpark Stilfserjoch gab es 2003 150 Gletscher mit einer Gesamtfläche von 11.011 Hektar und einem gespeicherten Volumen von 3 Milliarden m³ Wasseräquivalenten (Datenquelle: Pirovano C., Moriconi L., Barcella M., Bonardi L., Galluccio A.: Relazione sullo stato dell´ambiente, Porgetto Agenda 21 locale nel Parco Nazionale dello Stelvio).
Laut den Angaben von Thomas Schellenberg vom Institut für Fernerkundung an der EURAC Androsace alpinaGeum reptansBozen betrug die Flächenausdehnung der Gletscher im Ortler-Cevedale-Massiv 1987 85,3 km², 1999 74,9 km², 2000 73,7 km² und 2010 60,2 km². Oder zusammenfassend: In den 23 Jahren zwischen 1987 und 2010 haben die Gletscher in der Ortler Cevedale-Gruppe einen Flächenverlust von 25,1 km² erfahren, was 29,4, also fast 30% ihrer Fläche von 1987 entspricht.
Die Hintere Eggenspitze in Ulten ist eine der Dauerbeobachtungsflächen des Hydro-graphischen Landesamtes in der Südtiroler Landesverwaltung. Im Jahre 1991 betrug der Massenvorrat am Gletscher der Hinteren Eggenspitze 18 Millionen m³, im Jahre 2010 war dieser Vorrat laut Angaben von Hanspeter Staffler von der Abteilung Zivilschutz auf 8 Mio. m³ geschmolzen. Die Abnahme von 10 Mio. m³ in nur 19 Jahren entspricht 55% des Massenvorrates von 1991.

Öffnungszeiten: Nationalparkhaus naturatrafoi

Mai bis Oktober:
Di - Fr: 9.00 - 12.00 und 14.30 - 18.00 Uhr
Sa - So - Feiertage: 14.30 - 18.00 Uhr
 
Durchgehende Öffnungszeit vom 1. Juli bis 21. August:
Di - Fr: 9.00 - 18.00 Uhr
Sa - So - Feiertage: 14.30 - 18.00 Uhr
Mo geschlossen

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