Dienstag, 17 September 2013 12:00

Schlanders ist anders

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Aus dem Gerichtssaal - In letzter Zeit häufen sich die Nachrichten rund um den Marmorabbau im Göflaner Bruch und um dessen Abtransport. Die Berichterstattung ist zumeist einseitig und oberflächlich, wobei eigentlich nur der Standpunkt der Gemeinde Schlanders berücksichtigt und verschwiegen wird, dass die Schlanderser sich selbst in diese Malaise manövriert haben. Denn zu meinen, man könne die bestehende Forststraße in den „Wantlbruch“ einfach in eine Gemeindestraße „umtaufen“, war reichlich blauäugig. Das Verwaltungsgericht in Bozen hat diesem Versuch jedenfalls eine klare Abfuhr erteilt: die Verkehrsregelungskompetenz für Straßen in Natur- und Nationalparks liegt ausschließlich beim Land; außerdem ist ein Marmorbruch, der zudem von einer privaten Gesellschaft betrieben wird, keine öffentliche Einrichtung, welche die Ausweisung einer Gemeindestraße rechtfertigt.
Was jedoch bei der ganzen Diskussion um den Abtransport unerwähnt bleibt, sind zwei wesentliche Punkte aus dem Konzessionsvertrag von 2003, mit dem die Eigenverwaltung Göflan und die Gemeinde Schlanders den Bruch für 30 Jahre verpachtet haben. Der eine betrifft die Entschädigung für den Abbau und den Transport, welche mit Euro  140 bzw. 60 pro m³ vereinbart wurden. Dort vorgesehen ist auch die alljährliche Angleichung dieser Beträge an die Schwankungen der Lebenshaltungskosten. Die Gemeinde Schlanders scheint bis heute deren Anpassung nie verlangt zu haben. Auf zehn Jahre gerechnet entspricht das einem Verlust für die Gemeindekasse von über 400.000.- Euro! Schwer verständlich sind daher bei dieser Großzügigkeit die Klagen über die angeblich hohen Kosten beim Abtransport über die Anlagen der Lasa Marmo.
Aber noch gravierender ist die Untätigkeit der Gemeinde Schlanders bei der Durchsetzung anderer Ansprüche aus dem Pachtvertrag. Der Konzessionär, jetzt die Göflaner Marmor G.m.b.H. um den Ing. Burkhard Pohl, ist verpflichtet, während der gesamten Laufzeit 95 Prozent der abgebauten Blöcke in eigenen Betriebsstätten in Schlanders oder Laas zu verarbeiten. In deren bescheidenen Hallen am Ortseingang von Schlanders kommen jedoch vielleicht 20 Prozent des Göflaner Marmors „unter die Sägen“, der Rest wird auf LKWs verladen und nach Verona oder Carrara weiterverfrachtet. Bei Einhaltung dieser Vertragsklausel und einer Mindestabbaumenge von 2000 m³ pro Jahr würde dies Arbeitsplätze für ca. 40 Personen bedeuten! Diese Zahl ergibt sich aus einer einfachen Hochrechnung: die Lasa Marmo fördert im Jahr zwischen 3.000 und 4.000 m³ Marmor, welcher zur Gänze vor Ort verarbeitet wird; sie beschäftigt 80 (!) Arbeiter. Die Göflaner Marmor G.m.b.H. hat gerade mal zwischen 7 und 10 Leute auf ihrer Gehaltsliste, ein Großteil der Wertschöpfung erfolgt also außer Landes! Dabei wäre es für die Gemeinde Schlanders ein Leichtes, ihren Vertragspartner „auf Vordermann“ zu bringen. Als „schwerwiegende vertragliche Nichterfüllung“, welche die „automatische Vertragsauflösung“ nach sich zieht, gelten die „Nichterrichtung der Verarbeitungsstätten“ ebenso wie die „Nichteinhaltung des Anteils der vor Ort zu verarbeitenden Marmorblöcke“. Und als Sanktion könnte die Gemeinde auch gleich von einer Bankbürgschaft über den Betrag von Euro 500.000.- Gebrauch machen, welche für den Fall der Nichterfüllung wesentlicher Vertragsklauseln geleistet wurde. Was wundert: Über die ganze Geschichte hat der Gemeinderat bisher überhaupt kein Wort verloren! Schlanders ist offenbar wirklich anders!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt 


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