Dienstag, 17 Mai 2011 00:00

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Mündigkeit

Der Begriff Mündigkeit beschreibt unter anderem auch das innere und äußere Vermögen der Selbstbestimmung. Sie besagt somit, dass man für sich selbst sprechen und sorgen kann. Mündigkeit wird oft in einem Atemzug mit dem Begriff der Emanzipation genannt, welche die Befreiung von Gruppen, die aufgrund ihrer Rasse, Ethnizität, Geschlecht, Klassenzugehörigkeit usw. diskriminiert und von politischen und kulturellen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen werden, bezeichnet. Ein Volk wie wir es sind, dass auf einer Jahrtausender alten Kultur und Sprache zurückblicken kann. Ein Volk, welches einen Landstrich so geprägt hat, sollte eigentlich ein so starkes Selbstbewusstsein entwickelt haben um die Mündigkeit von einem fremden Staat zu verlangen. Unabhängigkeit fängt im kleinen an, es liegt an uns allen selbst, ob wir die Zeichen der Zeit verstehen.
 

Dietmar Weithaler, Partschins

Nachgedacht

Gerne erinnere ich mich an die Zeit zurück, wo ich das Gymnasium besuchte. Vor allem aber an den einen Lehrer oder die eine Lehrerin. Da hatte es überaus interessante Charaktere dabei, was ich auch dazu nutzte, sie mit einer Mitschülerin bei Schulfesten oder sonstigen Anlässen zu parodieren. Und zwar zur Freude aller, auch der Betroffenen, da wir uns an die Regel hielten, „den Leuten aufs Maul zwar zu schauen, aber nicht auf das selbige zu hauen“, wie es der Kabarettist Heinz Erhart treffend formulierte.
Ganz besonders erinnere ich mich an den Biologie-, Chemie- und Kunstlehrer. Er war einer der wenigen mit einem Doktortitel und einer der wenigen, die den Titel nicht nur tragen, sondern die auch wirklich eine Kapazität waren. Dieser Lehrer hatte schon früh sein Auto verkauft und fuhr mit dem Fahrrad bei Wind und Wetter. Im Winter bei Schnee kam er mit Langlaufausrüstung zur Schule. Gerne wurde dieser Mensch immer wieder belächelt. Er organisierte auch die Schülerreisen in nahegelegene Atomkraftwerke. Mit seinem großen Fachwissen erklärte er uns im Voraus, wie diese funktionierten. Kam dann der Tag, wo wir so ein technisches „Wunder“ von innen besichtigen konnten, setzte er sich an den Eingang vor das Kraftwerk mit einem Schild um den Hals „Atomkraft, nein danke!“. Er wartete brav, bis wir wieder zurückkamen. Für solche Aktionen wurde er natürlich noch mehr belächelt. Nur als das mit Tschernobyl passierte, wurde das Lächeln weniger. Minutiös bereitete der Lehrer den Unterricht vor, der fortan im Freien stattfand und wo wir Schüler selbst die Gelegenheit hatten, mit dem Geigerzähler die Strahlenbelastung in unserem Gemüse, den Früchten usw. zu messen.
Aber das Ereignis vor über 20 Jahren war offensichtlich nicht genug. Erst Japan lehrt plötzlich auch die größten Befürworter der Atomenergie eines Besseren. Selbst hochrangige Kirchenvertreter reden nun von der Atomenergie als Teufelszeug. Einzig der ehemalige deutsche Bundeskanzler Kohl mahnt noch immer, die Atomkraft nicht zu verdammen. Völlig zu Recht bezeichnete ihn der Parteikollege Heiner Geißler daraufhin als „energiepolitischen Piusbruder“.
Wie gesagt, Japan hat die Augen geöffnet, weil das Undenkbarste plötzlich Realität wurde. Aber es darf bitte niemand behaupten, wir hätten nicht schon Warnungen erhalten. Man sehe sich nur das Meisterwerk „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt an, lange vor Tschernobyl geschrieben. Hier geht es genau um die Kernphysik. Dazu formuliert er: „Eine Geschichte ist erst dann zu Ende gedacht, wenn sie ihre schlimmstmögliche Wendung genommen hat. Die schlimmstmögliche Wendung tritt immer durch Zufall ein.“ Und der Zufall in Japan bestand aus einem enormen Erdbeben und einer weit über 10 Meter hohen Welle.
Und wir Christen wurden und werden allein von unserem Glauben schon mehr als eindringlich vor einer Selbstüberschätzung gewarnt. Eigentlich brauchen wir keine Ethikkommissionen, die tonnenweise Papier produzieren. Ein Blick auf und ein Ohr zu Jesus genügten voll und ganz. So heißt es beispielsweise in den Texten zum 5. Ostersonntag im 1. Petrusbrief: „Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen.“ Und im Evangelium sagt Jesus: „Glaubt an mich!“ (Joh 14,1) Stattdessen nerven wir uns gegenseitig mit Diskussionen über das, was christlich sei oder nicht. Die evangelischen Kirchen versuchen mit aller Mühe, eine Einheit untereinander herzustellen. Die katholische Kirche kreist bisweilen auch um sich selbst, womit der Blick auf Jesus zwangsläufig vernebelt wird. Der wenig souveräne Umgang mit (berechtigter) Kritik bezeugt das ebenso, wie die mangelnde Verhältnismäßigkeit, was die Anstrengungen betrifft, in vielerlei Hinsicht sektiererischen Gruppierungen den Hof machen zu wollen, um sie als solche in die Kirche zu integrieren.  Wer genau wissen will, was christlich oder katholisch ist, braucht sich nur das Leben Jesu anzusehen. Denn dieses zeigt deutlich, was von uns zu machen ist. Und – was noch viel wichtiger ist, es zeigt, was von uns nicht zu machen ist.

Don Mario Pinggera


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