Spezial Bauen: Wir sind geradlinige Typen

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In die Reihe der Interviews mit Vinschger Architektinnen und Architekten stellt sich in dieser Ausgabe jenes mit HS-Architects, einem jungen Latscher Architektenduo. HS- steht für Holzknecht und Stecher, für Florian Holzknecht und Thomas Stecher.

Interview: Angelika Ploner

Vinschgerwind: Was zeichnet den Vinschgau architektonisch aus? Eure Meinung.
Florian Holzknecht: Früher nahm der Vinschgau architektonisch sicher eine Vorreiterrolle ein. Ich denke da an die bekannte Riege Tscholl, Spitaler, Gapp und Dietl. Heute sind wir mittlerweile, denke ich, in Südtirol architektonisch überall recht gut aufgestellt.
Thomas Stecher: Natürlich gibt es jüngere Büros und Konzepte, die hervorstechen, wie noa-Architekten zum Beispiel, die ein Netzwerk sind und international arbeiten. Oder Pedevilla Architects. Aber grundsätzlich, glaube ich auch, dass im ganzen Land eine hohe Dichte guter Architekten vorhanden ist.

Vinschgerwind: Es gibt unverkennbare und mutige Architekten und es gibt zurückhaltende Architekten im Vinschgau. Wo reiht ihr euch ein?
Thomas Stecher: Mutig waren wir sicher, als wir uns mit 30 Jahren selbständig gemacht haben. Ob wir architektonisch mutig sind, weiß ich nicht. Wir versuchen auf jeden Fall die Vorgaben eines Bauprojektes auszuloten und darüber hinweg alle Möglichkeiten durchzuspielen. Wir nutzen eigentlich bei jedem Projekt urbanistisch und planerisch alle Spielräume aus. Mit großem Zeitaufwand, das ist dazuzusagen.
Florian Holzknecht: Mutig oder nicht, das lassen wir gerne andere beurteilen. Es schwirren ja immer mehrere Ideen im Kopf herum und erst, wenn man diese zu Papier bringt, sieht man, ob diese funktionieren oder nicht. Natürlich denkt man manchmal auch über gewisse Grenzen und Vorgaben hinweg.

Vinschgerwind: Anders gefragt: Wie würdet ihr euren Baustil beschreiben?
Thomas Stecher: Wir sind grundsätzlich geradlinige Typen. Aber wir versuchen uns immer auf die Bauherren einzulassen.
Vinschgerwind: Anders gefragt: Es gibt Architekten, die haben einen unverkennbaren Stil, eine architektonische Handschrift, die bei allen ihren Projekten ablesbar ist. Und es gibt Architekten, die sagen: Eine Handschrift hieße persönlichen Stillstand.
Thomas Stecher: Unsere Philosophie ist sicher Zweiteres.
Florian Holzknecht: Jedes Projekt steht in einem anderen Kontext. Es ist ein Unterschied, ob ein Haus am Reschen steht oder in Meran. Da muss man sich bis zu einem gewissen Punkt anpassen und jeder Bauherr hat andere Wünsche. Das muss man ja auch berücksichtigen.
Thomas Stecher: Oder wenn ich ein denkmalgeschütztes Gebäude habe, dann muss ich dies in der Planung natürlich auch berücksichtigen.

Vinschgerwind: Aber grundsätzlich sind eure Bauten eher modern?
Thomas Stecher: Modern, schlicht und geradlinig sind unsere Bauten schon.

Vinschgerwind: Seit wann gibt es HS-Architects?
Florian Holzknecht: Wir haben im Sommer 2016 mit den ersten gemeinsamen Projekten angefangen und seit Jänner 2017 sind wir hier im Büro in der Industriezone.

Vinschgerwind: Habt ihr euren Traumberuf gefunden?
Thomas Stecher: Ja definitiv.
Florian Holzknecht: Auf alle Fälle.

Vinschgerwind: Wie schwierig oder leicht ist es, als junge Architekten im Vinschgau Fuß zu fassen?
Florian Holzknecht: Der Anfang war sicher nicht ganz einfach. Es hat schon Überwindung gekostet, sich zu trauen, selbständig zu werden. Man beginnt mit kleineren Sachen für Freunde oder Bekannte.
Thomas Stecher: Man kann sagen, angefangen hat es ganz klischeehaft daheim im Zimmer. Bei mir mit einer Gartenplanung und der Gärtner, der die Arbeiten ausgeführt hat, ist später zu mir gekommen, um sein Haus planen zu lassen.
Florian Holzknecht: Bei mir war es ein guter Freund, welcher mit als erstes das Vertrauen geschenkt hat. Als ich dann 2015 den Wettbewerb für das Sport- und Jugendzentrum gewonnen habe, dann gab mir das eine bestimmte Sicherheit – finanziell und arbeitsmäßig. Als wir selbständig angefangen haben, war eine gute Zeit. Die Baubranche begann wieder zu boomen.
Thomas Stecher: Die Wirtschaftskrise war vorbei und es ging wieder aufwärts. Es war sicher eine ideale Zeit, um sich selbständig zu machen.

Vinschgerwind: Wie gehen Sie an ein Projekt heran?
Florian Holzknecht: Das hängt wie schon gesagt vom Projekt ab, aber das Erste was wir bei jedem Projekt machen, sind die Vorbesprechungen mit den Bauherren. Das Gespräch zu suchen, um herauszufinden, was diese wollen und ihnen wichtig ist. Und wir gehen immer auf den Bauplatz hin und schauen uns diesen an.
Thomas Stecher: Der Bauherr muss auch schauen wie wir sind. Denn man muss sich schon bewusst sein: Wir sind die ersten, mit denen er spricht und die letzten bei seinem Bauprojekt – der wahrscheinlich größten Investition in seinem Leben.
Florian Holzknecht: Es muss passen. Für beide Seiten. Wir sind der Anwalt der Bauherren während der Bauphase, da muss blindes Vertrauen da sein.
Thomas Stecher: Es kann auch sein, dass wir bei einem Projekt zuerst ins Bauamt gehen, um urbanistische Dinge abzuklären.
Florian Holzknecht: Ja, es hängt vom Projekt ab, wie wir herangehen. Es ist auch ein Unterschied ob das jetzt ein Altbestand ist oder ein Haus auf der grünen Wiese.

Vinschgerwind: Was ist die größere Herausforderung: Die Planung oder die Realisierung?
Thomas Stecher: Beides in Einklang zu bringen.
Florian Holzknecht: Einfach, dass man das, was man plant auch genauso umsetzt.

Vinschgerwind: Wieviele Kompromisse lässt ihr zu?
Florian Holzknecht: Kompromiss ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich zeichne ja nicht ein Projekt und dann ist das so. Ein Projekt ist ein Prozess, wo ich mit den Bauherren öfters zusammenkomme und jedes Detail genau plane und diskutiere.
Thomas Stecher: Wir argumentieren ja, warum wir etwas so oder so planen. Die Einreichplanung wird recht detailliert gemacht, deshalb sind wir eigentlich immer mit den Bauherren eins und selten in der Situation Kompromisse machen zu müssen.

Vinschgerwind: Wieviele Treffen mit den Bauherren braucht es für ein Projekt?
Florian Holzknecht: Das ist ganz unterschiedlich und hängt teilweise auch vom Bauherrn ab.
Florian Holzknecht: Wir haben auch schon zwei Jahre an einem Projekt in der Planungsphase gearbeitet. Einen Entwurf gemacht, alles über den Haufen geworfen und alles neu gezeichnet.

Vinschgerwind: Themenwechsel: Gibt es ein Material, das ihr bevorzugt einsetzt?
Florian Holzknecht: Nein, eigentlich nicht.
Thomas Stecher: Wir setzen schon gerne aktuelle Materialien ein, aber wir beschränken uns da nicht auf ein Material, denn das hängt immer auch vom Bauherren ab.
Florian Holzknecht: Und vom Projekt. Sichtbeton gefällt uns beispielsweise gut, weil man dazu gute Kontraste bilden kann.
Thomas Stecher: Also, man muss sagen: Wir experimentieren nicht mit Materialien herum, denn das kann ich dem Bauherren nicht zumuten.
Florian Holzknecht: Wir passen sicher auf, dass wir nicht zu viele Materialien, Formen oder Farben einsetzen, also höchstens zwei bis drei, genau so, dass alles in Summe eine klare Linie ergibt.

Vinschgerwind: Was ist gute Architektur?
Florian Holzknecht: Gute Architektur muss funktionieren. Gute Architektur ist, wenn das entworfene Konzept bestens funktioniert, der Bauherr und Planer zufrieden sind.
Thomas Stecher: Ästhetik ist bis zu einem gewissen Punkt Geschmacksache. Daher lässt sich darüber wunderbar diskutieren.

Vinschgerwind: Sind Architekten Theoretiker?
Thomas Stecher: Nein, absolut nicht. Das könnte sich kein Architekt leisten. Wenn er technisch nicht versiert wäre, dann hätte er einen Bau nicht im Griff. Auch von der Kostenseite her. Dazu gehört auch der Austausch mit den ausführenden Firmen, die ihre Erfahrungen oft über einen langen Zeitraum gesammelt haben. Hier sind wir keinesfalls beratungsresistent.
Florian Holzknecht: Auf alle Fälle. Der Handwerker kennt sich in seinem Bereich aus. Wichtig ist, dass man sich auf Augenhöhe begegnet.
Thomas Stecher: Genau das ist wichtig: sich auf Augenhöhe zu begegnen.

Vinschgerwind: Ein Gebäude im Vinschgau, das für euch besonders gelungen ist....
Thomas Stecher: Wir haben viele gelungene Gebäude.
Florian Holzknecht: Spontan fällt mir der Turm auf St. Martin von Werner Tscholl ein.
Thomas Stecher: Ja, der ist etwas für die Ewigkeit.
Florian Holzknecht: Und das Kloster von Marienberg, ein Projekt für Jahrhunderte.
Thomas Stecher: Werner Tscholl hat sicher Vorbildfunktion für viele Architekten, denn wenn ich es schaffe „architetto dell’anno“ mit zwei Angestellten im Büro zu werden, das spricht für sich. Bei den Revitalisierungen ist er eine Klasse für sich.

Vinschgerwind: Ein von euch geplantes Projekt, auf das ihr besonders stolz seid.
Thomas Stecher: Mitten im Bau befindet sich derzeit ein Projekt in Goldrain, eine Residence-Erweiterung mit acht Chalets und einem kleinen Restaurant. Es wird im heurigem Frühjahr eröffnet.
Florian Holzknecht: Ja, das ist sicher ein tolles Projekt. Für mich persönlich war und ist das Sport- und Jugendzentrum in Latsch ein Herzensprojekt.

Vinschgerwind: Wir schließen unsere Interviews fast immer mit einer persönlichen Frage: Was würden Sie gerne einmal planen und bauen?
Thomas Stecher: Eine Kirche, denn, wann kann man schon eine Kirche planen?
Florian Holzknecht: Den Plan für eine riesige Fußballarena zu entwerfen, wäre schon grandios.

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