Dienstag, 16 April 2013 00:00

„ ….learnan brauchts it, versteats jo decht nix!“

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Porträt Filomena Federspiel-Adam, vulgo „Dourl Mena“, Jg. 1926 aus Laatsch

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I will amol a groaße Familie, dassi olm an haufn Lait um mir ummer hon und it alloan bin.“ Diesen großen Wunsch hatte Filomena Federspiel-Adam, vulgo „Dourl Mena“ schon seit sie sich zurück erinnern kann. Denn eine glückliche Kindheit in Geborgenheit war ihr nicht beschieden. Kurz nachdem sie im Jänner 1926 das Licht der Welt erblickte, erlag ihre Mutter im Alter von erst 25 Jahren einem Gehirntumor. Eine Operation im Meraner Krankenhaus, die ihrem Vater eine Kuh kostete, brachte keine Rettung. So war nun der junge Mann mit Mena und ihrer um zwei Jahre älteren Schwester Kathl alleine.

„Mai spatere Schwiegermuatr isch mit dr Muatr selm gleichzeiti in Meraner Spitol gwesn. Dia hot mr nor olz drzeiln kennt, wias mit ihr gongan isch.“ Als Erinnerung hat ihr Vater die schönen schwarzen Zöpfe seiner Frau abgeschnitten. Die zwei Mädchen verbrachten oft Zeit damit, sie zu kämmen und wieder zu zopfen. Die ersten vier Lebensjahre versorgten die „zwoa Nandlen“ den Haushalt und kümmerten sich fürsorglich um Mena und ihre Schwester. „Obr leidr sein beade innerholb fan gleichn Mounat 1930 gstorbm. Nor seimr wiedr mitn Votr alloan gwesn.“ Dieser war als Jagdaufseher viel unterwegs und musste neben der kleinen Landwirtschaft auch jede andere Gelegenheitsarbeit, vor allem Holzarbeiten, annehmen, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Schließlich war er gezwungen, eine Haushälterin einzustellen. „Nor isch die Kelt in Haus inzouchn. Sie hot zwor kochn kennt, obr Verständnis und Liab hotsi fir inz koane aufbrengan kennt.“

Nach dem Schulunterricht, welcher ausschließlich italienisch war, mussten die Kinder zu Hause sofort mit anpacken. Zeit für Hausaufgaben oder Lernen gab es keine. „Sie hot olm gsogg, learnen brauchts it, versteats jo decht nix.“ Mena musste zupacken wie ein Mann und oft für zwei, denn ihre Schwester war durch eine Behinderung am Fuß nicht immer und überall einsetzbar. „Wia hon i oft ondre ba dr Feldorbat beneidat. Do sein oft a Hondvoll Mandr gwesn dia zuapockn hobm kennt und mir hobm lai zu zweit gschuntn.“ Um Heu zu sparen, nahm ihr Vater sie oft mit zum „Laab-Strafn odr Pourscht-Rupfn“, das dann vor allem an die Ziegen und Schafe verfüttert wurde. „Dassi mi nit gschwindlt honn, wennamr ibr die Knett ohgsoalt hot, hottamr zearsch drhoam va dr Till oiglott.“ Mit zwanzig Jahren verlässt sie das Heimathaus und tritt ihre erste Dienststelle als Magd beim „Moarhof-Bauern“ in Kortsch an, wo sie ein Jahr lang bleibt. „Af Kortsch bini gearn gwesn. Ma hot hort orbatn gmiaßt obr olm gnua zun Essn kop.“ Danach zog es die Mena in die Schweiz und sie fand in der Metzgerei Kuen in Chur Anstellung und Verdienst. Dort lernte sie auch ihren späteren Mann Hermann Adam aus Glurns kennen, der ebenfalls in dieser Gegend arbeitete. Nach einer kurzen Zeit beschlossen die beiden zu heiraten und kehrten auf Menas Heimathof nach Laatsch zurück. Einigen im Dorf störte es, dass die „Dourl Mena“ einen von auswärts geheiratet hat und „sell an Stadtler a nu“, fügt sie nachahmend hinzu. „Nor homr hold, dassmr inzr Ruah hobm kop in Freita, 1. Juli 1950 um holbe 4 zmorgaz keiratet.“

Bereits ein Jahr darauf kam Tochter Rosmarie zur Welt und es folgten in  regelmäßigen Abständen von zwei Jahren weitere zwei Mädchen und drei Buben. Die Geburt ihres Sohnes Lois 1957 kostete ihr fast das Leben. Mit einem Taxi musste sie nach Meran gefahren werden, doch für einen Kaiserschnitt war es bereits zu spät. „Di Dektr hobm di gonz Zeit gsogg es muaß normal gean und i soll it asou schreien, weil ondre Lait a nu do sein. Obr in dein Moment hon i neamat gsechn.“ Gegangen ist es erst, als einer der Ärzte mit seinen Knien das Kind herausgepresst hat. „Er isch hold a mords Klokkr gwesn, ibr vier Kila hotr kop. Seit selm sogi olm mitn, an dein Tog kemmer mitnond Geburtstog feiern.“ Einen harten Schicksalsschlag erlitt die Familie 1963. Der jüngste Sohn Hans war gerade einige Wochen alt, als der Hof ein Raub der Flammen wurde. „Olle Kinder sein ba Verwondte und Nochbrn unterbrocht gwesn, kop honni lai nu in Kloanen.“ Danach begann für Mena und ihren Mann die harte Zeit des Wiederaufbaus. Ganz in der Nähe der Brandruine entstand ein Neubau, den die Familie 1965 beziehen konnte. Ein Nebeneinkommen sicherten sie sich auch durch die Aufnahme von Feriengästen, die im oberen Stock des Hauses den Urlaub verbrachten. Große Stütze in dieser Zeit war auch ihr Vater. „Er hot gsogg ba meinige honi koa Zeit kop und it vrstondn, dassi hat gsollt ba dr Aufgob zui schaugn. Ba di Enkl mochis ondrsch.“ Doch die gemeinsame Zeit im neuen Zuhause währte nicht lange. Ihr Mann Hermann erkrankte an Magenkrebs und starb 1976 im Alter von erst 48 Jahren. Ab diesem Zeitpunkt war Mena auf sich alleine gestellt und musste den Hof alleine führen. Die großen Kinder waren aus dem Haus und verdienten bereits ihr eigenes Geld, doch der Jüngste hätte die starke Hand des Vaters noch gebraucht. Die kleine Landwirtschaft führte sie noch bis Anfang der 1990er Jahre zusammen mit ihrer Tochter weiter. Als auch diese heiratete, gab sie die Tiere auf und der Stall war leer. Erst als ihr Sohn Lois mit seiner Familie in den oberen Stock des Hauses einzog, kam wieder Leben in den Stall, sehr zur Freude von Mena. „Iatz honi wiedr a bisl stirggn und mithelfn kennt, a wenni schun viermol ba di Hüftn operiert bin gwortn.“ Pferde, Schafe und allerlei Federvieh mussten wieder versorgt werden. Auch die Blumen rund ums Haus und der Garten sind ihre große Leidenschaft. Gerne studiert sie auch die verschiedensten Kräuter- und Kochbücher und keine Folge der Seifenoper „Sturm der Liebe“ am Nachmittag wird versäumt. Die größte Freude hat sie aber, wenn ihre sechs Kinder, 13 Enkel und mittlerweile 10 Urenkel zu Besuch kommen und es richtig „rund geaht“.

Andreas Paulmichl

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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