Mittwoch, 27 Juni 2012 00:00

Stimmen aus der Gewerbezone Prad

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Die Gewerbezone Prad  auf 25 Hektar Fläche ist die größte im Obervinschgau und hat großes Potential. Handwerk- Dienstleistungs- und Industriebetriebe bieten rund 500 Arbeistplätze, von denen rund 75 Prozent im Handwerk zu finden sind. Betriebsinhaber sind innovativ unterwegs, setzen auf Qualität und schauen über die Grenzen. Das festigt den Wirtschaftsstandort Prad auch in der derzeit angespannten Lage mit großem Steuerdruck.  Der Vinschgerwind hat Stimmen von Prader Wirtschaftstreibenden eingefangen.

s28_2257„Es braucht stabile gesetzliche Regelungen“

Vinschgerwind: Frau Zoderer, wie geht´s dem Bausektor in Prad?
Elke Zoderer: Die Auftragslage ist angespannt, speziell im öffentlichen Bereich, auch bedingt durch den neuen Ausschreibungsmodus und das Pauschalsystem. Es hat zwar durch ein Landesgesetz eine Erleichterung gegeben, aber nur bis zu einer gewissen Ausschreibungssumme. Überregionale Großunternehmen haben nach wie vor die Nase vorn.

Die Firma Zoderer Bau KG steuert mit einer Bietergemeinschaft dagegen, die sie 2011 mit den Unternehmen Holzbau Lechner, Kuntner GmbH, Metallbau und Elektro Reinstadler gegründet hat?
Ja, ohne Bietergemeinschaft ist es fast nicht mehr möglich, bei öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Denn bereits die Teilnahme kostet 12.000 bis 15.000 Euro. In der Bietergemeinschaft  teilt man sich das auf. Kleine Betriebe haben keine Chance und viele denken darüber nach aufzugeben.

Was müsste passieren, um das zu verhindern?
Der Ausschreibungsmodus muss wieder so gestaltet werden, wie er vor der Neuregelung war, das heißt, es braucht eine Ausschreibung in Gewerken, unabhängig von der Ausschreibungssumme. Es braucht stabile gesetzliche Regelungen. Derzeit ändern sich die Richtlinien laufend, sodass kaum noch Kalkulationen möglich sind. Diese können beispielsweise in kürzester Zeit wieder auf Null sein, auch weil laufend neue Steuern eingehoben werden. Überall wird genommen, wir bekommen fast keine Luft mehr. Dazu kommen noch die übertriebenen Kontrollen, die oft an Schikanen grenzen. Es ist nicht zu wundern, dass vielen Unternehmern die Freude an der Selbständigkeit vergeht.

Es braucht also neue Rahmenbedingungen?
Ja, die Politik ist dringend gefordert zu handeln. Sie muss die Rahmenbedingungen so gestalten, dass klein- und mittelständische Traditionsbetriebe nicht zusperren und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Hause schicken müssen. Und es braucht Konjunkturprogramme.

s36_272„Die Auftragslage ist zurzeit in Österreich und der Schweiz gut“

Vinschgerwind: Herr Koch Waldner, mit Ihrem Unternehmen Internform arbeiten Sie viel in Österreich und der Schweiz. Wie ist Ihre Auftragslage derzeit?
Robert Koch Waldner: Die Auftragslage ist zurzeit in Österreich und der Schweiz gut, schwierig ist sie im oberen Vinschgau. Hier wäre ich nicht in der Lage, meine 30 Mitarbeiter zu beschäftigen. Unser Unternehmen hat sich im Bereich der Hotelerie spezialisiert. Wir sind also stark von der Entwicklung des Tourismus abhängig. Dessen Auslastung und Zukunftsperspektiven sind für uns sehr wichtig.

Was hat Sie bewogen, über die Grenzen zu schauen und was bedeutet das für ein Prader Unternehmen?
Bin davon überzeugt, dass man als Unternehmen auf mehreren Beinen stehen muss, um anstehende Krisen ausgleichen zu können. Zudem vermarkten wir typisch italienische Produkte und meine Mitarbeiter erbringen eine qualitativ hochwertige Dienstleistung, die von unseren Kunden in den Nachbarregionen sehr geschätzt wird. Wichtig war für mich immer, die Arbeitsplatzsicherheit meiner Mitarbeiter zu garantieren und das ist bis jetzt durch den Blick über die Grenzen und unterschiedlichen Märkte auch gelungen.

Sie bewegen sich zwischen unterschiedlichen Gesetzgebungen. Wo lässt sich’s am besten arbeiten?
Jedes der drei Länder hat seine Eigenheit – über die italienischen Verhältnisse zu sprechen würde den Rahmen sprengen. Die Situation in der Schweiz ist für uns zur Zeit sehr schwierig. Das heißt: Den Südtiroler Unternehmen werden große Auflagen in den Bereichen Arbeitsbewilligungen und Mitarbeiterentlohnung aufgehalst. In Österreich ist es zurzeit sicherlich am einfachsten als ein EU-Unternehmen zu arbeiten und Aufträge abzuwickeln.

Sie waren jahrelang Chef der obervinschger Handwerker, in dieser Funktion zuständig im Bereich Regionalentwicklung. Wie sehen Sie die heutige Entwicklung und die Zukunftsperspektiven in Krisenzeit?
Die wirtschaftlichen Zukunftsperspektiven für den Vinschgau sehe ich als nicht sehr rosig, vor allem für jene, die sich  nicht auch außerhalb unseres Bezirkes bewegen. Die Auftragslage hier ist für alle zu dünn. Es schmerzt mich sehr, wenn ich mitansehen muss, was vom einstigen Gedanken der Regionalentwicklung übrig geblieben ist. Ich kann jedem Handwerkskollegen empfehlen, über den Bezirk hinaus Aufträge einzuholen und abzuwickeln.

„Flexibel und schnell auf Marktänderungen reagieren“

s34_4815Vinschgerwind: TTM ist europaweit führend im Bereich Ummantelungen für technische Isolierungen, der Standort Gewerbezone Prad eine ideale Drehscheibe?
Leo Berger: Die ideale Drehscheibe definitiv nicht! Logistisch gesehen liegen wir im oberen Vinschgau klar im Abseits was die klassischen Verkehrsrouten betrifft. Mitbewerber haben hier klare Vorteile. Lokale Logistikpartner sind sehr engagiert und flexibel, zaubern können aber auch diese abseits der großen Ballungszentren nicht. Auf eine schnelle und stabile Internetverbindung warten wir bereits seit 10 Jahren. Endlich hat es ein lokaler Anbieter, das E-Werk Prad, in die Hand genommen und mit Mitte Juli wird auch die Gewerbezone Prad direkt in ein Glasfasernetz eingebunden. Was sicher für Prad bzw. den Vinschgau spricht, sind die lokalen Mitarbeiter, die mit Loyalität, Einsatzwillen und Flexibilität überzeugen.
Für Südtirol generell spricht natürlich die geographische Lage zwischen dem Exportweltmeister Deutschland und dem Süden Europas, dies war auch der Grund für die Unternehmensgründung vor über 30 Jahren.

Wird in Krisenzeiten weniger isoliert?
Krisenzeiten haben länderspezifisch unterschiedliche Auswirkungen auf die Baubranche. In manchen Ländern wird aufgrund der Unsicherheit wieder mehr in die Immobilie investiert bzw. renoviert, was zur Folge hat, dass auch mehr isoliert wird. Andere Länder wiederum gelangen fast zum Baustillstand, siehe Spanien, Italien, Griechenland, usw..
Generell befindet sich die Isolierbranche in einem Wachstumsmarkt und dies hat mehrere Gründe. Zum Hauptgrund gehören sicherlich der Anstieg der Energiekosten und der Trend hin zu besserer Energieeffizienz. Weitere steuerrechtliche Anreize in anderen Ländern für z.B. Solarkollektoren haben dann auch direkte Umsatzauswirkungen auf unsere Produkte.
TTM ist eine Erfolgsgeschichte. Seit über 30 Jahren geht´s ständig aufwärts. Wie krisensicher ist das Unternehmen?
100 Prozent krisensicher gibt es nicht!  Wir versuchen mit verschiedenen Strategien und Dienstleistungen, wie z.B. einer Exportkreditversicherung das Unternehmen auf eine solide Basis zu setzen. Sollten aber einige große internationale Industriekunden in der Baubranche die Tore schließen, hätte dies auch Auswirkungen bis in den oberen Vinschgau. Eine Hauptstrategie vom Senior-Chef, welche auch vom jungen Team umgesetzt wird, ist es, eine gut kontrollierte und kleine Kostenstruktur beizubehalten, um somit flexibel und schnell auf Marktänderungen reagieren zu können- ozusagen bestmöglich fixe in variable Kosten umzuwandeln.

Das Geheimnis des Erfolgs?
Es ist sicherlich die Historie, auf die das Unternehmen als solide Basis zurückgreifen kann. Dazu kommen  Internationalität, kontinuierliche Investitionen in neue Märkte und neue Exportländer, ständige Produktentwicklung und Umsetzung der neuen Ideen von Marktseite. Sozusagen, wir nutzen Erfolge von gestern, um neue Ideen und Wege für die Zukunft zu gestalten.

Die Steuersituation in Italien ist derzeit sehr angespannt. Es wird immer mehr abverlangt. Wie kommt Ihr Unternehmen damit zurecht?
Es ist natürlich kein Geheimnis, dass wir in Italien in den oberen Top5 der OECD Länder rangieren, was die effektive Steuerbelastung betrifft und man international ganz klare Wettbewerbsnachteile dadurch hat. Uns Unternehmern bleibt klarerweise weniger Spielraum für Neuinvestitionen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft. Schlimmer hingegen finde ich aber die Komplexität und Kreativität der italienischen Steuergesetzgebung, die sich ja teilweise in jedem Quartal ändert. Der Wunsch nach einer Steuererklärung, die auf einem Bierdeckel Platz findet, wird weitergeträumt.

s8_5651„Angespannte Wirtschaftslage lässt sich gemeinsam besser meistern“

Vinschgerwind: Sie beschäftigen 44 Mitarbeiter. keine Sorge vor der Zukunft in der derzeit schwierigen Wirtschaftslage?
Luis Lechner: Prinzipiell nein, wenn auch teils gemischte Gefühle da sind, wenn ich die derzeitige Marktlage betrachte. Wir weichen zurzeit in die Schweiz und nach Österreich aus. Von Vorteil ist unser breit gefächertes Angebot. Derzeit sind wir voll ausgelastet.

Das will heißen?
Wir decken fünf bis sechs Handwerksberufe im Bausektor ab. Im Trockenbau sind wir in Zusammenarbeit mit  Nachbarbetrieben in der Lage, schlüsselfertige Bauten zu erstellen. Wir arbeiten im Unterengadin und sogar in Wien, wo wir eine Hotelanlage mitbauen.

Die Zusammenarbeit in der Gewerbezone Prad funktioniert also?
Teilweise funktioniert sie gut, teilweise wäre die Zusammenarbeit auszubauen, um das Potential, das die Handwerksbetriebe in der Prader Gewerbezone produktiver nutzen könnten.

Zur Halbzeit der Legislaturperiode im kommenden Jahr übernehmen Sie das Wirtschaftsreferat in der Gemeinde Prad. Eine gute Möglichkeit die Zusammenarbeit zu forcieren?
Grundsätzlich schon, aber es ist noch verfrüht, etwas dazu zu sagen. Visionen sind sicherlich da. Die Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Sozialpartnern ist mir sehr wichtig. Die derzeit angespannte wirtschaftliche Lage lässt sich gemeinsam besser meistern.

Wie rüsten Sie sich als einer der größten Arbeitgeber in der Gewerbezone für die Zukunft?
Wir setzen auf fachliche Kompetenz, auf den Teamgeist im Betrieb, sorgen für ideale Betriebsstrukturen. Wir bieten innovative Dienstleistungen und Qualität.


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